# taz.de -- Al-Qaida-Chef Al-Sawahiri getötet: Aus Kairo zum globalen Dschihad
       
       > Der Ägypter Al-Sawahiri führte al-Qaida seit dem Tod Bin Ladens. Unter
       > seiner Führung fiel das Terrornetzwerk als westlicher Feind hinter den IS
       > zurück.
       
 (IMG) Bild: Al-Sawahiri (rechts) mit Bin Laden in einer Aufnahme von 2001
       
       Viele Anhänger al-Qaidas nannten ihn „den Weisen“. Weit weniger bekannt als
       Osama bin Laden führte [1][Aiman al-Sawahiri] das islamistische
       Terrornetzwerk ab bin Ladens Tod 2011, nachdem er lange dessen
       Stellvertreter gewesen war. Aber bis zu seinem eigenen Tod am Montag blieb
       Sawahiri eher wenigen ein Begriff – ganz im Gegensatz zu seinem durch die
       Terroranschläge vom 11. September 2001 weltbekannt gewordenen früheren
       Chef.
       
       Dabei hatte al-Sawahiri, studierter Arzt aus der ägyptischen Hauptstadt
       Kairo, eine lange Karriere als Dschihadist hinter sich: Ende der 1970er
       Jahre wurde er Teil der Terrorgruppe „Ägyptischer Islamischer Dschihad“ und
       wurde später deren Anführer. Für seine angebliche Beteiligung am Mord an
       Ägyptens Präsident Anwar as-Sadat 1981 saß er in Ägypten drei Jahre in
       Haft. Anschließend unterstützte er die afghanischen Mudschaheddin im Kampf
       gegen die sowjetische Besatzung, reiste mehrmals nach Pakistan und
       Afghanistan. Dort traf er wohl erstmals Osama bin Laden.
       
       Sein damals wohl größter Coup: die versuchte Ermordung des damaligen
       ägyptischen Diktators Husni Mubarak im Sommer 1995 bei einem Attentat
       während Mubaraks Anreise zu einem Afrikagipfel in Äthiopiens Hauptstadt
       Addis Abeba. Nach einem kurzem Intermezzo in der Kaukasusregion
       Tschetschenien, wo er einige Monate im Gewahrsam des russischen
       Inlandsgeheimdienstes FSB verbrachte, zog er schließlich nach Afghanistan
       zu Bin Laden. Sein ehemaliger Weggefährte [2][Aimen Dean], der später für
       die britischen Geheimdienste al-Qaida ausspionierte, beschreibt ihn in
       seiner Erinnerung an den Tschetschenienkrieg als „gekleidet wie Dr. Evil
       von Austin Powers“.
       
       In den späten 1990er und frühen 2000er Jahren war Sawahiri an der Seite bin
       Ladens an der Planung mehrerer Anschläge beteiligt. Bin Laden und Sawahiri
       publizierten die gemeinsame Fatwa „Weltweite Islamische Front gegen Juden
       und Kreuzfahrer“, ein Symbol ihrer Verbundenheit und gemeinsamen Ziele.
       Kurz vor dem Anschlag auf das World Trade Center 2001 vereinigten Sawahiri
       und bin Laden endgültig ihre Kräfte unter dem Dach der al-Qaida.
       
       ## Al-Qaida verloren in den späten 2000ern an Bedeutung
       
       Nachdem er zuvor bereits an strategischen Entscheidungen al-Qaidas
       beteiligt war, stieg Sawahiri nach dem Tod bin Ladens in Pakistan durch
       einen US-Militäreinsatz im Mai 2011 auch öffentlich zur Nummer eins auf. Da
       hatte al-Qaida seine aus eigener Sicht „erfolgreichsten“ Jahre bereits
       hinter sich. Ein früherer Weggefährte Sawahiris und bin Ladens, der
       Jordanier Abu Musab al-Sarkawi, war 2004 zum Kopf al-Qaidas im Irak
       geworden, und hatte deren Linie noch brutaler gestaltet. Aus al-Qaida im
       Irak ging schließlich der „Islamische Staat“ (IS) hervor, der vor allem im
       westlichen Bewusstsein al-Qaida als Inbegriff islamistischen Terrors
       abgelöst hat.
       
       Unter Dschihadisten, aber auch von auswärtigen Analysten, wurde Sawahiri
       immer wieder als schlechter Anführer bezeichnet. Dschihadismus-Experte
       [3][Tore Hamming schreibt dagegen auf Twitter], sein Führungsstil sei ein
       Erfolg gewesen. Denn er hatte nicht auf große Anschläge gesetzt, sondern
       al-Qaidas Präsenz ausgebaut – nicht in den ehemaligen Kerngebieten im Irak,
       die lange der IS beherrschte, sondern vor allem in der westafrikanischen
       Sahelzone, [4][im Jemen] und in Afghanistan. Weniger laut und brutal, eher
       leise und gefährlich.
       
       Diese Hinterlassenschaft könnte nun Saif al-Adel erben, ebenfalls Ägypter.
       Auch er gehört zur alten Riege al-Qaidas und dürfte als solcher wohl einer
       der Letzten sein.
       
       2 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Drohnenangriff-der-USA-in-Afghanistan/!5867969
 (DIR) [2] https://twitter.com/AimenDean
 (DIR) [3] https://twitter.com/ToreRHamming/status/1554225770809237504?s=20&t=te1cYd_raPvJYHqTwH7S3w
 (DIR) [4] https://cisac.fsi.stanford.edu/mappingmilitants/profiles/al-qaeda-arabian-peninsula
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lisa Schneider
       
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