# taz.de -- Übergriffe durch japanische Streitkräfte: Im Schneckentempo zur Aufarbeitung
       
       > Nach langem Zögern räumt Japans Verteidigungsministerium sexuelle
       > Übergriffe durch Armeeangehörige ein. Betroffene fordern Aufklärung.
       
 (IMG) Bild: Rina Gonoi wünscht sich, dass die Situation bei den Streitkräften „grundlegend verbessert“ wird
       
       Tokio taz | Das Foto geht durch diverse japanische Zeitungen: Zwei Männer
       des Verteidigungsministeriums verbeugen ihren Oberkörper als Zeichen der
       Schuldanerkennung. Vor ihnen steht Rina Gonoi, eine junge Frau, die just an
       diesem Tag 23 Jahre alt geworden ist. Die Entschuldigung ist nur ein
       kleiner Trost zu ihrem Geburtstag – seit Monaten kämpft Gonoi um
       Gerechtigkeit. Ihr Ziel: Eine offizielle Entschuldigung seitens der
       Soldaten, die sie sexuell belästigt haben.
       
       [1][Gonois Fall] erregte im August landesweites Aufsehen, als sie sich Im
       Internet öffentlich zu sexueller Belästigung bei der japanischen
       Selbstverteidiungsarmee äußerte. Sie selbst war von April 2020 bis August
       2021 Mitglied bei den Streitkräften. Voller Hoffnung und Stolz absolvierte
       Gonoi ihre Ausbildung und wurde im Juni 2021 zu einer Kompanie im Nordosten
       entsandt – zwei Monate später quittierte sie den Dienst, nachdem sie die
       sexuellen Übergriffe nicht mehr ertragen konnte.
       
       Insgesamt hatte die Kompanie 58 Mitarbeiter:innen, nur fünf davon waren
       Frauen. Da sich eine in Mutterschaftsurlaub befand, konzentrierte sich die
       Belästigung der männlichen Streitkräfte auf die vier Verbliebenen. Bereits
       zu Beginn wurde Gonoi von ihrer Kollegin gewarnt, dass sie sich auf
       sexuelle Bedrängnisse gefasst machen solle.
       
       Dabei hatte es Belästigungen auch schon vor ihrer Versetzung gegeben.
       Bereits im Herbst 2020 wurde Gonoi von männlichen Kollegen ohne
       Einwilligung berührt oder kommentiert. Im Sommer 2021 wurde sie in einem
       Zelt von drei Kollegen gleichzeitig bedrängt. Über ein Messenger-Programm
       bat sie ihre Kollegin mehrmals dringend um Hilfe, doch diese war am Tag
       zuvor selbst belästigt worden und hatte nicht die Kraft, Gonoi zu helfen.
       Gonoi wurde auf ein Bett geworfen, die Männer rieben sich wiederholt und
       nacheinander an der Frau. In einer späteren Pressekonferenz sagte die
       Kollegin aus, dass sie selbst Angst gehabt hatte. Gonoi äußerte dafür
       Verständnis.
       
       ## Streitkräfte beklagten fehlende Beweise
       
       Im August wurde Gonoi freigestellt, nachdem bei ihr eine Anpassungsstörung
       festgestellt wurde. Sie wandte sich an ihren Kompaniechef, der den Fall
       nicht an den Bataillonskommandeur weiterleitete.
       
       Daraufhin meldete Gonoi die Fälle bei einer Abteilung für allgemeine
       Angelegenheiten. Da dieser Abteilung aber Zeugenaussagen fehlten, wandte
       sie sich an die Polizei. Nach einer Untersuchung gab die Staatsanwaltschaft
       im Mai bekannt, dass das Verfahren eingestellt wird. Die Begründung: Es
       konnten keine Belästigungen festgestellt werden. Gonoi legte Berufung ein.
       
       Zusätzlich entschloss sich die 23-Jährige dazu, die Sache auch selbst in
       die Hand zu nehmen. Über YouTube, Twitter und andere soziale Medien wandte
       sie sich an die Öffentlichkeit und sprach mit Klarnamen über ihre
       Erlebnisse. Gonois Worte gingen viral, auf [2][Twitter] erreichte sie in
       weniger als fünf Monaten über 53.000 Follower:innen.
       
       ## Aufklärung muss schneller ablaufen
       
       Am 29. September gab das Verteidigungsministerium schließlich bekannt, dass
       eine Befragung von hundert Soldat:innen massive sexuelle Übergriffe bei
       der Armee offenlegte.
       
       „Sie haben sehr lange Zeit leiden müssen. Dafür entschuldigen wir uns
       aufrichtig“, sagte Kazuhito Machida, der Direktor für Personal und Bildung
       während seiner Entschuldigung. In einer Pressekonferenz erklärte Yoshihide
       Yoshida, der Leiter des Bodenstabs, dass er so bald wie möglich
       „disziplinarische Maßnahmen“ ergreifen wolle.
       
       Indes klagte Gonoi bei der Konferenz, dass die Entschuldigung zu spät sei.
       Zudem fragte sie, weshalb die Vorfälle nicht schon bei der ersten
       Ermittlung aufgedeckt werden konnten. Während der Konferenz sagte sie unter
       Tränen, dass sie hoffe, dass die Situation bei den Streitkräften
       „grundlegend verbessert“ werde.
       
       In den sozialen Medien änderte sie ihr Profilfoto: Während sie bislang auf
       Twitter ihren ernsten Gesichtsausdruck mit Mundschutzmaske gezeigt hatte,
       ist sie nun lächelnd mit einer Geburtstagstorte zu sehen. Ihr oberster
       Tweet: „Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung. Ich bin 23 Jahre alt, werde
       meinen Willen nicht brechen und weiterhin stark leben.“
       
       30 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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