# taz.de -- Steigende Inflation: EZB und Fed treten auf die Bremse
       
       > Inflation, und was jetzt? Die US-Notenbank will ihre Anleihekäufe beenden
       > und wohl die Zinsen anheben. Die EZB agiert langsamer.
       
 (IMG) Bild: Die EZB-Zentrale in Frankfurt am Main
       
       Auf [1][die steigende Inflation] reagieren jetzt die Notenbanken in Europa
       und den USA. Sowohl die Europäische Zentralbank in Frankfurt/Main als auch
       die amerikanische Fed wollen ihre lockere Geldpolitik in den ersten Monaten
       des kommenden Jahres einschränken. Während [2][die Fed für 2022 auch
       Zinserhöhungen anpeilt], will die EZB auf diesen Schritt vorläufig
       allerdings verzichten. So werden wohl die Zinsen für Sparguthaben und die
       Renditen von Lebensversicherungen hierzulande erst mal bleiben, wo sie
       jetzt sind – nahe null.
       
       In den vergangenen Jahren investierten die Zentralbanken regelmäßig große
       Summen [3][in den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen]. Durch diese
       großzügige Versorgung mit zusätzlichem Geld wollten sie die aus ihrer Sicht
       zu niedrige Inflation auf etwa 2 Prozent anheben. Im Zuge der
       Coronapandemie sind die Erzeuger- und Verbraucherpreise nun aber
       erstaunlich schnell weit über 2 Prozent hinaus geklettert. So treten EZB
       und Fed jetzt auf die Bremse.
       
       EZB-Chefin Christine Lagarde kündigte deshalb am Donnerstagmittag an, das
       große Programm zum Anleihekauf (Pepp) im kommenden März teilweise auslaufen
       zu lassen. Anleihekäufe finden dann weiterhin statt, möglicherweise aber in
       geringerem Umfang. Der große Unterschied zur US-Notenbank Fed besteht
       allerdings darin, dass die EZB die Zinsen für den Euroraum zunächst nicht
       erhöhen will.
       
       Denn Lagarde und ihre Kolleg:innen von den Zentralbanken der
       Euro-Staaten sind in einer Zwickmühle. Einerseits steigt die Inflation
       momentan über Gebühr. Im Durchschnitt der Euro-Länder betrug sie im
       November 4,9, in Deutschland sogar 5,2 Prozent. Hier machen sich unter
       anderem die stark erhöhten Energiepreise bemerkbar. Jedoch ist die
       Inflationslage im Euroraum unterschiedlich. In Frankreich beträgt die
       Teuerung beispielsweise nur 2,8 Prozent. Und die wirtschaftliche Erholung
       wird durch die Coronapandemie immer noch gebremst. Deshalb will die EZB
       ihre lockere Geldpolitik nicht zu schnell komplett beenden.
       
       ## Immer wieder Kritik
       
       An dieser Politik gibt es immer wieder Kritik. Die Zentralbank sollte
       „nicht zu lange an ihrem derzeit sehr expansiven Kurs festhalten“, erklärte
       etwa Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der auch im Rat der EZB sitzt.
       Dort nahm Weidmann am Donnerstag zum letzten Mal teil. Wohl weil er sich
       mit seiner geldpolitisch restriktiveren Position nicht durchsetzen konnte,
       gibt er sein Amt auf. „Die EZB hat den Ernst der Lage offenbar nicht
       erkannt“, kritisierte Markus Ferber, CSU-Abgeordneter im EU-Parlament. „Wir
       müssen insgesamt weg von den milliardenschweren Anleihekaufprogrammen.“ Ein
       bloßes Umschichten der Aufkaufprogramme löse „keines der Probleme“. Jörg
       Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, kommentierte: „Alles in allem wird
       die Geldpolitik 2022 sehr locker bleiben. Es wird weiter zu viel Geld in
       Umlauf kommen.“
       
       Für die Mittelschicht bedeutet die EZB-Entscheidung, dass sie noch länger
       auf Zinsen für ihre Sparguthaben und Lebensversicherungen warten muss. Dies
       führt zu Unmut, weil andererseits die Kosten des täglichen Lebens durch die
       Inflation steigen und nicht mal ein teilweiser Ausgleich in Sicht ist.
       Ärmere Haushalte werden durch die Inflation besonders belastet – zumal sie
       nicht von Sparzinsen profitieren würden, da ihnen zum Sparen oft die Mittel
       fehlen.
       
       ## Auch Bank of England reagierte
       
       Wohlhabende und Reiche machen sich über steigende Verbrauchspreise und
       Sparzinsen am wenigsten Sorgen, weil ihr Kapital in Immobilien und
       Unternehmen steckt, wo es ohnehin Rendite und Wertzuwachs bringt. Die
       US-Notenbank Fed reagierte – wie auch die Bank of England – schneller als
       die EZB, weil die Lage in den USA anders ist. In Großbritannien lag die
       Inflation zuletzt bei über 5, in den USA sogar bei 6,8 Prozent. Die
       Preissteigerung sei „weit über das Ziel“ hinausgeschossen, erklärte
       Fed-Chef Jerome Powell am Mittwochabend. Deshalb würden nicht nur die
       Anleihekäufe im kommenden März beendet.
       
       Die Fed sei außerdem „sehr gut aufgestellt für Zinserhöhungen“, sagte
       Powell. Wie aus dem Ausblick der US-Währungshüter hervorgeht, halten diese
       2022 drei Zinsschritte nach oben für angebracht. Ende 2022 würde das Niveau
       dann bei 0,9 Prozent liegen. Vorläufig bleibt der Leitzins aber noch in der
       Spanne von 0 bis 0,25 Prozent. Eine weitere Begründung für die Änderung:
       Die Arbeitslosigkeit sinke in Richtung Vollbeschäftigung. Damit entfällt
       ein Grund, die Wirtschaft mit billigem Zentralbankgeld zu unterstützen. Im
       Gegenteil: Ein gewisser Mangel an Arbeitskräften könnte dazu führen, dass
       die Löhne erheblich steigen, eine Lohn-Preis-Spirale in Gang kommt und die
       Inflation weiter zunimmt. Dem will die Fed mit höheren Zinsen, also einer
       Bremse für die Investitionen der Unternehmen, entgegenwirken.
       
       16 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Hohe-Inflationsrate-in-Deutschland/!5815608
 (DIR) [2] https://www.wiwo.de/politik/ausland/us-notenbank-fed-plant-drei-zinserhoehungen-fuer-2022/27897020.html
 (DIR) [3] /Verfassungsgericht-urteilt-zu-EZB/!5682932
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannes Koch
       
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