# taz.de -- Pestizide in der Europäischen Union: Zulassungen ungeprüft verlängert
       
       > Eigentlich müssen Gifte, die die Landwirtschaft in der EU spritzt,
       > regelmäßig eine Risikoprüfung durchlaufen. Das geschieht in vielen Fällen
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Die Landwirtschaft will mit Pestiziden Nutzpflanzen schützen
       
       Berlin taz | Fast ein Drittel der [1][Pestizide], die in der EU eingesetzt
       werden, haben eine Zulassung, die ohne Risikoprüfung verlängert wurde. Zu
       diesem Schluss kommt die Verbraucherorganisation [2][Foodwatch, nachdem sie
       die EU-Pestizid-Datenbank ausgewertet hat].
       
       Die Zulassungen für die Substanzen müssen in der Regel alle zehn Jahre
       erneuert werden. Bedingung für eine neue Zulassung ist eigentlich eine
       umfassende Risikoprüfung durch die Europäische Behörde für
       Lebensmittelsicherheit EFSA. So läuft das jedoch nicht immer. Wenn die
       Behörde die Risikobewertungen nicht fristgemäß vornimmt, werden die
       bestehenden Zulassungen auch ohne erneute Prüfung verlängert – in krassen
       Fällen bis zu achtmal.
       
       Es sind Pestizide im Einsatz, deren Zulassung schon 2013 ausgelaufen ist –
       und die seither keine vollständige Risikoprüfung der EFSA mehr durchlaufen
       haben. „Die Zulassung von jedem dritten Pestizid in der EU ist längst
       abgelaufen, trotzdem werden die Mittel weiter massenhaft verspritzt“, sagt
       Lars Neumeister von Foodwatch.
       
       „Die Umweltrisiken durch Pestizid-Cocktails werden unterschätzt“ warnt etwa
       auch das Bundesumweltamt. Und die Heinrich-Böll-Stiftung spricht von über
       einer Million Pestizid-Vergiftungen pro Jahr in Südeuropa. Trotz all dem
       ist der Einsatz von Pestiziden in der EU in den letzten Jahrzehnten nicht
       zurückgegangen.
       
       ## Alles halb so schlimm?
       
       Eine Anfrage der taz dazu, warum die EFSA die Risikoprüfungen nicht
       rechtzeitig vornehme, wurde bis Redaktionsschluss nicht beantwortet. Ein
       Sprecher der EU-Kommission sagte lediglich: „Die EU hat weltweit eines der
       strengsten Systeme für Nahrungsmittelsicherheit.“
       
       Der Industrieverband Agrar (IVA) schreibt auf Anfrage der taz, dass auch
       die Hersteller von Pflanzenschutzmitteln seit Jahren beklagen würden, dass
       der vorgegebene Zeitrahmen für Genehmigungs- und Zulassungsverfahren in der
       EU regelmäßig überschritten wird.
       
       Das ist jedoch der einzige Punkt, in dem sich der Industrieverband und die
       Verbaucherschützer einig sind. Foodwatch betreibe „irreführenden
       Alarmismus“, meint Martin May, Geschäftsführer des IVA. Es handle sich um
       Substanzen, die schon einmal das strenge Verfahren nach dem
       EU-Pflanzenschutzrecht durchlaufen haben. Und: „Die von Foodwatch
       unterbreiteten Vorschläge zur Beschleunigung der Verfahren sind
       untauglich.“
       
       Die beinhalten nämlich höhere Zulassungsgebühren für die
       Pestizidhersteller, damit die EU-Behörden ausreichend finanzielle Mittel
       für die Risikobewertungen hätten. „Das EU-Pestizid-Zulassungssystem hat so
       viele Schwachstellen, dass eine Reform dringend notwendig ist“, sagt
       Foodwatch-Experte Neumeister.
       
       1 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Schwerpunkt-Pestizide/!t5008935
 (DIR) [2] https://foodwatch.org/fileadmin/-INT/pesticides/2022-11-18_Pesticides_approval_reform.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Clara Vuillemin
       
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