# taz.de -- China bekämpft neuen Corona-Ausbruch: Lockdown im Tropenparadies
       
       > Auf der südchinesischen Insel Hainan sind über 80.000 Touristen
       > gestrandet. Die Behörden haben dort wegen Corona das öffentliche Leben
       > stillgelegt.
       
 (IMG) Bild: Anstehen für den Corona-Test in der Provinz Hainan
       
       Xiamen taz | Es ist eine Ironie des Schicksals: Nachdem die 26 Millionen
       Shanghaier erst kürzlich ihren [1][zweimonatigen Lockdown] überstanden
       hatten, sehnten sich viele nach ein paar Tagen Erholung mit Strand und
       Sonne. Zu Hunderttausenden strömten sie nach Hainan, Chinas einziger
       Tropeninsel. Doch übers Wochenende wurden sie daran erinnert, dass es auch
       am südlichsten Zipfel Chinas kein Entkommen vor einem plötzlichen Lockdown
       gibt.
       
       Am Wochenende legten Hainans Behörden das öffentliche Leben lahm: der
       öffentliche Nahverkehr wurde suspendiert, alle Flüge von der Insel
       gestrichen und Millionen Menschen in ihre Wohnungen gesperrt. Damit sitzen
       über 80.000 Touristen auf Hainan fest.
       
       Über 850 Infektionen haben die Behörden bis Sonntag gezählt, zuletzt knapp
       300 pro Tag. Für China, wo bereits nach wenigen Ansteckungen ganze
       Stadtviertel abgeriegelt werden, sind das gigantische Zahlen. Und dass
       weniger als ein Viertel der Infektionen als „asymptomatisch“ klassifiziert
       werden, deutet auf eine hohe Dunkelziffer. Hinzu kommt: Laut Behörden
       handelt es sich um die [2][hochinfektiöse BA.5-Subvariante].
       
       Ein Tourist beschreibt seine Lage so: „Der Flug für nächste Woche
       gestrichen, täglich PCR-Tests und Lebensmittel zu bekommen wird allmählich
       zur Herausforderung.“ Für einige Reisende wurden die Ferien zum Albtraum.
       Sie müssen auf dem Boden des Flughafens schlafen und stundenlang in der
       Tropensonne vor Teststationen anstehen. Andere hingegen genießen den
       erzwungenen Zusatzurlaub in ihren Hotels.
       
       ## Verzweifelte Touristen rufen: „Wir wollen nach Hause“
       
       Auf einem Online-Video ist zu sehen, wie ein Beamter am Flughafen geschützt
       von Dutzenden Polizisten vergeblich versucht, die erboste Menschenmenge in
       der Wartehalle zu beruhigen. Er verspricht den gestrandeten Touristen freie
       Unterkunft und Verpflegung, doch die rufen im Chor: „Wir wollen nach Hause!
       Nach Hause! Nach Hause!“.
       
       Das dürfte sich noch um mindestens eine Woche hinziehen. Die Anforderungen,
       Hainan verlassen zu dürfen, werden nämlich immer strikter: Derzeit braucht
       es den Nachweis von insgesamt fünf negativen PCR-Tests innerhalb von sieben
       Tagen. Doch selbst danach ist ein Abflug nahezu unmöglich, da praktisch
       alle Verbindungen suspendiert wurden. Auch verweigern jetzt viele Provinzen
       Einreisenden aus Hainan den Zutritt aus Angst vor Corona.
       
       Chinas jüngster Lockdown ist ein weiterer Beleg dafür, dass die strenge
       „Null Covid“-Strategie angesichts von Omikron keine nachhaltige Rückkehr
       zur Normalität ermöglicht. In den sozialen Medien findet das Thema aber so
       gut wie nicht statt. Die Zensur hält die Coronakrise weitgehend unter
       Verschluss.
       
       Stattdessen wird heroische Propaganda gesendet: Die Hilfe von 5.000
       Gesundheitsmitarbeitern aus 15 Provinzen sei schon in Hainan gelandet. In
       der Tat sind die Ressourcen, die China innerhalb weniger Tage mobilisieren
       kann, beachtlich. Derzeit liegt die tägliche Testkapazität in Hainan bei
       über zwei Millionen.
       
       ## Hohe Kosten des Lockdowns, zweifelhafter Nutzen
       
       Doch die wirtschaftlichen Konsequenzen stehen in keinem Verhältnis mehr zum
       gesundheitspolitischen Nutzen: Die letzte Bastion des heimischen Tourismus
       scheint nachhaltig beschädigt. Hainan kam noch bis letztes Jahr glimpflich
       durch die Pandemie: Da die Staatsführung die Landesgrenzen schloss, reiste
       die urbane Mittelschicht nicht mehr nach Europa oder Südostasien, sondern
       ins heimische Tropenparadies. Die Hotels waren bis Ende 2020 relativ gut
       gefüllt, an entfernteren Stränden entstanden Surfer-und
       Aussteiger-Communities. Nun dürften Hainans Strände lange leer bleiben.
       
       8 Aug 2022
       
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       ## AUTOREN
       
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