# taz.de -- Streit um Gelder für Stallumbauten: FDP wegen Tierwohlcent in der Kritik
       
       > Der Bauernverband und eine ExpertInnenkommission kritisieren die Partei.
       > Sie lehnt mehr Subventionen für den Umbau der Tierhaltung ab.
       
 (IMG) Bild: Tageslicht? Frische Luft? Gibt es für viele Tiere in der Massentierhaltung nicht
       
       Berlin taz | Der Druck auf die FDP wächst, ihre Blockade zusätzlicher
       Subventionen für mehr Tierschutz in der Landwirtschaft aufzugeben: Sowohl
       der Bauernverband als auch die vom Bundesagrarministerium beauftragte
       Expertenkommission unter Leitung des ehemaligen
       CDU-Landwirtschaftsministers Jochen Borchert haben kürzlich ausdrücklich
       die Liberalen für ihre Haltung bei dem Thema kritisiert.
       
       Viele Tiere werden durch Operationen wie das Kürzen von Schnäbeln oder
       Schwänzen an reizarme und enge Ställe angepasst. In der konventionellen
       Landwirtschaft kommt das meiste Vieh nie an die frische Luft. Die
       Tierhaltung trägt durch die Massen an Vieh maßgeblich dazu bei, dass die
       Bauern laut Umweltbundesamt [1][8 Prozent des Treibhausgasausstoßes] in
       Deutschland verursachen.
       
       Deshalb hat die offiziell „Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung“ genannte
       Borchert-Kommission eine [2][staatliche Abgabe oder Steuer] auf tierische
       Produkte wie Fleisch empfohlen, um mit den Einnahmen tierfreundlichere
       Ställe und Haltungsmethoden zu finanzieren. Die ExpertInnen rechnen mit
       einem Bedarf von 3,6 Milliarden Euro jährlich und zum Beispiel 40 Cent pro
       Kilogramm Fleisch Aufschlag auf den VerbraucherInnenpreis. Für arme
       Haushalte solle es einen Ausgleich geben.
       
       „Die FDP stimmt bisher keiner der vom Kompetenznetzwerk vorgeschlagenen und
       machbaren Finanzierungsoptionen zu“, kritisiert die Borchert-Kommission nun
       in ihrem jüngsten [3][Beschluss]. Solange sich die Ampelkoalition nicht den
       „Einstieg in eine langfristig vertraglich zugesicherte und staatlich
       finanzierte Tierwohlprämie beschließt“, lasse die Kommission ihre Arbeit
       ruhen.
       
       ## FDP nach wie vor gegen Steuererhöhungen
       
       Zuvor hatte schon Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied die Partei
       explizit ins Visier genommen: „[4][Speziell die FDP] fordere ich auf, ihre
       Blockadehaltung aufzugeben und sich endlich zur Zukunft der Tierhaltung in
       Deutschland zu bekennen. Ohne zusätzliches Geld wird das nicht gelingen“,
       sagte er anlässlich der Haushaltsdebatte im Bundestag.
       
       Der Bauernverband arbeitet in der Kommission mit, deren Mitglieder aus
       Behörden, Wissenschaft, Praxis, Branchenverbänden und Umweltorganisationen
       kommen.
       
       Die FDP hat die Pläne abgelehnt, weil sie sich im Wahlkampf mehrfach gegen
       Steuererhöhungen ausgesprochen hatte. Zudem ist sie gegen [5][weitere
       Subventionen] der Landwirtschaft, deren Einkommen teilweise zu mehr als der
       Hälfte aus staatlichen Zuschüssen bestehe.
       
       Am Donnerstag sagte der agrarpolitische Sprecher der FDP, Gero Hocker,
       jedoch im Bundestag [6][laut Plenarprotokoll], seine Fraktion sei bereit,
       „die von der Borchert-Kommission geforderte Mehrbelastung von 40 Cent pro
       Kilogramm Fleisch mitzutragen“. Allerdings stellte Hocker dafür eine
       Bedingung: 20 Jahre lang sollten die Bauern, die das Geld bekommen, von
       zusätzlichen „Auflagen“ verschont werden. Wahrscheinlich meinte der
       FDP-Politiker damit, dass zum Beispiel Tierschutzvorschriften nicht
       verschärft werden dürften.
       
       Das stieß bei der agrarpolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion, Renate
       Künast, auf Widerstand. Sie quittierte Hockers Rede mit dem Zwischenruf:
       „Gero, wie schaffst du es, mit dem Hintern einzureißen, was du gerade
       aufbauen wolltest?“ Es gibt also weiter keinen Konsens in Sachen
       Tierwohlcent in der Ampelkoalition.
       
       12 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/361/dokumente/2022_03_15_trendtabellen_thg_nach_sektoren_v1.0.xlsx
 (DIR) [2] https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Tiere/Nutztiere/200211-empfehlung-kompetenznetzwerk-nutztierhaltung.html
 (DIR) [3] https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Tiere/Nutztiere/220908-beschluss-kompetenznetzwerk.html
 (DIR) [4] https://www.bauernverband.de/presse-medien/pressemitteilungen/pressemitteilung/bauernverband-zur-haushaltswoche-im-deutschen-bundestag
 (DIR) [5] /FDP-kritisiert-Plan-fuer-Fleisch-Abgabe/!5832531
 (DIR) [6] https://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/20/20051.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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