# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Sorge nach Beschuss von AKW
       
       > Einer von drei laufenden Reaktoren soll laut ukrainischer Energiebehörde
       > vom Netz genommen worden sein. Es drohe der Austritt von radioaktiven
       > Substanzen.
       
 (IMG) Bild: 4. August 2022: Russischer Soldat vor dem ukrainischen AKW in Saporischschja
       
       Kiew taz | Nach dem Beschuss des größten europäischen Atomkraftwerkes, des
       AKW Saporischschja in Enerhodar, herrscht bei der Internationalen
       Atomenergiebehörde IAEO Panik. Zeitnah will die Organisation eine
       Delegation in das Kraftwerk entsenden. Ob das klappen wird, ist indes
       fraglich. Die Organisation bemüht sich schon seit Monaten um Zutritt.
       Bisher ist die ukrainische Atomenergiebehörde Energoatom gegen einen
       derartigen Besuch gewesen, weil sie fürchtet, [1][dass ein derartiger
       Besuch die Besetzung des AKWs durch Russland legitimiere].
       
       Am 5. August hatten russische Truppen laut Energoatom das AKW zweimal
       angegriffen. Dabei sei auch eine Hochspannungsleitung zerstört worden.
       Außerdem habe die russische Armee das Kernkraftwerk mit Mehrfachraketen
       angegriffen, die in der Nähe eines Reaktors eingeschlagen seien.
       
       Einen von drei laufenden Reaktoren habe man wegen der zerstörten
       Hochspannungsleitung vom Netz nehmen müssen, berichtet Energoatom. Zudem
       seien bei diesen Angriffen eine Stickstoff-Sauerstoff-Station und ein
       Nebengebäude schwer beschädigt worden, es bestehe weiterhin die Gefahr des
       Austritts von radioaktiven Substanzen und auch die Feuergefahr sei hoch.
       
       Bei Energoatom meint man zu wissen, warum sich die russischen Streitkräfte
       zu so einem Angriff entschieden hätten, obwohl sie selbst Kontrolle über
       das Kraftwerk haben. In einer von Energoatom auf Telegram
       veröffentlichten Erklärung heißt es: „Dieser Akt von Nuklearterrorismus im
       AKW Saporischschja, der Artilleriebeschuss, zielt darauf ab, die
       Infrastruktur des Kraftwerks zu zerstören, alle Stromleitungen zu
       beschädigen, über die das ukrainische Stromnetz versorgt wird, und die
       Stromversorgung im Süden des Landes zum Zusammenbruch zu bringen“,
       berichtet republicworld.com. Russland hingegen wirft der Ukraine den
       Beschuss des AKWs vor, berichtet BBC.
       
       ## Russland soll Minen um AKW gelegt haben
       
       Am Freitag berichtet Ukrinform unter Berufung auf die ukrainische
       Aufklärung, dass Russland das Territorium des AKWs vermint habe. Die Russen
       hätten das AKW Saporischschja zu einer Militärbasis gemacht, erklärte Petro
       Kotin, Chef von Energoatom. 500 russische Soldaten und 50 Einheiten
       Militärtechnik stünden dort. Direkt zwischen den Reaktoren hätten sie
       Raketenwerfer aufgestellt, zitiert das Portal Fakty.com.ua den Chef von
       Energoatom.
       
       Der gewählte Bürgermeister von Enerhodar, wo sich das AKW Saporischschja
       befindet, Dmitro Orlow, berichtet von einem unheimlichen Druck, dem die
       ukrainischen Mitarbeiter des AKWs ausgesetzt seien. So hätten die
       russischen Soldaten alle Schutzräume für sich in Beschlag genommen. Im Fall
       einer Katastrophe seien die ukrainischen Mitarbeiter schutzlos.
       
       Immer mehr Bewohner der Stadt Enerhodar verlassen diese. Doch wer
       rauswolle, müsse fünf bis sechs Tage an den russischen Checkpoints warten.
       Inzwischen habe die Hälfte der 50.000 Bewohner die Stadt verlassen, so
       Bürgermeister Orlow laut BBC.
       
       Die Atomexpertin Olga Kosharna, ehemalige Mitarbeiterin der staatlichen
       Regulierungsbehörde, kritisiert auf ihrer Facebook-Seite die harte Haltung
       von Energieminister Herman Haluschtschenko und Energoatom-Präsident
       Kotin gegen eine IAEO-Mission nach Enerhodar: „Ihre Erklärungen gegenüber
       den Medien über die Gründe für die Ablehnung einer solchen Mission im
       Kraftwerk Saporischschja haben meiner Meinung nach die Beziehungen der
       Ukraine mit der IAEO dramatisch verschlechtert.“
       
       Möglicherweise wird das AKW Saporischschja noch eine Weile in den
       Schlagzeilen bleiben. Wie es dann weitergehe, könnten auch viele Beobachter
       nicht sagen, meldet die BBC unter Berufung auf das amerikanische Institute
       for the Study of War. Schließlich werde ein ukrainischer Gegenangriff nicht
       nur die Ostküste, sondern auch die Region Saporischschja treffen.
       
       Und das beim Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine
       angesiedelte Zentrum für die Verhinderung von Desinformation, so berichtet
       Radio Liberty, geht davon aus, dass das AKW Saporischschja beim
       Gegenangriff des ukrainischen Militärs eine Rolle spielen wird. Genau
       deswegen würden die russischen Truppen ihre „atomare Erpressung
       fortführen“.
       
       7 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
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