# taz.de -- Russland, Serbien und der Ukraine-Krieg: Lawrow kommt im Balkan nicht durch
       
       > Wegen fehlender Überflugrechte kann Russlands Außenminister nicht nach
       > Serbien reisen. Die dortigen Nationalisten sympathisieren mit Putin.
       
 (IMG) Bild: „Nach den Haag, nicht nach Belgrad“ – Demonstration gegen Lawrow in Belgrad vor der Absage
       
       Sarajevo taz | Die für Montag und Dienstag geplante Reise des russischen
       Außenministers Sergej Lawrow nach Serbien ist geplatzt. Die zur Nato
       gehörenden Anrainerstaaten Rumänien, Bulgarien und Nordmazedonien
       verweigerten der russischen Delegation die Überflugrechte. Lawrow
       bezeichnete dies am Montag in Moskau als „ungeheuerlich“. Auf jeden Fall
       bedeutet es einen empfindlichen Einschnitt für die russische Diplomatie.
       
       Lawrow wollte in Belgrad eine gemeinsame Strategie mit Serbien in Bezug auf
       Energielieferungen abstimmen. Nur einen Tag vor der Einigung der
       EU-Mitglieder auf ein Teilembargo gegen russisches Öl vergangene Woche
       hatte die serbische Regierung die Verlängerung eines Gasliefervertrags mit
       Russland verkündet – und dafür Kritik aus Brüssel kassiert.
       
       Lawrow wollte zudem Serbien dabei bestärken, keine von der EU geforderten
       Sanktionen gegen Russland zu verhängen.
       
       Seit Jahren schon vollzieht Serbien einen Eiertanz zwischen Brüssel und
       Moskau. Einerseits bekräftigt der serbische Präsident Aleksandar Vućić den
       Willen Serbiens, in die EU einzutreten, andererseits verfügt Putins
       Russland über [1][große Sympathien] bei den nationalistischen Parteien in
       Serbien und der orthodoxen Kirche, auch in Bezug auf den Krieg in der
       Ukraine. Die EU erwarte, dass Serbien „seine Beziehungen zu Russland nicht
       weiter verstärkt“, erklärte kürzlich EU-Sprecher Peter Stano.
       
       ## Enttäuschung über Olaf Scholz in Sarajevo
       
       Darauf setzt auch Bundeskanzler Olaf Scholz, der seinen Besuch in Belgrad
       für Ende dieser Woche angekündigt hat. Man darf gespannt sein, ob Scholz
       Vućić zum Nachgeben zwingen kann. Denn sowohl die Nato wie die EU haben
       registriert, dass Serbien mit russischen und chinesischen Waffen
       aufgerüstet wird.
       
       Hinzu kommt noch, dass die serbische Teilrepublik in Bosnien und
       Herzegowina sich ganz offen mit Putin verbündet hat. In Sarajevo ist man
       enttäuscht, dass Scholz angesichts dieser Lage zwar nach Serbien, Kosovo,
       Bulgarien und Griechenland reisen will, aber nicht nach Bosnien und
       Herzegowina.
       
       Auch der seit Jahrzehnten tätige deutsche Balkanexperte [2][Christian
       Schwarz-Schilling] hat einen Besuch des Bundeskanzlers in Sarajevo
       erwartet. Denn die 1995 im Friedensvertrag von Dayton festgeschriebene
       Spaltung Bosniens ist zu einem Einfallstor für Russland geworden, erklärte
       er am Wochenende gegenüber der taz.
       
       Bosnien und Herzegowina ist in zwei Entitäten geteilt: die serbische
       Teilrepublik Republika Srpska und die Föderation Bosnien und Herzegowina,
       die wiederum in bosniakische, gemischte und kroatisch dominierte Kantone
       aufgespalten ist. Der Gesamtstaat ist als schwacher Staat konzipiert. Im
       letzten Jahrzehnt ist es serbischen und kroatischen Nationalisten gelungen,
       ihre Positionen beständig auszubauen.
       
       ## Eufor-Truppen sollen aufgestockt werden
       
       Der starke Mann der bosnischen Serben, [3][Milorad Dodik], droht nicht nur
       seit Jahren mit der Abspaltung der Teilrepublik, sondern hat auch mit
       Russland vielfältige Kontakte aufgebaut. Er lehnt mit Unterstützung
       Russlands alle gesamtstaatlichen Institutionen ab, so auch das Amt des
       Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft, das den Zusammenhalt
       des Staates gewährleisten soll.
       
       In Reaktion auf den Krieg in der Ukraine wollen die Nato und vor allem die
       USA, Großbritannien und Deutschland und die Türkei nun Bosnien wieder
       stärken und dem russischen Einfluss entgegentreten.
       
       Der seit einem Jahr tätige neue Hohe Repräsentant, der deutsche Politiker
       Christian Schmidt (CSU), will Bosnien und Herzegowina wieder zu einem
       funktionierenden Staat umbauen. Er wollte am Montag mit seinen
       Sondervollmachten durchsetzen, dass die für den 2. Oktober angekündigten
       Wahlen auch gegen den Widerstand der kroatischen Nationalisten abgehalten
       werden können.
       
       Und auch die europäischen Eufor-Truppen sollen aufgestockt werden. Falls
       Russland dem im November im UN-Sicherheitsrat nicht zustimmt, drohen die
       USA mit dem Einsatz von Nato-Truppen, heißt es aus diplomatischen Quellen.
       Seit dem Friedensvertrag von Dayton habe die Nato das Recht, jederzeit
       Truppen in dieses Land zu schicken.
       
       6 Jun 2022
       
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