# taz.de -- Unterfinanzierte Krankenkassen: Von wegen Tsunami
       
       > Die Krankenkassenbeiträge werden steigen müssen. Es wird Zeit, das
       > ehrlich zu diskutieren- und über faire Verteilung nachzudenken.
       
 (IMG) Bild: Das Gesundheitssystem kostet: Besundheitsminister Lauterbach und Finanzminister Lindner
       
       Da ist sie wieder, die Maximalrhetorik, die komplexe Verteilungsprobleme
       zudröhnt und von politischen Protagonist:innen verlangt, Geld vom
       Himmel regnen zu lassen. Diesmal geht es um die Finanzierungslücke der
       [1][Krankenkassen]. Nach Einschätzung des Münchner Instituts für
       Gesundheitsökonomik droht der gesetzlichen Krankenversicherung im kommenden
       Jahr ein Defizit von 25 Milliarden Euro. Wie soll diese Lücke gestopft
       werden? Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) müsse jetzt gemeinsam mit
       Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den 70 Millionen Versicherten
       die Frage beantworten, „ob und wie er den drohenden Beitragstsunami
       verhindern will“. Das sagt Andreas Storm, Chef der Krankenkasse DAK, früher
       mal Gesundheitspolitiker der CDU.
       
       Solche Sprüche sind komplette politische Regression. Natürlich steigen die
       Gesundheitskosten. Wie anders sollte es auch sein in einer alternden
       Gesellschaft, in der steigender Bedarf, medizinischer Fortschritt, höhere
       Personalkosten und jetzt auch noch steigende Preise immer mehr Geld
       verschlingen? Die Frage lautet eher, wie die Mehrkosten am fairsten
       verteilt werden können.
       
       Lauterbach handelt korrekt, wenn er höhere Beiträge für die
       Gesundheitsversorgung ankündigt. Höhere Beiträge auf den Arbeitslohn haben
       den Vorteil, dass sie erstens einkommensabhängig sind und zweitens
       paritätisch, dass sich daran also auch die Arbeitgeber zur Hälfte
       beteiligen müssen.
       
       Diese [2][Parität] war vor mehr als 15 Jahren mal aufgehoben worden, die
       gesetzlich Versicherten mussten alleine Sonder- und Zusatzbeiträge tragen.
       Ab 2019 wurde die hälftige Finanzierung wieder hergestellt. Das Argument
       für die Aufhebung der Parität damals lautete: Hohe Sozialbeiträge für die
       Arbeitgeber treiben [3][Personalkosten] in die Höhe und kosten Jobs. Dieses
       Argument aus Zeiten der Massenarbeitslosigkeit gilt nicht mehr, Personal
       wird gesucht, dank der Demographie. Die Parität muss bleiben. Die Alterung
       der Gesellschaft verschärft aber eben auch Verteilungsfragen und in der
       Gesundheitsversorgung sind neben höheren Beiträgen auch mehr Steuermittel
       nötig. Woher dieses Steuergeld kommen soll, das wird und muss uns noch
       ehrlich beschäftigen.
       
       15 Jun 2022
       
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 (DIR) Barbara Dribbusch
       
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