# taz.de -- Internet in Russland: Russlands digitale Entkopplung
       
       > Wladimir Putin plant eine digitale Mauer zum Blocken von Tech-Firmen wie
       > Facebook. Sein Vorbild: die „große Firewall“, die China abschirmt.
       
 (IMG) Bild: Zentrale von Russlands Facebook-Pendant VK-Media in Moskau mit engen Kontakten zum Kreml
       
       Peking taz | Trotz der 22 Jahre an der Macht hat [1][Wladimir Putin] nach
       wie vor kleine Nischen der Freiheit geduldet. Oppositionelle Kandidaten
       konnten weiterhin ihre Positionen verkünden, solange ihre Popularität nicht
       allzu sehr anstieg. Ein paar verbliebene Medien publizierten – unter teils
       körperlicher Gefahr – investigative Recherchen.
       
       Doch seit Russlands Truppen in die Ukraine einmarschiert sind, werden wohl
       all diese Bastionen des zivilen Ungehorsams der Vergangenheit angehören.
       Die Regierung hat, [2][angelehnt am Vorbild China], eine digitale Mauer
       über Russlands Internet gezogen und damit auch den Informationsfluss
       systematisch kontrolliert.
       
       Der Zugang zu Facebook und Twitter scheint derzeit blockiert zu sein,
       Tiktok und Netflix haben ihre Dienste in [3][Russland offenbar aus] eigenen
       Stücken suspendiert, und ein neues Gesetz bestraft Journalisten mit bis zu
       15 Jahren Gefängnis, wenn sie „Falschinformationen“ über den Krieg in der
       Ukraine publizieren.
       
       „Vielleicht ist es Zeit, mir eine VPN-Software zu besorgen. Bislang habe
       ich sie noch nie benutzt“, schreibt Artyom Lukin, ein in Wladiwostok
       lebender Forscher der internationalen Beziehungen, auf Twitter. VPN-Dienste
       bezeichnen geschützte Netzwerkverbindungen, mit derer man seine Identität
       verschleiern und auch einen anderen Standort vortäuschen kann.
       
       In den letzten Tagen ist in Russland die Nachfrage nach VPN-Anbietern
       astronomisch gestiegen. Doch ausgerechnet die westlichen Sanktionen
       erschweren es den Russen, die Hilfsmittel zu besorgen – oftmals lassen sich
       diese nur per Visa bezahlen, dessen Betrieb in Russland mittlerweile
       gesperrt ist.
       
       In China ist dieser Ausnahmezustand seit Jahren bereits Normalität. Die
       digitale „Mauer“, die Putin derzeit um das russische Internet hochzieht,
       hat die Parteiführung in Peking bereits seit über einem Jahrzehnt
       errichtet. Mehr noch: Die Überwachung und Abschirmung gehen in China weit
       über das hinaus, wozu das technologisch rückständige Russland überhaupt in
       der Lage wäre. Dass eine solche Parallelwelt auch für Wladimir Putin
       attraktiv erscheint, steht außer Zweifel. Dennoch ist fraglich, ob das
       Vorhaben langfristig gelingen kann.
       
       Der Fotograf einer US-amerikanischen Nachrichtenagentur, der in Moskau und
       Peking gearbeitet hat, sieht einen Unterschied: „In Russland war der Spalt
       zur Freiheit – im Gegensatz zu China – bereits relativ weit offen. Diese
       Tür wieder zu schließen ist nahezu unmöglich“, sagt er mit Bitte um
       Anonymität.
       
       10 Mar 2022
       
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 (DIR) Fabian Kretschmer
       
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