# taz.de -- Bürgerforschung an der Uni Bremen: Alle dürfen forschen
       
       > Die Uni will ihre Forschung für Bürger*innen öffnen. In den Projekten
       > geht es um Pflege, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Mobilität im
       > Alter.
       
 (IMG) Bild: Wer beim Projekt „Ginger“ mitmacht, erforscht, wie es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt steht
       
       bremen taz | Nicht über, sondern mit Menschen sprechen: Das ist das
       Wissenschaftsverständnis, das [1][an der Universität Bremen] vier Projekte
       vertreten. Bürger*innen können bei der Forschung mitmachen, zum Beispiel
       selbst Interviews führen oder auswerten.
       
       Partizipative Forschung, Bürgerforschung, Citizen Science: Das sind ein
       paar der vielen Namen für das, was in den vier Projekten gerade versucht
       wird. Keine neue Idee, denn schon 1900 zählten in den USA zu Weihnachten
       Menschen ohne ornithologischen Hintergrund Vögel. Aber eine mit Zukunft,
       findet das Bundesministerium für Wissenschaft und Technik und fördert die
       Projekte mit jeweils bis zu 600.000 Euro.
       
       „Wir wollen Verständnis auf Augenhöhe“, sagt Sarah Göhmann vom Projekt
       „Ginger“. Es startet im Herbst und soll gesellschaftlichen Zusammenhalt
       erforschen. Die Idee sei, dass Menschen den gesamten Forschungsprozess
       mitmachen, auch wenn sie selbst nicht aus der Wissenschaft kommen. Im Falle
       von „Ginger“ sieht das so aus: Zunächst gibt es eine kurze Bewerbungsphase
       im Sommer, das Team verteilt Flyer und Plakate, spricht mit Jugend- und
       Quartiersvereinen in der Stadt, um interessierte Menschen zu finden.
       
       Danach sollen in kleinen Workshops die Grundlagen der
       sozialwissenschaftlichen Forschung erlernt werden. Das sei aber möglichst
       unkompliziert gestaltet, sagt Göhmann: „Wir schmeißen den Leuten nicht
       Begriffe wie Reliabilität oder Validität an den Kopf, sondern arbeiten aus
       ihrer Erfahrung heraus.“
       
       Die Wissenschaftler*innen helfen dann den Bürger*innen bei der
       Umsetzung ihrer eigenen Forschung – in ihrer Nachbarschaft zum Beispiel
       oder im Fußballverein. Wie sie sich einbringen wollen, sei den Menschen
       freigestellt, sagt Göhmann, niemand verpflichte sich zu irgendetwas.
       
       „Wir haben eigentlich zwei Ziele“, sagt Tanja Kruse vom Socium Bremen. Sie
       betreut ein anderes Bürgerforschungsprojekt, durch das die Bedingungen für
       Pflegende im Ammerland verbessert werden sollen. „Wir möchten inhaltlich
       forschen, aber auch gucken, wie Bürgerforschung gut gelingen kann“, sagt
       Kruse. Dafür arbeitet das Team mit der Kreisvolkshochschule im Ammerland
       zusammen. Dort sollen sich die interessierten Menschen zukünftig treffen.
       
       Gerade läuft online die Vortragsreihe des Projekts, ab Januar können
       interessierte Menschen in einer Forschungswerkstatt wissenschaftliches
       Arbeiten lernen und im Anschluss selbst forschen – zum Beispiel, indem sie
       auf einem Tablet die Zeit dokumentieren, die sie mit der Pflege von
       Angehörigen verbringen.
       
       In Bremen gibt es neben [2][„Ginger“ und dem Pflegeprojekt „Be Wizzard“
       noch „Afoot“] zum Thema Mobilität im Alter sowie ein Projekt, bei dem
       Bürger*innen für das Geologische Institut Steine sammeln können.
       „Ginger“ und „Be Wizzard“ werden vom Bundesministerium für Wissenschaft und
       Forschung gefördert, so wie 13 andere Projekte bundesweit.
       
       ## Bürgerunis im Trend
       
       Mit Aufnahmegeräten und Statistikprogrammen beladene Rentner*innen und
       Jugendliche – das liegt im Trend. Unis wie Frankfurt und Düsseldorf
       verstehen sich schon als Bürgeruniversitäten.
       
       Eine realistische Idee? „Dazu muss man erst mal die Ressourcen haben“, sagt
       Sarah Göhmann, „wir können den Leuten nichts zahlen. Es ist also
       ehrenamtlich.“ Dessen sei man sich aber bewusst, sagt Göhmann, und deswegen
       sei das Projekt möglichst flexibel, kostenlos, die Einstiegshürden niedrig.
       „Eigentlich wollen wir besonders die Leute ansprechen, die sonst mit
       Wissenschaft nicht viel zu tun hatten“, sagt sie. Und letztendlich könne
       das Projekt ja auch selbst gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken, durch
       mehr Vertrauen in und Verständnis für Wissenschaft.
       
       Und auch „Be Wizzard“ sieht sich nicht bloß als Forschungsprojekt. Die
       Forscher*innen wollen auch ältere Leute zusammenbringen, Einsamkeit
       vorbeugen und älteren Menschen eine Aufgabe geben und so positive Aspekte
       des Alterns hervorheben, sagt Tanja Kruse. „Be Wizzard“ läuft jetzt noch
       drei Jahre, „Ginger“ vier. „Unsere Aufgabe als Wissenschaft ist die“, sagt
       Kruse: „Erkenne ein Problem und löse es.“
       
       9 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Neue-Treuhandstiftung-an-der-Bremer-Uni/!5785968
 (DIR) [2] https://www.uni-bremen.de/kooperationen/uni-gesellschaft/buergerforschung
       
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