# taz.de -- Die Wahrheit: Stoff vom neuen Dealer
       
       > Leider ist es noch nicht gelungen, Häme in Energie umzuwandeln. Mühelos
       > könnten die Energieprobleme unserer Zeit gelöst werden.
       
       Sowohl zum spontanen Entsetzen als auch zur nachhaltigen Verstörung meiner
       Töchter habe ich neulich einen Furz in Brand gesteckt. Das geht. Man muss
       lediglich ein Streichholz an das ausströmende Gas halten, schon entzündet
       es sich in einer blauen Stichflamme.
       
       Leider ist es bisher noch nicht gelungen, gedankliche Flatulenz – also Häme
       – in Energie umzuwandeln. Mühelos könnten wir damit die Hochöfen unserer
       Stahlwerke anheizen, unsere Wohnungen erleuchten und wärmen, unsere
       Fließbänder in Gang und unsere ICE unter Strom setzen. Häme gibt es im
       Überfluss.
       
       Ich selbst produziere Häme, auch wenn ich das nicht will. Als Annalena
       Baerbock neulich sagte, man müsse Wolodimir Selenski zwar „zuhören“, dann
       aber „das Wort stehen lassen“, stieg mir ganz spontan die Galle hoch. Galle
       – ein weiterer ungenutzter Rohstoff. Was mich an dieser außenministeriellen
       Einlassung so trakassierte, war ihre verschwiemelte Kirchentagshaftigkeit.
       Das Wort. Stehen lassen! Wie wäre es mit einem Tritt in den Arsch?
       
       So dachte ich. Es war gedachte Jargonkritik und keinesfalls meinen durchaus
       vorhandenen Vorbehalten gegen gewisse Aspekte grüner Weltanschauung
       geschuldet. So dächte ich auch, hätte Friedrich Merz Worte „stehen lassen“
       wollen. Gedanken allerdings sind schneller rausgehauen, als ein Dritter
       Weltkrieg vom Zaun gebrochen ist – und das will was heißen.
       
       Auch ich habe mich innerlich gekrümmt, als ich Wirtschaftsminister Robert
       Habeck vor dem Emir von Katar den Diener machen sah. Auch ich habe einen
       Tweet bekichert, der einem nebenstehenden Zusatzscheich folgenden Gedanken
       zuschrieb: „Vorsicht, Grüner, noch weiter runter und er denkt, du wolltest
       ihm einen blasen. Das ist hier nicht so, ähem, angesehen“. Da ist alles
       drin: Queerer Lifestyle und Kopf-ab-Konservatismus, „wertebasierte
       Außenpolitik“ und Realpolitik, Blasen und Bigotterie. Einerseits.
       
       Identische, wenn auch humorlose Häme gabs andererseits auch von rechts.
       Überhaupt herrscht an Häme kein Mangel, wann immer jemand gezwungen ist,
       seine Ideale temporär mit Füßen zu treten. Dann feixen sowohl jene, die
       diese Ideale teilen, als auch jene, die mit diesen Idealen ohnehin nie
       etwas am Hut hatten. Dann beginnt das große „Sieh an, sieh an, da kann man
       mal sehen!“.
       
       Ich hingegen sehe einen wuscheligen Flausenkopf, dessen Geschwätz von
       gestern unter die Dampfwalze des Heute geraten ist. Das ist nicht ohne
       Tragik. Häme könnte ich über diese Szene nur dann ausgießen, wenn ich
       selbst kein Junkie wäre. Bin ich aber, wie wir alle.
       
       Und wenn es den guten Stoff beim kriminellen Russen nicht mehr gibt, weil
       er im Bordell nebenan eine Schießerei angezettelt hat, dann muss man ihn
       eben, bis das eigene Drogenlabor endlich eingerichtet ist, vom ebenso
       dubiosen Araber im Bahnhofsklo beziehen.
       
       25 Mar 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Arno Frank
       
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