# taz.de -- Stellenabbau bei Aida: Klassenkampf auf Butterfahrt
       
       > Beim Hamburger Kreuzfahrtkonzern Aida sind viele Stellen in Gefahr. Die
       > Beschäftigten sind in Kurzarbeit und kommen kaum an Informationen.
       
 (IMG) Bild: Angst um den Kreuzfahrtjob: Eine Frau protestiert gegen den geplanten Stellenabbau bei Aida
       
       Hamburg taz | Ausgebootet, ignoriert, demontiert, abserviert“: So heißt es
       auf den Bannern der Protestaktion, auf der vorige Woche Aida-Beschäftigte
       gegen den geplanten [1][Stellenabbau im Entertainment-Bereich
       protestierten]. Nicht streikten, wohlgemerkt – denn dazu müssten sie erst
       einmal wirklich beschäftigt [2][und nicht etwa in Kurzarbeit sein, wie es
       seit 15 Monaten der Fall ist]. 50 von 85 Stellen sollen gestrichen werden,
       heißt es, darunter eventuell auch die von Dieter Jürgens und Heike Müller
       (Namen geändert).
       
       Ende Juli habe man sie zu einer digitalen Versammlung eingeladen, auf der
       ihnen ein Organigramm präsentiert worden sei, welches aufzeigte, dass
       voraussichtlich mehr als die Hälfte der Angestellten im Bereich
       Entertainment entlassen werde. „Eine Erklärung gab es nicht, es hieß nur,
       dass der Bereich umstrukturiert wird“, so Jürgens. „Das gab es auch vor
       zwei Jahren schon mal, aber da hat es genauso wenig Sinn gemacht wie
       jetzt.“
       
       „Wir richten derzeit den Bereich Entertainment neu aus, um den
       Entwicklungen und Trends der Zukunft besser gerecht zu werden“, sagt
       Aida-Pressesprecher Hansjörg Kunze der taz. Und ja: Diese Restrukturierung
       beinhalte auch personelle Veränderungen – eine Entscheidung, die Aida nicht
       leicht gefallen sei.
       
       Seit dieser Nachricht bangen die 50 Beschäftigten um ihre Jobs. „Uns wurde
       danach doch tatsächlich gesagt, wir sollten das Ganze übers Wochenende erst
       mal sacken lassen!“, sagt Müller. Außerdem habe man persönliche Gespräche
       angeboten, „aber ich habe seitdem nichts mehr gehört“.
       
       ## „Null Kommunikation“
       
       Das bestätigt auch Jürgens: „Null Kommunikation“ sei das Kernproblem. Und
       das nicht nur, weil sich niemand gemeldet habe: Weil nach einem
       Hackerangriff die betrieblichen Mailadressen lahmgelegt wurden, stünden die
       üblicherweise genutzten Kanäle still, weshalb man Neuigkeiten immer nur
       „hinten rum“ mitbekäme.
       
       Die Atmosphäre sei schon vor der noch unausgesprochenen Kündigung
       angespannt gewesen, aber der Tenor sei trotzdem immer gewesen: „Alles ist
       gut, wir schaffen das“, so Müller. „Es hieß ja auch, wir holen euch aus der
       Kurzarbeit zurück, wir sind eine Familie und so weiter“, so Jürgens.
       Mittlerweile habe er das Gefühl, man wollte ihn zur Kündigung drängen – was
       er jedoch nicht tun werde.
       
       Nun sind die Beschäftigen seit Anfang September bis auf Weiteres unter
       Fortzahlung der Bezüge von der Arbeit freigestellt. Hierzu hätten sie
       vergangenen Samstag eine schriftliche Mitteilung von Aida erhalten, mit dem
       Zusatz, man könnte sich ja auf neue Stellen bewerben – „aber wie, wenn man
       nicht weiß, was los ist?“, sagt Jürgens.
       
       „Ich schaue mich zwar um, aber ich kann ja auch nicht sagen, ab dem
       Zeitpunkt kann ich anfangen, weil ich nicht weiß, ob ich dann gekündigt
       bin.“ Für Müller ergibt sich die gleiche Schwierigkeit, zudem sei sie – wie
       viele der Beschäftigten – so spezialisiert, dass es schwierig sei, einen
       neuen Job zu finden.
       
       Laut Kunze sei mit der zuständigen Arbeitnehmervertretung mittlerweile ein
       Interessensausgleich und Sozialplan erarbeitet und umgesetzt worden. Dem
       Gewerkschaftsverband Ver.di liegen hierzu keine Informationen vor. „Ich
       interpretiere die Freistellung lediglich als Zwischenlösung“, so Stephan
       Gastmeier, Ver.di-Gewerkschaftssekretär im Fachbereich Verkehr.
       
       „Aida hat mitgeteilt, dass in Zukunft verstärkt auf externe Kräfte gesetzt
       wird.“ Diese würden einmalig zur Ableistung einer bestimmten Aufgabe
       engagiert und erhielten einen Werkvertrag. Auf diese Weise unterliefen
       Unternehmen den Kündigungsschutz.
       
       Der allerdings gilt für die 50 Aida-Beschäftigten sowieso nur bedingt, weil
       das Unternehmen alle Forderungen von Ver.di nach einem erweiterten
       Kündigungsschutz durch einen Tarifvertrag abgelehnt habe. Das Ergebnis:
       „Die haben zum Teil jahrzehntelang für Aida gearbeitet, und trotzdem greift
       der Tarifschutz nicht“, so Gastmeier. Für manche – so wie Müller – werde es
       wohl auf eine Abfindung hinauslaufen.
       
       ## Manchmal 60, 70 Stunden pro Woche gearbeitet
       
       Aus Jürgens' Sicht, der seit zehn Jahren bei Aida tätig ist, wird die
       Neuausrichtung zwangsläufig zu einem Qualitätsverlust im
       Entertainment-Bereich führen: „Ich weiß nicht, wie sie das Niveau halten
       wollen, da steckt ja auch Herzblut drin: Ich hab manchmal nicht 40,
       [3][sondern 60 oder 70 Stunden pro Woche gearbeitet] – und dann hängen da
       ja auch noch mindestens 800 freie Künstler dran.“
       
       Die allerdings hätten Aida-Sprecher Kunze zufolge nichts mit der
       Umstrukturierung zu tun: „Es geht ja hier um die Festangestellten – freie
       Mitarbeiter beschäftigen wir ohnehin immer.“ Noch im Jahr 2018 erhielt Aida
       von Privatsender sonnenklar.TV die „Goldene Sonne“ für das beste
       Entertainmentangebot an Bord von Kreuzfahrtschiffen. Die
       
       Die hohe Qualität, versichert Kunze, werde selbstverständlich auch
       weiterhin gewährleistet.
       
       4 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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