# taz.de -- Theorie im Song
       
       > Wie es sich anhören kann, wenn ein Kulturpolitiker ernst macht
       
 (IMG) Bild: Ernste mittelalte Männer im Bühnennebel: Hamburgs Kultursenator liest, die Band Das Weeth Experience dröhnimprovisiert
       
       Von Alexander Diehl
       
       Dass die Kultur keine Nebensache sei, zuerst eingespart und zuletzt wieder
       ermöglicht: so was muss ein dafür Verantwortung tragender Politiker sagen.
       Hat Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda auch getan, wiederholt, auch in
       diversen anderen Funktionen, etwa als Präsident des Deutschen
       Bühnenvereins. Nicht immer wirkte es, als würden die, an die sich der
       Sozialdemokrat damit richtete, auch zuhören: Die Kirchen wurden eben doch
       anders behandelt, in Shutdown- und Wiederöffnungsfragen, als die Theater.
       
       Einen Skandal hat Brosda diese Schieflage jetzt genannt, vermutlich auch
       zum wiederholten Mal; getan hat er das in einem ungewöhnlichen Rahmen. Kein
       Festival galt es zu eröffnen, keinen Kongress. Ein Konzert war’s, auf einer
       temporär umgewidmeten Rollschuhbahn in einer Grünanlage; und Brosda war
       nicht bloß Grüßonkel, sondern Hauptprogramm. Nein, die Les Paul hat er sich
       nicht umgeschnallt, den Blues, so er ihn denn verspürt, spielt er vorerst
       mit anderen, eigenen Mitteln: Am frühen Freitagabend sang er nicht, noch
       rappte er: Er las vor, eigene Texte, und begleitete damit das instrumentale
       Wüstendröhnen des Hamburger Trios Das Weeth Experience.
       
       Gut – genauso richtig wäre zu sagen, die Band mit ihren Improvisationen auf
       E-Gitarre, -Bass und Schlagzeug hätten den Behördenchef begleitet mit
       seinen Ausführungen zu Pandemie und Kunst, Teilhabe und den Vorzügen (aber
       auch Nachteilen) einer alphabetisch sortierten Plattensammlung; immerhin
       kennen Brosda und die Das-Weeth-Musiker sich aus deren Plattenladen: Da
       erhole er sich, heißt es, „vom Regieren“. Die Texte stammten aus einigen
       von Brosdas Büchern; dazu kamen freiere Überlegungen, auch zu seiner
       kleinen Tradition, mit dem Hashtag [1][#TruthInSong] Liedzeilen zu tweeten,
       die ihm passend zur Zeit erscheinen.
       
       Ein durchaus nerdiges, ja: ein echtes Jungsding, das die vier da zelebriert
       haben. Nicht zum ersten Mal: Im Dezember, ohne Publikum, waren sie
       [2][schon mal aufgetreten] und hatten per Stream 3.000 Euro erlöst für eine
       Bedürftigen-Küche in Hamburg-St. Pauli. Der jüngste Auftritt nun war Teil
       des Hamburger Post-Pandemie-Programms, Kulturförderung ganz praktisch also.
       
       28 Jul 2021
       
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