# taz.de -- Prozess gegen tschechischen Ex-Premier: Der Favorit steht vor Gericht
       
       > Andrej Babiš wird der Missbrauch von Fördergeldern vorgeworfen. Der
       > Prozess gegen ihn kann seine Präsidentschaftsambitionen vereiteln.
       
 (IMG) Bild: Performance vor dem Gericht während die Verhandlung läuft: Andrej Babiš mit viel Geld im Gefängnis
       
       Prag taz | Am frühen Montagmorgen herrscht schon emsiges Treiben vor dem
       Stadtgericht in der Prager Neustadt: Neben Dutzenden Journalisten haben
       sich vor 7 Uhr auch schon etliche Schaulustige vor dem Prager Justizpalast
       eingefunden, um Plätze für Raum 101 zu ergattern, in dem Andrej Babiš Punkt
       9 Uhr vor seinen Richter treten soll.
       
       Auf sein persönliches Grauen trifft Tschechiens Ex-Ministerpräsident schon
       davor: Politaktivisten der Bewegung „Eine Million Augenblicke für die
       Demokratie“ zeigen sich vor dem Gericht in Karnevalslaune und warten mit
       Käfig und Gefängnispritsche dem angeklagten Oligarchen auf. Der betritt
       gegen 8 Uhr zusammen mit seiner ehemaligen Angestellten Jana Nagyová, mit
       der er die Anklagebank teilt, das Gerichtsgebäude.
       
       Den beiden wird vorgeworfen, für den Bau von Babiš' Luxusressort
       „Storchennest“ vor 14 Jahren europäische Fördergelder in Höhe von
       umgerechnet zwei Millionen Euro erschlichen zu haben. Ihnen drohen eine
       jeweils dreijährige Bewährungsstrafe sowie Geldstrafen in Höhe von
       umgerechnet 400.000 und 20.000 Euro.
       
       Andrej Babiš habe bewusst eine Straftat begangen, als er mithilfe von
       Nagyová die Querverbindungen zwischen seiner Agrofert Holding und der Firma
       Storchennest verschleiern ließ, um so an Subventionen zu gelangen, die nur
       kleinen und mittelständischen Firmen vorbehalten waren, so Staatsanwalt
       Jaroslav Šaroch in seiner Anklage.
       
       ## Babiš sieht sich als Opfer politischer Machenschaften
       
       Die basiere auf einer „Schnur von Hypothesen“, erwiderte Babiš' Anwalt
       Michael Bartončik in seiner einstündigen Verteidigungsrede. Das Projekt
       Storchennest sei insgesamt neun Mal kontrolliert worden, „auch von denen,
       die heute schreien, das sei schlecht“, verteidigte sich Babiš selbst.
       
       Der 68-jährige gebürtige Slowake, den eine Hälfte der Tschechen als
       schlauen Geschäftsmann verehrt und die andere Hälfte für seine Karriere in
       der kommunistischen Nomenklatura vor 1989 verachtet, sieht sich als Opfer
       politischer Machenschaften.
       
       „Ich werde vor Gericht gebracht, um politisch abgestellt zu werden“, wütete
       er Ende vergangener Woche noch im Abgeordnetenhaus. Dem gehört der Chef der
       Oppositionspartei nach seiner [1][knappen Wahlniederlage im Oktober 2021]
       als einfaches Mitglied an.
       
       Babiš politische Pläne sind dabei klar: Im Januar 2023 wählt Tschechien
       seinen nächsten Präsidenten. Auch wenn Babiš seine Kandidatur bislang nicht
       offiziell gemacht hat, so gilt er schon jetzt als ein Favorit für das Amt
       in der Prager Burg.
       
       Doch sollte er rechtskräftig verurteilt werden, dürfte daraus nichts
       werden. Wie lange der Prozess dauern wird, mag nicht einmal Richter Jan
       Šott sagen. Die Hauptverhandlung ist für den 2. Oktober angesetzt.
       
       12 Sep 2022
       
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