# taz.de -- Die Wahrheit: Das Schlüsselgeheimnis
       
       > Was für und gegen das falschgeschriebenste Werkzeugteilchen der
       > Geschichte spricht. Ein Pro und Contra zum Inbusschlüssel​.
       
       ## PRO INBUSSCHLÜSSEL
       
       Von Harriet Wolff
       
       Es ist doch so: Wo eine Schraube locker ist, darf der Inbusschlüssel nicht
       weit sein. Ja, er muss ganz in der Nähe liegen, und das ist auch gut so.
       Das ist eben das Prinzip Ikea, und hier enden wir mit der Nennung von
       Markennamen. Vorausgesetzt, man findet beim Aufbau eines lausig und
       weiträumig verleimten Stück Möbels dieser To-go-Linie das Ersehnte in der
       Packung. Doch das ist ein anderes Thema; hier aber wollen wir loben und
       lobpreisen den Inbusschlüssel, der ohne den Inbus, den Innensechskant, also
       „den Schraubenkopfantrieb mit einem Sechseck im Kopf der entsprechenden
       Schraube“, Wikipedia treibt es hier noch weiter und spricht von einem
       „Hexagon“, also, kurzum, der Inbusschlüssel wäre ohne Inbus nicht
       überlebensfähig, jedenfalls nicht für lange. So.
       
       Hexagon wird übrigens auch die französische Festlandsmasse genannt, aber
       das führt hier jetzt wirklich zu weit. Wo waren wir stehen geblieben?
       Richtig, bei der Wichtig- und Richtigkeit des Inbusschlüssels – ein feiner
       Kerl, sich ganz seiner archaisch handwerklichen Aufgaben bewusst, ja sie
       diszipliniert und ohne zu fluchen ausführend. Chapeau, Inbusschlüssel!
       
       Kein Wunder, dass du mittlerweile in einer umtriebigen Hansestadt namens
       Breckerfeld im südöstlichsten Teil des Ruhrgebiets in NRW von einer Firma
       namens „HaFu Werkzeugfabrik H. J. Fuhrmann GmbH“ gefertigt wirst. Da
       geschieht es dir recht und gut, auch weil Breckerfeld „die südlichste
       kreisangehörige Stadt des Ennepe-Ruhr-Kreises“ ist und sicherlich ein
       vibrierendes „Unterzentrum“. Da sitzt keine Schraube locker! In den USA, da
       wirst du übrigens Allen key genannt. Woody Allen hat zwar an vielen
       Neurosen geschraubt, aber nicht an jenem Namen. Ein Hoch auf dich, Imbus-,
       pardon, Inbusschlüssel!
       
       ## CONTRA INBUSSCHLÜSSEL
       
       Von René Hamann
       
       Schockschwerenot! Ein Raunen ging neulich durch die Fachabteilung, als es
       auch dem letzten Baumarktbesuchenden klar wurde, dass es gar nicht
       „Imbusschlüssel“ heißt. Nein, es heißt Inbusschlüssel – und hat mit „im Bus
       sein“ auf dem ersten Blick gar nichts zu tun. Niemand ist oder sitzt hier
       im Bus mit den Leuten, die das interessiert – mehr noch: Inbus® ist eine
       Marke, die, nach eigenem Verständnis, „durch einen klaren Fokus“
       „besticht“. Nun, das kann man so sehen; bei genauer Prüfung eines
       Inbusschlüssels lässt sich eine gewisse Sperrigkeit, ja sogar: Kantigkeit
       indes nicht bestreiten. Es liegt auf der Hand: Kantig und kalt, das ist der
       Inbusschlüssel. Klarer Fokus? Fehlanzeige.
       
       Es wird noch wilder: Der Inbus heißt Inbus, selbst wenn bei Google die
       meisten Fragen zu ihm „Warum heißt es imbus?“ und „Wie schreibt man im Bus
       Schlüssel?“ lauten. Weiter lernt man: „Das Akronym Inbus steht für
       Innensechskant Bauer und Schaurte“, was aber Schaurte sein soll, erschließt
       sich nicht, jedenfalls nicht mit einem Inbus; dass Inbus für
       Schraubenschlüssel das ist, was Tempo für Taschentücher, spricht ebenfalls
       nicht für ihn. Scheiß Kapitalismus! Markennamen ersetzen genauere Begriffe!
       Dem muss unbedingt Einhalt geboten werden.
       
       Aber auch der praktische Nutzen muss kritisiert werden: Man findet in ganz
       Deutschland kein einziges Schloss, in das er passen würde, und doch wird er
       mit jedem Billy-Regal frei Haus geliefert. Warum nur? Das führt nur dazu,
       dass man pro Möbel einen Schlüssel zu Hause rumliegen hat, für andere Dinge
       lässt sich der Inbus nämlich auch gar nicht nutzen. Er ist eben kein
       Schraubenschlüssel wie die anderen. Seine Besonderheit aber stößt uns ab.
       
       19 Jan 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Harriet Wolff
 (DIR) René Hamann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Pro und Contra
 (DIR) Handwerk
 (DIR) Reparatur
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) Messenger
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) Silvester
 (DIR) Vorhersage
 (DIR) Kolumne Die Wahrheit
 (DIR) Katzen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: Morbides Fan-Wien
       
       Wien, wie es leibt, lebt und stirbt – ein Besuch beim Grab des großen
       Wieners Ernst Happel, der den Hamburger SV einst zu legendären Höhen
       führte.
       
 (DIR) Die Wahrheit: „Ein Anschluss unter dieser Nummer“
       
       Exklusiv am Telefon: Das Wahrheit-Interview mit dem Mann, der bei Telegram
       tatsächlich sämtliche Fäden in der Hand hält.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Das Beste in einer Hose vereint
       
       Ein Blick in einen Katalog für Männerkleidung. Und beim Blättern fallen
       einem die Blüten der Werbung nur so entgegen.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Fuck zurück im Zorn
       
       Endlich sagt es mal einer und blickt zurück auf #fck2021, bevor es
       demnächst heißen wird: #fck2022! Derselbe alte Scheiß, nur neu!
       
 (DIR) Die Wahrheit: 2023 wird Ihr Jahr!
       
       Es droht Schraubenmangel – nicht nur in manchen Ober- und Unterstübchen.
       Wird die EU im neuen Jahr endlich eingreifen?
       
 (DIR) Die Wahrheit: Die Bücher der anderen
       
       Lesestoff kann in Wien auf Mistplätzen gefunden werden. Wenn er nicht
       vorher bei einer Bücherwanderung ausgemistet wurde.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Die Letzten streicheln die Katzen
       
       Was die CDU jetzt plant, um sich aus den Fängen ihrer Fiaskos zu befreien.
       Ein exklusiver Werkstattbericht der Wahrheit.