# taz.de -- WM-Kucken im türkischen Männercafé: Der Kampf um die besten Plätze
       
       > In unserem türkischen Männercafé gibt es eine klar Sitzordnung: Vorne
       > sitzen die Experten, hinten sitzt der Pöbel. Wer was ist, entscheidet ein
       > Quiz.
       
 (IMG) Bild: Wird mit einem Spruch in Verbindung gebracht, der in die Geschichte einging: Andreas Möller 1997
       
       Für uns Türken ist nichts wichtiger als Fußball. Wir diskutieren
       stundenlang und mit unerschöpflicher Energie darüber, ob unsere Mannschaft
       diese Woche gut gespielt hat, wie sie letzte Woche gespielt hat und wie sie
       vorletzte Woche gespielt hat und ob man als guter Fan die Mannschaftsbusse
       von allen gegnerischen Vereinen mit Steinen bewerfen sollte oder
       fairerweise nur die von denen, gegen die man um die Meisterschaft kämpft.
       
       Deshalb ist die Spannung in unserem türkischen Männercafé nicht zu
       überbieten, denn wir streiten seit Tagen darüber, wer die besten Sitzplätze
       vor dem riesigen Plasma-Bildschirm während der Fußball-WM in Katar bekommt.
       Heute wollen natürlich alle die vorderen Stühle im Café ergattern, auf
       denen man den Deutschen im [1][Entscheidungsspiel gegen Costa Rica] ganz
       nah sein darf. Vorne sitzen nämlich die Experten, hinten sitzt der Pöbel.
       Das muss gründlich geprüft werden.
       
       Die Fragen für diese Prüfung werden von Mahmut, dem Besitzer des Cafés,
       persönlich ausgesucht und gestellt. Vorgestern war WM-Historie zwischen
       1950 und 2020 dran. Gestern ging’s um Fußballersprüche. Als Ersten fragte
       Mahmut meinen Arbeitskollegen Ahmet: „Welcher Fußballer sagte: 'Mailand
       oder Madrid – Hauptsache Italien’?“
       
       „Basler, [2][Matthäus] oder Möller“, stotterte Ahmet mit hochrotem Kopf und
       entschied sich zum Schluss leider doch für den Richtigen: Andreas Möller
       nämlich.
       
       Mahmut notierte sich die Antwort und machte mit der Prüfung weiter.
       
       „Hasan, du bist dran. Von wem kommt der Spruch: 'Wir haben uns gut aus der
       Atmosphäre gezogen’?“
       
       „Kinderleicht“, lacht Hasan, „Wolfgang Wolf natürlich!“
       
       Dann war ich endlich dran.
       
       „Osman, für dich habe ich eine Religionsfrage ausgesucht. Wer sagte denn:
       'Wir werden unseren Sohn Brooklyn in jedem Fall taufen lassen. Wir wissen
       aber noch nicht, in welcher Religion’.“
       
       „Wie war noch mal die Frage? Das ist nämlich nicht so einfach, ich bin
       schließlich Fußballer“, konterte ich mit einem tollen [3][Mehmet
       Scholl]-Spruch, um Zusatzpunkte zu sammeln.
       
       „Einspruch, niemand hat dich nach Mehmets legendären Satz gefragt“, legte
       der Spielverderber Nedim sofort sein Veto ein.
       
       „Okay, okay, das mit der Taufe war selbstverständlich der Spice
       Girl-Beckham“, rief ich.
       
       „Richtig, ein Punkt für Osman“, sagte Mahmut und rannte zum Telefon. Es
       klingelte aufdringlich. Nach zwei Sekunden rief er: „Wessen Frau kreischt
       hier ins Telefon: 'Wenn der Idiot nicht in zehn Minuten zu Hause ist, komme
       ich persönlich rüber und reiße ihm vor versammelter Mannschaft die Rübe
       ab’?“
       
       „Das hört sich doch sehr nach Eminanim an. Ich habe vergessen einzukaufen.
       Ich muss sofort weg“, stotterte ich und beantwortete damit noch eine Frage
       richtig, aber die spielte bei der Bewertung der Sitzordnung für die
       Fußball-Weltmeisterschaft leider keine Rolle: Ich wurde sogar
       disqualifiziert und muss während der WM ganz hinten mit dem Pöbel sitzen.
       
       30 Nov 2022
       
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 (DIR) Osman Engin
       
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