# taz.de -- Missbrauchsstudie im Bistum Münster: Die schuldigen Hirten
       
       > Die wissenschaftliche Untersuchung zum Bistum Münster setzt neue
       > Maßstäbe: Die vom Klerus konstruierte Angst vor Sexualität wirkt sich
       > verheerend aus.
       
 (IMG) Bild: Die Münsteraner Historikergruppe hat einen Pflock eingeschlagen
       
       Die am Montag vorgestellte [1][Studie zu sexualisierter Gewalt in der
       katholischen Kirche] ist bahnbrechend. Was der Historiker [2][Thomas
       Großbölting] und Mitarbeitende herausfanden, kommt einer Ermittlungsakte
       gleich, deren Titel für sich spricht: „Die schuldigen Hirten“.
       
       Die geschichtlich fundierte Arbeit besticht dadurch, dass sie Fälle von
       Missbrauch im Klerus akribisch aufarbeitet; etwa den Lebensweg eines in den
       fünfziger Jahren tätigen Priesters nachzeichnet, ein „Intensivtäter“, wie
       es heißt, ein Pädosexueller, der auch deshalb keine Scham empfand, weil er
       durch die Hierarchen sich gedeckt wissen konnte. Ihre Stärke liegt aber
       darin, exakt nachzuzeichnen, wie desinteressiert der katholische Klerus an
       der Aufklärung war – und in gewisser Weise noch ist.
       
       Die Historiker*innen weiten den Blick über die üblichen Schlagworte
       hinaus. Sie zeigen, wie intensiv der katholische Klerus gerade in der
       Nach-Nazizeit Angst vor Sexualität in die Seelsorge einbaute – und die
       Furcht vor sexuellem „Schmutz“ dazu nutzte, Missbrauch unsagbar zu machen.
       
       Für die bundesdeutsche Geschichte hat die Erkenntnis Gewicht, dass der
       antisexuelle Horror, die Verdammnis aller Körperlust jenseits der
       Fortpflanzungszwecke, die eisige Verfolgungswut gegen Homosexuelle
       konstitutiv war, der Hass auf Frauen, die [3][ihre Schwangerschaften
       abbrechen wollen], die Aversion gegen Pille und Kondom.
       
       Dass Sexuelles als unrein zu gelten hat, steht zwar nicht in der Bibel,
       wurde aber etwa in Irland, Australien, den USA und Spanien vom
       Katholizismus gedeckt. Und: durchaus mitgetragen von den Gläubigen, die das
       katholische Regime der Antisexualität meist gern mitmachten.
       
       Der hiesige Klerus verdient es nicht, in seinen viel zu schleppenden Mühen
       um Selbstaufklärung zu diesen verursachten Gewaltkulturen alleingelassen zu
       werden. Die Münsteraner Historikergruppe hat einen Pflock eingeschlagen.
       Andere mögen folgen, Staatsanwaltschaften und Polizeien müssen es. Es ist
       ein kriminelles, faktisch antichristliches Milieu, dem sie sich zu widmen
       hätten.
       
       14 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/wwu/journalisten/macht_und_sexueller_missbrauch_im_bistum_muenster.pdf
 (DIR) [2] https://www.herder.de/religion-spiritualitaet-shop/die-schuldigen-hirten-gebundene-ausgabe/c-38/p-24561/
 (DIR) [3] /Protest-gegen-Abtreibungen/!5489109
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
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