# taz.de -- Rechte Netzwerke in Mexiko: Klandestin organisiert
       
       > Von den illegalen Clubs der Subkultur bis zu den Reichenvierteln
       > durchziehen gerade rechtsradikale Kräfte Mexiko-Stadt.
       
 (IMG) Bild: Ort der rechten Netzwerke: Blick über Mexiko-Stadt
       
       Wer auf den Tischen der vielen Bücherverkäufer*innen in Mexiko-Stadt
       oder den Ständen von mexikanischen Buchmessen wühlt, stößt fast
       unweigerlich auf Adolf Hitlers „Mein Kampf“. Ob auffällig präsentiert oder
       versteckt zwischen esoterischen Wälzern, mit Davidsternen verziertem
       Verschwörungsquatsch und Bestsellern des letzten Jahrtausends, irgendwo
       findet sich immer eine Ausgabe der Nazi-Kampfschrift. Das ist unangenehm,
       hatte aber bisher etwas Kurioses, aus der Zeit Gefallenes. Zumindest
       spiegelte sich die Propaganda nicht im gesellschaftlichen Leben wider.
       
       Umso erschreckender war die Nachricht, mit der jüngst die Tageszeitung El
       País Aufsehen erregte. 300 Neonazis kamen Ende Oktober zu einem Konzert im
       zentral gelegenen Viertel Santa María la Libera in Mexiko-Stadt. Im Salón
       Pentatlón tanzten sie unter dem Motto „Das Imperium schlägt zurück“ zu drei
       mexikanischen und zwei spanischen Bands. Die meisten der vielen Besucher
       und wenigen Besucherinnen waren Skinheads, ihre Tätowierungen zeigten
       Hitler und Hakenkreuze.
       
       Auch die Texte der Sun City Skins oder der Ejecución 1980, die sich unter
       dem Label „Rock gegen Kommunismus“ zusammengetan haben, ließen keine
       Zweifel. „Hängt und verbrennt die Drecksschwulen, die meine Stadt
       versauen“, grölten sie von der Bühne, während die Fans „Heil Hitler“
       brüllten und den rechten Arm hoben.
       
       Das Konzert wurde klandestin organisiert. Die Karten vertrieb das
       mexikanische „Editorial Heidelberg“, ein Verlag, der Bücher wie „Interview
       mit Hitler“ und Werke über den Bund deutscher Mädel anbietet. Auch
       querfronttaugliche Titel wie das „Manifest der nationalanarchistischen
       Bewegung“ sind dort zu finden.
       
       Die Behörden von Mexiko-Stadt reagierten schnell. Wenige Tage nach dem
       Konzert machten sie den Salón Pentatlón aus formalen Gründen – dem Fehlen
       einer Konzession – dicht. Der Faschismus repräsentiere Rassismus und
       Klassismus in seiner höchsten Ausprägung, sagte Bürgermeisterin Claudia
       Sheinbaum und betonte: „Das ist eine fortschrittliche Stadt.“
       
       ## Rechtsextreme aus aller Welt reisen an
       
       Ebenso beunruhigend wie die Nazi-Party war ein Kongress, der am Wochenende
       in Mexiko-Stadt stattfand. Im Nobelviertel Santa Fe traf sich die [1][aus
       den USA stammende „Konferenz konservativer politischer Aktion“] (CPAC).
       Rechtsextreme Politiker*innen aus aller Welt reisten an, um über ihren
       Kampf gegen die Abtreibung, die Verteidigung der Familie und die Gründung
       einer Partei in Mexiko zu diskutieren. Zu den eingeladenen Sprechern
       zählten der mögliche argentinische Präsidentschaftskandidat Javier Milei
       und der Trump-Berater Steve Bannon.
       
       An der CPAC beteiligt sind auch militante katholische Abtreibungsgegner und
       Rechtsradikale wie Juan Iván Peña Neder, der Präsident der Bewegung México
       Republicano. Der Tageszeitung Reforma zufolge soll er eine faschistische
       und antisemitische Geheimorganisation gegründet haben und Hitler verehren.
       Indigene hält er für minderwertige Wesen. México Republicano könnte jene
       Partei werden, über die die CPAC diskutiert. Bis zu 50 von 500
       Parlamentssitzen verspricht sich ein Sprecher der Organisation.
       
       Das dürfte zunächst übertrieben sein. Es ist aber nicht auszuschließen,
       dass in Mexiko am rechten Rand ähnlich der AfD eine gefährliche Kraft
       entsteht. Die Opposition gegen den Präsidenten Andrés Manuel López Obrador
       ist bisher unfähig, [2][dem beliebten Linkspolitiker] die Stirn zu bieten.
       Im Zuge einer auch vom Staatschef selbst vorangetriebenen Polarisierung
       könnte eine rassistische und homophobe Kraft Stimmen aus dem
       bürgerlich-rechten Lager fischen. Neonazis sind, wie man aus Deutschland
       weiß, für diese Entwicklung recht förderlich.
       
       22 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Treffen-Rechtskonservativer-in-den-USA/!5872614
 (DIR) [2] /Rebellen-im-Museum/!5880174
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf-Dieter Vogel
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Latin Affairs
 (DIR) Mexiko Stadt
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Mexiko
 (DIR) Kolumne Latin Affairs
 (DIR) Holocaust
 (DIR) Kolumne Latin Affairs
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Film zu Gesellschaftsproblemen in Mexiko: Ein Film für Konservative
       
       Luis Estradas Film „Que viva México" zeigt überspitzt die Polarisierung in
       „Gute“ und „Schlechte“ auf, die Präsident López Obrador täglich provoziert.
       
 (DIR) Mexiko-Bild von Netflix-Produktionen: Klischee und Wirklichkeit zugleich
       
       Ein Land funktioniert und ist doch von Gewalt geprägt: Mexiko. Das
       thematisiert der Streaming-Anbieter Netflix in Fiktion und dokumentarischen
       Filmen.
       
 (DIR) Zilli Schmidt ist tot: „Bis ich meine Augen zumach“
       
       Sie legte Zeugnis ab über die Verfolgung der Sinti*zze und Rom*nja im
       Nationalsozialismus. Nun starb Zilli Schmidt im Alter von 98 Jahren.
       
 (DIR) Lateinamerikanische Protestkultur: Boliviens Gruß an die Mullahs
       
       In Lateinamerika erklären sich einige Staaten mit dem Regime in Teheran
       solidarisch. Die protestierenden Frauen seien Spielball zionistischer
       Kräfte.
       
 (DIR) Neonazi-Demo: Der rechtsextreme Netzwerker
       
       Sebastian Schmidtke organisiert die Neonazi-Demo am 1. Mai. Der
       NPD-Landesvize ist das Bindeglied zwischen Partei und gewaltbereiten
       autonomen Nationalisten. Auf einschlägigen Webseiten zieht er die Strippen.