# taz.de -- Die Wahrheit: Kaputte Aufzüge
       
       > Nicht nur in sozialen Randlagen kann es Probleme mit Aufzügen geben.
       > Sondern auch im öffentlichen Nahverkehr.
       
       Wenn man ein Kind hat, hat man immer ein Kind dabei. Zum Beispiel auf den
       Wegen durch den städtischen Untergrund. Ein Verkehrsmittel, das da
       plötzlich ganz oben steht, ist der Aufzug. Denkt man gar nicht, wenn man
       nicht mit Kinderwagen oder Rollstuhl oder Krücken oder Fahrrad oder
       Rollkoffern oder auch mal mit gar nichts, weil man einfach faul ist,
       unterwegs ist: Dass man so auf Aufzüge angewiesen sein kann!
       
       Der Aufzug selbst steht meist in der letzten Ecke einer Bahnstation. Man
       muss nur der Schmuddelspur folgen. Dafür ist er oft transparent, man kann
       die Leute also auch schön von unten sehen. Ja, so ein Aufzug kann sehr
       uplifting sein, während Corona und sonst auch aber gern zu voll, in Berlin
       fast immer dreckig und verpisst, aber: Es ist immer gut, wenn es ihn gibt.
       Und verglichen mit uns Opfern des öffentlichen Nahverkehrs ist ein Leben im
       15. Stock mit kaputtem Aufzug noch mal was ganz anderes, da hat Hafti
       recht. Was ich aber eigentlich erzählen wollte:
       
       Man hat im Laufe der Jahrzehnte schon so einiges erlebt, auch in Aufzügen.
       Obwohl, außer einmal, als ich rebellenhaft im Aufzug geraucht habe, nach
       dem letzten Arbeitstag eines Bullshit-Jobs Anfang des Jahrtausends, habe
       ich bisher, was Aufzüge betrifft, ein bodenständiges Leben geführt. Ich bin
       kein Mitglied des Floor High Clubs geworden trotz mancher guter Ansätze,
       stand nie neben Elmar Gunsch, Jens Spahn oder Adele im Aufzug, sondern nur
       einmal mit dem Sportreporter Werner Hanf; habe noch nie jemanden im Aufzug
       kennen gelernt und bin auch noch nie in einem Aufzug stecken geblieben. Bis
       vor Kurzem.
       
       Es war in der Zwischenebene der U-Bahn. Es ging darum, in Begleitung einer
       Mutter mit Kinderwagen, das Baby weinte sich in den Schlaf, von der U 3 in
       die U 1 zu gelangen, was zwei Ebenen entsprach. Zeit war knapp, Nerven
       gespannt wie Drahtseile, von drei Aufzügen fuhr der erste in die falsche
       Richtung, der zweite war überbelegt, aus dem dritten kam eine Frau mit
       Akzent gehüpft, die meinte, den Aufzug nicht nehmen, ist kaputt! Was ja gar
       nicht sein konnte, schließlich war sie selbst heil von oben nach unten
       gekommen. Also rein, eine mitteljunge Asiatin, die verdächtig mit ihrem
       Handy rumtat, war auch dabei, die Tür schloss sich, der Aufzug setzte sich
       in Bewegung und – blieb stecken.
       
       ## Check Aufzug
       
       Zum Glück gab es einen Notruf und den Wiener Schmäh, der auf den Wutanfall
       der Mutter nur meinte: Sie werden hier schon nicht übernachten.
       Überlegungen, wer zuerst gegessen werde, das Baby, die Mutter oder die
       Asiatin, erledigten sich gefühlte fünfzig und echte fünf Minuten später
       dank einem schnellen Helfer mit Brecheisen und Knowhow.
       
       Der Check auf Tiktok nach schwitzendem Mann, tobsüchtiger Mutter und
       lethargischer Asiatin im Aufzug ergab nichts; der auf Google immerhin, dass
       es echt noch schlimmer geht: Im Lift verblutet, vom Aufzug zerquetscht,
       solche Sachen. Aber wir wissen jetzt, wie es ist, wenn es Haft ist.
       
       7 Oct 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Hamann
       
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