# taz.de -- Rücktritt britischer Premierministerin: Regierungsunfähige Konservative
       
       > Krachend gescheitert ist nicht nur die Kurzzeit-Premierministerin Liz
       > Truss. Hinter ihr steht auch eine dysfunktionale Regierungspartei.
       
 (IMG) Bild: Liz Truss verkündet ihren Rücktritt
       
       Nur 44 Tage war Liz Truss Premierministerin des Vereinigten Königreichs. In
       dieser Zeit starb die Queen, gab es einen Crash erst auf den Finanzmärkten
       und dann in den Meinungsumfragen. Eingerahmt wurde dies von einer abrupten
       wirtschaftspolitischen Kehrtwende und dann von noch einer – in wieder eine
       andere Richtung.
       
       Das ist eine beeindruckende Bilanz, wenn auch nicht im positiven Sinne. Der
       ehemalige [1][Brexit-Chefstratege Dominic Cummings] hatte recht, als er Liz
       Truss als „menschliche Handgranate“ beschrieb, die alles in die Luft
       sprengt, was sie zu fassen bekommt. Die Tory-Parteibasis sah das im Sommer
       anders und wählte sie zur Nachfolgerin des diskreditierten Boris Johnson –
       nur um jetzt machtlos mitanzusehen, wie sie ein Chaos stiftet, gegen das
       die Ära Johnson goldene Stabilität ausstrahlt.
       
       Truss wusste das alles. Sie machte zuletzt das komplette Gegenteil dessen,
       wofür sie angetreten war, und sie sah jeden Tag unglücklicher damit aus.
       [2][Am Mittwochabend enthielt sie sich bei einer Parlamentsabstimmung], die
       ihre Fraktionsführung zur Vertrauensfrage gegen sie erklärt hatte. Am
       Donnerstag nun hat sie ihren Rücktritt erklärt mit den wahren Worten: „Ich
       kann das Mandat, für das ich gewählt wurde, nicht umsetzen.“
       
       Gescheitert ist Liz Truss aber nicht nur an sich selbst. Die britischen
       Konservativen insgesamt [3][haben sich als regierungsunfähig erwiesen]. Die
       Geschichte der Intrigen, in denen Truss geschreddert wurde, muss erst noch
       geschrieben werden, samt der Rolle der Finanzmärkte, die in London keine
       abstrakte Größe sind, sondern reale Personen mit teils engen Verflechtungen
       in die konservative Politik.
       
       ## Alle Akteure hassen sich
       
       Wer auch immer nun die kommende Wahl für Truss’ Nachfolge gewinnt, steht
       vor genau den gleichen Problemen: eine dysfunktionale Partei, in der kein
       Konsens über die richtige Politik herrscht und alle Akteure sich
       gegenseitig hassen. Ginge es nach der Basis, würde Boris Johnson haushoch
       gewinnen – viele hielten ihn im Juli für das Opfer eines Putsches – und
       müsste dann gegen den eigenen Apparat regieren. Ginge es nach den
       Abgeordneten, würde es gar keinen klaren Sieger geben – den gab es schon im
       Sommer nicht, und heute ist die Fraktion noch zerstrittener – und das
       Gezerre ginge einfach weiter.
       
       Stabilität ist nicht in Sicht. Der zur Beruhigung der Märkte auf den 31.
       Oktober vorgezogene Termin eines neuen Haushaltsplans ist Makulatur, denn
       schon vorher wird jemand Neues regieren. Es kann jetzt nur noch um eine
       Übergangsregierung gehen, die das Parlament auflösen lässt und Neuwahlen
       betreibt. Kompetenz im Wahlkampf – das wird jetzt der Maßstab sein.
       
       20 Oct 2022
       
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