# taz.de -- +++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: „Ich weiß nicht, was passiert ist“
       
       > Laut Selenski herrscht in Kiew weiter Unklarheit über die Hintergründe
       > des Raketeneinschlags. In der Ukraine starben in diesem Jahr 270 Menschen
       > durch Landminen.
       
 (IMG) Bild: Polnische Soldaten auf der Suche nach Raketen-Überresten
       
       ## Selenski zu Raketeneinschlag in Polen: „Ich weiß nicht, was passiert
       ist“
       
       Nach dem Raketeneinschlag in Polen herrscht laut dem ukrainischen
       Präsidenten Selenski auch in Kiew weiter Unklarheit über die Hintergründe.
       „Ich weiß nicht, was passiert ist. Wir wissen es nicht mit Sicherheit. Die
       ganze Welt weiß es nicht“, erklärte der Staatschef am Donnerstag. Letztlich
       ist nach Ansicht Kiews und auch Washingtons Russland jedoch wegen seines
       Angriffskriegs gegen die Ukraine für den Vorfall mit zwei Toten
       verantwortlich.
       
       „Ich bin mir sicher, dass es eine russische Rakete gab, ich bin mir sicher,
       dass wir von Luftverteidigungssystemen aus gefeuert haben“, fügte Selenski
       hinzu. Es sei jedoch „heute unmöglich, etwas Konkretes zu sagen – dass es
       die Luftverteidigung der Ukraine war“. Ukrainische Experten würden sich an
       einer internationalen Untersuchung beteiligen, um den Vorfall aufzuklären.
       
       Der ukrainische Staatschef hatte am Mittwoch noch gesagt, er glaube, es
       habe sich um eine russische Rakete gehandelt, die in Polen eingeschlagen
       sei. Er berief sich dabei auf Berichte des ukrainischen Militärs. Der Kreml
       wiederum erklärte, Russland habe mit der Sache „nichts zu tun“. (afp)
       
       ## Bericht: Bereits mehr als 270 Tote durch Minen in Ukraine in diesem Jahr
       
       [1][Durch Minen und explosive Munitionsrückstände] sind in der Ukraine in
       diesem Jahr bereits fast fünf Mal so viele Menschen getötet worden wie im
       Vorjahr. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres gab es 277 zivile
       Opfer, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Jahresbericht des
       Landminen-Monitors hervorgeht. Im vergangenen Jahr waren es 58 Menschen.
       
       Seit Russland Ende Februar in die Ukraine einmarschiert ist, hat Moskau dem
       Bericht zufolge mindestens sieben Arten von Landminen eingesetzt. Demnach
       gebe es auch bestätigte Hinweise darauf, dass russische Truppen
       Sprengfallen und Sprengsätze in der Ukraine gelegt hätten, bevor sie sich
       zurückgezogen und Stellungen aufgegeben hätten. Die Ukraine hatte Russland
       immer wieder vorgeworfen, in zwischenzeitlich von Moskau besetzten Gebieten
       Minen hinterlassen zu haben. (afp)
       
       ## Selenski regt Austausch aller Kriegsgefangenen an
       
       Der ukrainische Präsident Selenski hat einen Austausch aller
       Kriegsgefangenen mit Russland zur Bedingung für die Wiederinbetriebnahme
       einer wichtigen Chemie-Pipeline gemacht. Bei einem Wirtschaftsforum äußerte
       er sich am Donnerstag zur Zukunft der Ammoniak-Leitung von Togliatti an der
       Wolga in Russland nach Odessa in der Ukraine. Die mehr als 2.400 Kilometer
       lange Leitung liegt seit Kriegsbeginn am 24. Februar still.
       
       „Wir wollen nicht mit Russland handeln, ihnen helfen – sie sind unser
       Feind“, sagte Selenski nach Medienberichten in Kiew. „Wir könnten uns nur
       einigen, wenn sie vorher alle unsere Gefangenen gegen alle ihre Gefangenen
       austauschen.“
       
       Beide Seiten haben in dem seit fast neun Monaten dauernden russischen
       Angriffskrieg mehrfach Gefangene ausgetauscht. Es ist der einzige
       öffentlich bekannte, funktionierende Gesprächsfaden zwischen Kiew und
       Moskau. Die Ukraine bemüht sich sehr, ihre Soldaten aus russischer
       Gefangenschaft heimzuholen.
       
       Ammoniak dient vor allem zur Herstellung von Dünger. Russland hat die
       Chemikalie bislang durch die Pipeline nach Odessa ausgeführt. Dort wurde
       das Ammoniak verarbeitet und teils weiterexportiert. (dpa)
       
       ## Russische Raketenangriffe auf Odessa und Dnipro
       
       Erstmals seit Wochen ist die Region Odessa nach Angaben von Gouverneur
       Maxym Martschenko wieder von russischen Raketen getroffen worden. Dabei sei
       am Donnerstag ein Ziel getroffen worden, das zur Infrastruktur der Region
       gehöre, schrieb Martschenko auf Telegram. Auch aus der Metropole Dnipro
       wurden Explosionen gemeldet. Der Vizechef des Präsidentenbüros, Kyrylo
       Tymoschenko, teilte mit, dort habe es Schäden an zwei Infrastrukturobjekten
       gegeben. Eine Person sei verletzt worden.
       
       Gouverneur Martschenko warnte davor, dass es zu einem neuen massiven
       Raketenbeschuss auf das gesamte Territorium der Ukraine kommen könnte wie
       bereits am Dienstag, als das Stromnetz des Landes schwer getroffen wurde.
       Der Gouverneur von Kiew, Oleksij Kuleba, teilte mit, die Luftabwehrsysteme
       seien dort im Einsatz. In den Regionen Poltawa, Charkiw, Chmelnyzkyj und
       Riwne wurden die Bürger dazu aufgerufen, in Schutzräumen zu bleiben.
       
       Bei der Angriffswelle am Dienstag hatte Russland die Energieinfrastruktur
       der Ukraine massiv attackiert. Der Leiter des Präsidentenbüros, Andrij
       Jermak, nannte solche Angriffe am Donnerstag auf Telegram „eine naive
       Taktik feiger Verlierer“. Die Ukraine habe schon Schlimmerem widerstanden,
       schrieb er. Bei den russischen Angriffen am Dienstag war auch ein Geschoss
       in Polen eingeschlagen. Mittlerweile wird aber im Westen davon ausgegangen,
       dass es eine ukrainische Flugabwehrrakete war. (ap)
       
       ## Getreide-Exportabkommen wird um 120 Tage verlängert
       
       Das [2][Getreide-Ausfuhrabkommen] zwischen der Ukraine und Russland wird
       nach ukrainischen Angaben um 120 Tage verlängert. Das teilte der
       ukrainische Infrastrukturminister am Donnerstag auf Twitter mit, ohne
       Details zu nennen. Das von der Türkei und den UN vermittelte Abkommen soll
       es der Ukraine ermöglichen, trotz des Krieges Getreide aus ihren
       Schwarzmeer-Häfen zu exportieren. (rtr)
       
       ## Raketeneinschlag in Polen: Biden widerspricht Selenski
       
       [3][US-Präsident Joe Biden] widerspricht dem ukrainischen Staatschef
       Selenski, der bislang davon ausgeht, dass es sich bei dem Raketeneinschlag
       in Polen um ein russisches und nicht um ein ukrainisches Geschoss handelt.
       Das entspreche nicht den Hinweisen, sagt Biden in Washington zu Reportern
       nach seiner Rückkehr vom G20-Gipfel in Indonesien. Polen, die USA und die
       Nato halten es für sehr wahrscheinlich, dass eine ukrainische
       Luftabwehrrakete versehentlich auf polnischem Gebiet eingeschlagen ist. Bei
       dem Vorfall waren am Dienstag zwei Menschen getötet worden. Die
       Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. (rtr)
       
       ## US-General – Militärischer Sieg der Ukraine kurzfristig unwahrscheinlich
       
       Dem ranghöchsten US-General zufolge hat die Ukraine auf kurze Sicht keine
       große Chance auf einen militärischen Sieg gegen Russland. Die Regierung in
       Moskau verfüge trotz der Rückschläge im Krieg noch über eine bedeutende
       Kampfkraft in der Ukraine, sagte Generalstabschef Mark Milley am Mittwoch
       vor Journalisten. „Die Wahrscheinlichkeit eines ukrainischen militärischen
       Sieges – definiert als der Rauswurf der Russen aus der gesamten Ukraine,
       einschließlich der von ihnen beanspruchten Krim – ist militärisch gesehen
       nicht sehr hoch.“ Es könne aber eine politische Lösung geben, bei der
       Russland sich zurückziehe. „Das ist möglich“, sagte Milley. Russland liege
       „im Moment auf dem Rücken“.
       
       Milley wie auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärten vor
       Journalisten, die USA würden der Ukraine bei der Verteidigung helfen, so
       lange, wie es nötig sei. „Die Ukraine wird weiter standhaft bleiben“, sagte
       Milley. „Die Ukraine wird nicht nachgeben.“ (rtr)
       
       ## Vereinte Nationen rufen nach Raketeneinschlag zu Deeskalation auf
       
       Nach dem tödlichen Raketeneinschlag in Polen haben die Vereinten Nationen
       zur Deeskalation aufgerufen. Der Vorfall sei „eine beängstigende Erinnerung
       an den absoluten Bedarf, jede weitere Eskalation zu vermeiden“, sagte die
       UN-Beauftragte für politische Angelegenheiten, Rosemary DiCarlo, am
       Mittwoch vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York. „Bei
       dem Krieg ist kein Ende in Sicht“, sagte sie. Solange er anhalte, bleibe
       das Risiko einer „möglicherweise katastrophalen“ weiteren Ausbreitung des
       Kriegs.
       
       Auch wenn noch nicht alle Fakten über den Vorfall bekannt seien, sei
       letztlich doch Russland verantwortlich, sagte die US-Botschafterin bei den
       Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield: „Diese Tragödie wäre nie
       passiert, hätte es Russlands grundlose Invasion der Ukraine und die
       jüngsten Raketenangriffe auf zivile Infrastruktur in der Ukraine nicht
       gegeben.“ Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja warf der Ukraine und
       Polen vor, einen direkten Konflikt zwischen Russland und der Nato
       provozieren zu wollen. Die Vertreter Chinas und Indiens riefen erneut zu
       einem Ende der Gewalt auf.
       
       Im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine war am Dienstag eine Rakete
       eingeschlagen. Aktuell wird im Westen davon ausgegangen, dass es eine
       ukrainische Flugabwehrrakete war, die zur Verteidigung gegen massive
       Angriffe des russischen Militärs eingesetzt wurde. Unmittelbar nach der
       Explosion mit zwei Toten im Nato-Land Polen war in Medienberichten aber
       auch von einer möglicherweise russischen Rakete die Rede gewesen. (dpa)
       
       ## Ukrainischer Innenminister – Leichen mit Folterspuren in Cherson
       gefunden
       
       Rund eine Woche nach dem Abzug der russischen Truppen aus der
       [4][südukrainischen Region Cherson] haben Ermittler nach Angaben der
       Regierung dort 63 Leichen mit Folterspuren entdeckt. Die Untersuchungen
       seien aber erst am Anfang, sagte der ukrainische Innenminister Denys
       Monastyrskyj am Donnerstag laut der heimischen Nachrichtenagentur Interfax
       Ukraine. Die Strafverfolgungsbehörden hätten 436 Fälle von Kriegsverbrechen
       während der russischen Besatzung aufgedeckt. Elf Haftorte seien gefunden
       worden, darunter vier, in denen gefoltert worden sei. „Die Ermittler sind
       dabei, diese zu untersuchen und jeden Fall von Folter festzuhalten. Auch
       die Leichen der Getöteten werden exhumiert“, sagte Monastyrskyj. (rtr)
       
       17 Nov 2022
       
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