# taz.de -- Ukrainekrieg tritt in neue Phase: Das Grauen im Osten
       
       > Russland bereitet einen Großangriff im Donbass vor. Für die Ukraine
       > bedeutet das vor allem: Sie benötigt nun dringend mehr Angriffswaffen.
       
 (IMG) Bild: Die Ukraine erwartet einen Großangriff auf die Gebiete von Donezk (hier Mariupol) und Luhansk
       
       „Die Schlacht um den Donbass wird Sie an den Zweiten Weltkrieg erinnern“,
       sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba vergangene Woche bei
       einem Treffen der Nato-Außenminister in Brüssel. Das war ein überdeutlicher
       Wink mit dem Zaunpfahl, bei Waffenlieferungen noch einmal richtig
       nachzulegen.
       
       Nach dem Abzug seiner Truppen aus dem Großraum Kiew bläst Russlands
       Präsident Wladimir Putin nun zum [1][Großangriff im Osten der Ukraine].
       Ziel ist, die gesamten Gebiete Luhansk und Donezk zu erobern –
       einschließlich der Hafenstadt Mariupol, die fast vollständig zerstört, aber
       noch nicht komplett unter russischer Kontrolle ist. Gelänge Letzteres, wäre
       der Weg frei für die Schaffung einer Landverbindung zur Krim.
       
       Doch es geht um mehr als territoriale Gewinne, und zwar für beide Seiten.
       Putin braucht einen Sieg für seine Beliebtheit an der Heimatfront, und das
       möglichst bis zum 9. Mai, dem Tag des russischen Sieges über
       Nazi-Deutschland 1945. Zudem würde ein militärischer Erfolg Russlands
       Position bei Friedensverhandlungen stärken.
       
       Für den ukrainischen Oberst Oleg Schdanow wird im Donbass generell über
       Sieg und Niederlage in diesem Krieg entschieden. „Wir werden versuchen, die
       russischen Truppen in der OOS-Zone (Gebiete im Donbass, die derzeit noch
       umkämpft sind, Anm. d. Red.) oder im ganzen Donbass zurückzuschlagen und
       die Russische Föderation dazu zwingen, einen Vertrag zu unseren Bedingungen
       zu unterzeichnen“, schreibt er in einem Beitrag für das Onlineportal Novoje
       Vremja.
       
       Einfach wird das allerdings nicht. Einer der nächsten Hotspots des Krieges
       dürfte die Stadt Slowjansk sein, die 2014 von prorussischen Kämpfern
       besetzt war, doch nach kurzer Zeit von der ukrainischen Armee zurückerobert
       wurde. Jetzt ist die Stadt erneut Ziel russischer Truppen, die von Norden
       her vorrücken. In der vergangenen Woche kamen dort bei einem russischen
       Angriff auf den Bahnhof 39 Zivilist*innen ums Leben.
       
       Die Einnahme der Stadt ist die Voraussetzung, um die ukrainischen Truppen
       vom Nachschub abzuschneiden und weitere russische Streitkräfte in den Süden
       zu verlegen. Hielten die Ukrainer den Angriffen stand, würden Moskaus
       Ambitionen, die Kontrolle über die Gebiete Donezk und Luhansk vollständig
       zu übernehmen, vereitelt, heißt es in einem Bericht des US-Thinktanks
       Institute for the Study of War (ISW).
       
       Mit Moskaus Strategiewechsel verändert sich auch die Natur des ukrainischen
       Militäreinsatzes. Ging es bislang um die Verteidigung von
       Schlüsselterritorien, verlagert sich das Kampfgeschehen nun an Orte entlang
       bestimmter Kontrolllinien. Will heißen: Die Ukraine benötigt jetzt mehr
       Angriffswaffen, um ihre eigene Gegenoffensive zu verstärken. Das ist der
       Hauptgrund, warum die Bitten der Regierung in Kiew um Waffen dringlicher
       werden. Den weiteren Verlauf vorauszusagen, ist schwierig. Fest steht
       jedoch wohl eines: Die Schlacht um den Donbass, schreibt die New York
       Times, wird „extrem grausam“.
       
       15 Apr 2022
       
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