# taz.de -- Entscheidung zum Riff verschoben: Australien rettet Welterbe-Status
       
       > Das Great Barrier Reef stirbt zwar weiter, doch die Unesco setzt das
       > „Weltnaturerbe“ erst mal nicht auf die Liste der gefährdeten Kulturgüter.
       
 (IMG) Bild: Falscher Clownfisch Amphiprion ocellaris in Prachtanemone Heteractis magnifica, Great Barrier Reef
       
       Canberra taz | Die beispiellose Lobbyarbeit der australischen Regierung in
       den letzten Tagen hat sich für Canberra ausbezahlt: das Great Barrier Reef
       (GBR) kommt vorerst nicht auf die Rote Liste der gefährdeten
       Weltkulturgüter. Ein Komitee der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft,
       Kultur und Kommunikation (Unesco) entschied im chinesischen Fuzhou mit
       klarer Mehrheit, eine entsprechende Empfehlung ihres Expertenkomitees nicht
       anzunehmen und den Entscheid um ein Jahr zu verschieben.
       
       [1][Die größte Korallenriffformation der Welt ist als Folge global
       steigender Wassertemperaturen akut von Korallenbleiche und damit dem
       Absterben bedroht]. Unterwasserhitzewellen seien eine Folge der globalen
       Klimaveränderung, sagen Meereswissenschaftler. Studien zufolge sind bereits
       50 Prozent der Riffe zerstört. Die australische Regierung soll nun einen
       weiteren Bericht über den Zustand des Riffs und die Erhaltung des
       einzigartigen Ökosystems erarbeiten und der Unesco vorlegen.
       
       Canberra hatte einen massiven Imageschaden erwartet, sollte das Riff auf
       die Rote Liste genommen werden. Die Folgen für die Wirtschaft wären
       ebenfalls schwer gewesen: das GBR ist eine der wichtigsten Ziele für
       Australien-Besucher. Ob Tauchtouren, Schnorcheln oder Hotellerie: rund 60
       000 Menschen leben vom Rifftourismus entlang der Küste des Bundesstaates
       Queensland. Nachdem die Unesco im Juni die Empfehlung ihrer Experten
       veröffentlicht hatte, delegierte die australische Regierung
       Umweltministerin Sussan Ley ab, um in Madrid, Sarajevo, Paris, Oman,
       Budapest und auf den Malediven die jeweiligen Regierungen zu überzeugen,
       gegen das Vorhaben zu stimmen. Gleichzeitig hatte Canberra die Botschafter
       aus 13 Ländern ans Riff eingeladen, um sich während einer Schnorcheltour
       einen Eindruck von der Situation zu verschaffen.
       
       Ley dankte den Delegierten am Freitag für ihre Unterstützung. Die
       australische Regierung investiere Millionen, um die Wasserqualität zu
       verbessern und Korallen fressende Seesterne zu bekämpfen. Ein Aktionsplan
       zum Schutz des Riffs müsse erst mehr Wirkung zeigen, bevor darüber
       entschieden werden könne, ob es als Welterbe gefährdet sei. Viele der
       Delegierten meinten während der Sitzung, Australien leiste gute Arbeit beim
       Schutz des Riffs, etwa bei der Verbesserung der Wasserqualität.
       
       Umweltschutzorganisationen wie der World Wide Fund of Nature (WWF) dagegen
       kritisieren, der von Ley genannte Plan gehe das Kernproblem des
       Korallenriffs nicht an, den Klimawandel. Dies, obwohl selbst die
       Wissenschaftler der Regierung „Klimaveränderungen als wichtigste Bedrohung
       für das Riff identifiziert haben“, so die Organisation. Die Reduktion der
       Treibhausgasemissionen müsse zentral sein bei jedem „glaubwürdigen Plan zum
       Schutz des Riffs“.
       
       ## Kein Plan gegen den Klimwandel
       
       [2][Australien ist einer der führenden Produzenten und Exporteure von
       klimaschädigenden Rohstoffen] wie Kohle und Erdgas und hat unter den
       industrialisierten Ländern eine der höchsten CO2-Emissionsraten pro Kopf.
       Gleichzeitig weigert sich das Land, ernsthaft Maßnahmen zur Reduktion von
       Treibhausgasemissionen zu unternehmen. Während die meisten vergleichbaren
       Länder CO2-Neutralität bis 2050 oder früher anstreben, will sich Australien
       dafür keine Frist setzen. Es hat sich nur verpflichtet, seine Emissionen
       bis 2030 um mindestens 26 Prozent zu reduzieren, basierend auf dem Stand
       von 2005.
       
       Daniel Gschwind, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Tourism Industry
       Council, meinte nach der Entscheidung der Unesco, das Riff werde von der
       Tourismusindustrie gut verwaltet. „Aber wir müssen uns diesen
       Herausforderungen frontal und ehrlich stellen“, so der gebürtige Schweizer.
       „Wir sind es uns allen schuldig, uns an die Wissenschaft zu halten“. Ob die
       Entscheidung der Unesco jetzt oder in Zukunft gefällt werde: „Ich glaube
       fest, dass dies unser Aufruf an die Welt sein muss, mehr gegen den
       Klimawandel zu tun. Das Riff ist bedroht und wir müssen etwas dagegen tun.“
       
       23 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Bedrohtes-Naturwunder-in-Australien/!5781846
 (DIR) [2] /NGO-Urgewald-gegen-die-Deutsche-Bank/!5698905
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Urs Wälterlin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Great Barrier Reef
 (DIR) Australien
 (DIR) Klima
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) GNS
 (DIR) Australien
 (DIR) Klimakonferenz in Dubai
 (DIR) Festival
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Great Barrier Reef
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Eine Milliarde für Great Barrier Reef: „Pflaster auf gebrochenes Bein“
       
       Die australische Regierung will eine Milliarde australische Dollar ins
       Barrier Reef stecken. Von diesem Betrag geht kein Cent in den Klimaschutz.
       
 (DIR) Klimaschurke Australien: Wischiwaschi aus Canberra
       
       Australiens Regierung denkt nicht daran, die heimische Kohleindustrie in
       die Schranken zu weisen. Experten halten die Klimapläne für „Lügen“.
       
 (DIR) 3-D-Videoinstallationen in Berlin: „Küsten machen uns symbiotisch“
       
       Feuchtgebiete sind ökologisch wichtig. Davon erzählen Sonia Mehra Chawla
       und Miriam Walsh in 3-D-Videoinstallationen, vorgestellt in Berlin.
       
 (DIR) Handel und Klimawandel: Kauft kein australisches Erdgas
       
       Australien macht nicht mit beim internationalen Kampf gegen die
       Erderwärmung. Auch Deutschland müsste der Regierung in Canberra mehr Druck
       machen.
       
 (DIR) Bedrohtes Naturwunder in Australien: Streit ums Great Barrier Reef
       
       Australien will Herabstufung des Korallenriffs durch die Unesco verhindern
       – aber die eigene Politik nicht verändern.
       
 (DIR) Klimawandel schädigt Barrier Reef: Von schlecht zu sehr schlecht
       
       Das unter der Klimaerhitzung leidende Great Barrier Reef soll auf die Rote
       Liste des gefährdeten Welterbes gesetzt werden. Australien protestiert.
       
 (DIR) NGO Urgewald gegen die Deutsche Bank: Kohlesündern unter die Arme greifen
       
       Die Deutsche Bank unterstützt den Adani-Konzern bei einer Anleihe. Dieser
       baut in Australien die größte Kohlemine der Welt. Das sorgt für Proteste.