# taz.de -- Saisonstart der Bundesliga: Edelfans mit Piks
       
       > Zum Start der Bundesliga-Saison füllen sich die Stadien wieder und die
       > Diskussion wird hitziger: Soll es auch beim Fußball Impfprivilegien
       > geben?
       
 (IMG) Bild: Fans beim Spiel Dortmund gegen Mönchengladbach am ersten Spieltag der Bundesliga 2020
       
       Als Erling Haaland im Januar 2020 beim 5:1 gegen den 1. FC Köln mit einem
       Doppelpack für [1][Borussia Dortmund] furios in der Bundesliga startete,
       teilte der Senkrechtstarter via Twitter mit: „Worte können meine Gänsehaut
       nicht beschreiben, die ich nach meinem Heimdebüt vor der Gelben Wand
       hatte.“ Dummerweise sollte der Auftritt vor der vollen Fan-Tribüne bald
       Geschichte sein: Wegen der [2][Coronapandemie] hat die norwegische
       Naturgewalt seine Tore seit mehr als einem Jahr nur vor leeren Rängen
       geschossen. Vergangenen Samstag beim SV Wehen Wiesbaden interagierte der
       21-Jährige endlich wieder von Angesicht zu Angesicht mit BVB-Anhängern
       unter 4.882 Zuschauern – und warf neben einer Kusshand auch sein Trikot in
       die Menge.
       
       Eine Woche später werden sogar 25.000 Menschen in Dortmund zum
       Bundesliga-Auftakt gegen Eintracht Frankfurt (Samstag, 18.30 Uhr) dabei
       sein. Es ist die größte Kulisse, die sich für den ersten Spieltag
       ankündigt. Beim Eröffnungsspiel zwischen Borussia Mönchengladbach und dem
       FC Bayern waren es immerhin 23.000, der VfB Stuttgart will 22.500, der 1.
       FC Köln 16.500 Fans begrüßen. Obwohl in Berlin die Inzidenz über 35
       gestiegen ist, erhält Union wegen des „sehr guten Hygienekonzepts“ eine
       Ausnahmegenehmigung für exakt 11.006 Anhänger. Insgesamt werden an den neun
       Spielorten knapp 150.000 Zuschauer erwartet.
       
       Gerade hat der BVB in seine tiefrote Bilanz blicken lassen: Waren zu den
       wettbewerbsübergreifend 23 Heimspielen in der Saison 2018/2019 – ohne
       Corona – knapp 1,8 Millionen Eintrittskarten verkauft worden, durften
       2020/2021 lediglich 21.100 Besucher eingelassen werden. Folglich brachen
       die Einnahmen aus dem Ticketing von 44,7 Millionen Euro fast komplett weg.
       Auch bei „Conference, Catering und Sonstige“ kamen statt 36,6 nur 7,8
       Millionen Euro zusammen. Macht ein Minus von 73 Millionen – fast exakt der
       Fehlbetrag aus dem Geschäftsjahr 2020/2021. Das Rechenbeispiel bei der
       zuschauerträchtigsten Bundesligamarke zeigt, warum BVB-Geschäftsführer
       Hans-Joachim Watzke für „mutige Entscheidungen“ plädiert: „Man kann nicht
       mehr alles damit lösen, indem man den Laden abschließt.“
       
       Ähnlich wird auch am Standort Frankfurt argumentiert. Dort gab das
       Gesundheitsamt grünes Licht für 25.000 Zuschauer zum ersten Heimspiel gegen
       den FC Augsburg – vorausgesetzt, die Sieben-Tage-Inzidenz steigt bis zum
       21. August nicht über 100. Vorstand Axel Hellmann hofft jedoch darauf, dass
       sich der Besucherschnitt am Ende bei 30.000, 35.000 einpendelt, weil es
       Ziel sein müsse, „die Zahl nach oben irgendwann nicht zu begrenzen“. Viele
       Vereine würden gerne mehr wagen – und schon bald wieder auf eine
       Vollauslastung wie in Frankreich oder England zusteuern.
       
       ## „Hospitalisierung und Mortalität“
       
       Doch gerade erst hat die Politik ja bekräftigt: Bei
       Sportgroßveranstaltungen dürfen auch in naher Zukunft maximal 50 Prozent
       der jeweiligen Höchstkapazität belegt werden, die Zuschauerzahl insgesamt
       ist bei 25.000 Zuschauer gedeckelt. Womöglich komme Deutschland nach der
       Bundestagswahl zu anderen Bewertungen, bemerkte Eintracht-Sprachrohr
       Hellmann, der sich neben der Inzidenz auch Kenngrößen wie „Hospitalisierung
       und Mortalität“ als Richtwert wünscht. Die Hessen stellen sich in Sachen
       Zuschauer erneut auf eine „Saison der Unwägbarkeiten“ ein. Ein Hoffen und
       Bangen von Spieltag zu Spieltag.
       
       Große Unterschiede zeigen sich beim Umgang mit Ungeimpften. Bei Borussia
       Dortmund werden nur 1.000 getestete Personen im Stadion sein, die Mehrzahl
       ist geimpft oder genesen. Mit der sogenannten „2G“-Strategie will auch der
       1. FC Köln ab dem zweiten Heimspiel gegen den VfL Bochum verfahren und bei
       Nichtgeimpften nur noch wenige Ausnahmen machen, die Kinder und Menschen
       mit medizinischen Gründen betreffen. Kölns Geschäftsführer Alexander Wehrle
       will vor allem den geimpften Fans „eine Perspektive bieten“.
       
       An diesem Punkt scheiden sich die Geister. „Einen reinen Zugang nur für
       Geimpfte können wir uns nicht vorstellen“, sagte Frankfurts
       Vorstandssprecher Hellmann, weshalb in die Arena auch 5.000 getestete
       Personen Zutritt finden sollen. Ohne „eine Teilhabe für alle“ würde
       ausgerechnet der Profifußball „den Riss durch die Gesellschaft“ vergrößern.
       Auch Geschäftsführer Jan Mayer von der TSG Hoffenheim befürchtet eine
       „Impfpflicht durch die Hintertür“. Einig sind sich alle, dass Impfungen
       „der Schlüssel für alles“ (Watzke) sind.
       
       Viele Vereine bekämpfen daher die Impfmüdigkeit gleich selbst – und nehmen
       die lange Absenz als Lockmittel. Köln bietet am Sonntag vor dem Heimspiel
       gegen Hertha BSC eine Impfung mit dem Vakzin von Johnson&Johnson an – und
       gleichzeitig eine Option auf Tickets fürs Bochum-Spiel. Der SC Freiburg
       will 1.100 Freikarten für eine Partie im neuen Stadion an Personen
       ausgeben, die sich an diesem Wochenende auf der Freiburger Messe den ersten
       Piks abholen.
       
       13 Aug 2021
       
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