# taz.de -- Ibiza-Affäre in Österreich: Bewährungsstrafe für Strache
       
       > Ein Wiener Gericht spricht den früheren Vizekanzler der Bestechlichkeit
       > schuldig. Beobachter sehen darin ein positives Signal.
       
 (IMG) Bild: Einst Vizekanzler, nun verurteilt: Strache nach der Urteilsverkündung am Freitag in Wien
       
       Wien taz | Heinz-Christian Strache ist bestechlich. Das hat das Wiener
       Landesgericht für Strafsachen am Freitag in einem erstinstanzlichen Urteil
       festgestellt. Es ist das der erste Schuldspruch für den ehemaligen
       Vizekanzler im Gefolge der Ibiza-Affäre, die nicht nur Straches politische
       Karriere beendete, sondern im Mai 2019 auch die damalige türkis-blaue
       Rechtsregierung zu Fall brachte. Konkret ging es um einen Nebenschauplatz,
       nämlich [1][die staatliche Finanzierung für eine Privatklinik], die Strache
       für deren Betreiber erwirkt hat.
       
       Richterin Claudia Moravec-Loidolt sieht es als erwiesen an, dass Strache
       2017 Parteispenden von insgesamt 12.000 Euro zum Anlass genommen habe, eine
       Gesetzesänderung zugunsten seines Freundes Walter Grubmüller im Nationalrat
       einzubringen. Grubmüller, der in Wien eine auf kosmetische Eingriffe
       spezialisierte Schönheitsklinik betreibt, wollte vom Prikraf profitieren.
       
       Der von den Krankenkassen dotierte
       Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds ersetzt Privatkliniken die Kosten
       für bestimmte Behandlungen. Allerdings nur jenen, die auf einer Liste
       erschöpfend aufgezählt sind. Grubmüller, ein ehemaliges SPÖ-Mitglied habe
       sich über seine Parteifreunde jahrelang vergeblich bemüht, eine Aufnahme in
       diese Liste zu erwirken. Deswegen sei er an Strache herangetreten, der den
       Ausschluss mancher Kliniken nach eigenen Angaben ungerecht gefunden habe.
       
       Eine Spende an die FPÖ steht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit
       der Initiative. Wenig später wurde Strache im ersten Kabinett von Sebastian
       Kurz (ÖVP) Vizekanzler und sorgte mit seiner Fraktion für die mehrheitliche
       Annahme des Gesetzes.
       
       ## Welches Gesetz darf es sein?
       
       Für Oberstaatsanwalt Bernhard Weratschnig von der Wirtschafts- und
       Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) haben Strache und Grubmüller eine
       „Schicksalsgemeinschaft“ gebildet, wie er in seinem Schlussvortrag
       festhielt. Ein Chatverlauf rund um die Tat würde „ungeschminkt“ offenlegen,
       dass sich Strache „aus wirtschaftlichen Interessen“ für Grubmüller
       eingesetzt habe. „Welches Gesetz brauchst Du denn?“, hatte Strache seinen
       Freund etwa gefragt.
       
       Die Richterin folgte dem Staatsanwalt, der Grubmüller vorwarf Strache
       „unzweifelhaft geldwerte Vorteile“ versprochen zu haben. Strache wiederum
       habe gegen das „strikte Sachlichkeitsgebot“ verstoßen. Strache bekam 15,
       Grubmüller zwölf Monate aufgebrummt – auf Bewährung. Rechtskräftig sind die
       Urteile noch nicht, da beide Verurteilte Berufung eingelegt haben.
       
       Ohne das berühmt-berüchtigte Ibiza-Video wäre diese Affäre wohl kaum
       aufgeflogen. Strache hatte im Sommer 2017 die Einladung einer angeblichen
       [2][russischen Oligarchin] in eine verkabelte Finca angenommen und dort
       darüber schwadroniert, wie man Parteispenden am Rechnungshof vorbei
       schleusen, die auflagenstarke Kronen Zeitung kaufen und missliebige
       Journalisten durch gefügige Schreiberlinge ersetzen solle. Er versprach –
       wenn er einmal in der Regierung sei – Staatsaufträge für Bauunternehmen,
       die die „Oligarchin“ erst gründen müsse.
       
       Der ehemalige Rechnungshofpräsident Franz Fiedler sieht in dem „ersten
       Urteil, das Bestechlichkeit in Zusammenhang mit Gesetzeskauf verfolgt hat“,
       ein erfreuliches Signal, dass die Staatsanwaltschaft nicht mehr vor der
       Verfolgung von prominenten Politikern zurückschrecke. Der Strache-Prozess
       hat einen Reigen eröffnet, der demnächst mit Sebastian Kurz, Finanzminister
       Gernot Blümel und anderen ÖVP-Granden fortgesetzt werden könnte. Gegen alle
       wird strafrechtlich ermittelt.
       
       29 Aug 2021
       
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