# taz.de -- Malte Voigt über Profihandball: „Ein Haifischbecken“
       
       > Handballer Malte Voigt ist beim THW Kiel eingesprungen, weil die
       > Stammlinksaußen ausgefallen waren. Nach der Meisterschaft ist der
       > Abstecher vorbei.
       
 (IMG) Bild: Titelgewinn mit den Profis vom THW Kiel: Malte Voigt (2.v.r.) hat ausgeholfen
       
       Herr Voigt, gerade noch [1][Meisterschaftsparty mit dem THW Kiel], jetzt
       wieder Dritte Liga. Wie fühlt es sich an, zurück beim TSV Altenholz? 
       
       Malte Voigt: Das ist für mich ein starkes Heimatgefühl, weil ich seit 2014
       hier spiele und ein Zuhause gefunden habe. Ich freue mich, in der nächsten
       Saison wieder eine größere Rolle auf dem Spielfeld zu spielen. Das ist in
       der Zeit etwas verloren gegangen. Auch wenn es beim [2][THW] ein super
       Weltklasseniveau ist, ist meine Spielzeit ein bisschen kurz gekommen, als
       wir zu dritt auf der Position waren. Am Ende stand ich nur noch sporadisch
       auf dem Platz.
       
       Konnten Sie sich in den Spielen und dem Training beim THW etwas abgucken? 
       
       Technisch konnte ich mir vor allem bei Magnus Landin etwas abgucken. Zum
       Beispiel, wie man den Arm bewegt, um den Torhüter zu bewegen. Was aber auch
       mitreißend und beeindruckend ist, ist die Einstellung der Jungs: Sich auf
       den Punkt fokussieren zu können, um auf hohem Niveau zu spielen, in einer
       Saison mit eng getaktetem Spielplan. Ich habe auch gelernt, Gelassenheit zu
       bewahren. Mit Niklas Landin hatte ich den besten Torhüter der Welt auf dem
       Platz. Nichts gegen unsere Torhüter aus Altenholz, aber das ist eine andere
       Welt, jetzt bei denen im Ligabetrieb zu werfen. Ich bin weniger nervös,
       weil ich mit Selbstbewusstsein wiederkomme und freue mich, das in Altenholz
       als mittlerweile erfahrenster Spieler in die Waagschale zu werfen und
       Erfolge zu feiern.
       
       Hadern Sie manchmal damit, dass Sie es trotz des jahrelangen Trainings
       nicht weiter als in die Dritte Liga geschafft haben? 
       
       Ich glaube, es ist normal, mal zu hadern. Gerade auf dem Level, auf dem ich
       mich jahrelang bewegt habe: Zwischen Profitum und Amateursport. Letztlich
       haben wir in der Dritten Liga vom Training annähernd denselben Aufwand wie
       in der [3][Bundesliga]. Es kommt dabei nur weniger rum. Der Spaß steht im
       Vordergrund. In Kiel habe ich eine Heimat gefunden und wir sind in der
       Tabelle immer unter den ersten drei gelandet. Dadurch, dass der Verein in
       Altenholz familiär ist und professionelle Strukturen hat, war das ein
       großer Wohlfühlfaktor für mich und ich trauere keinen Entscheidungen nach.
       Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es mich nicht ärgert, nach all
       den Jahren kein gestandener Profi zu sein. Aber so konnte ich mir immerhin
       das Studium finanzieren und unabhängig von meinen Eltern leben.
       
       Wenn der Aufwand zur Ersten Liga ähnlich ist, welche Unterschiede haben Sie
       beim THW bemerkt? 
       
       Das Gehaltsgefüge. Der Kollege Sven Ehrichs ist einmal sieben Minuten zu
       spät gekommen und musste fast 200 Euro in die Mannschaftskasse zahlen. Jede
       weitere Minute kostet 25 Euro. Aber unsere Kasse in Altenholz ist für das
       Gehalt, was wir bekommen, auch üppig und man muss aufpassen. Um über den
       Aufwand zu sprechen: In Altenholz sind die Spiele am Wochenende. Deshalb
       können wir anders trainieren.
       
       Inwiefern? 
       
       In einer Saison wie jetzt, wo wir [4][mit dem THW drei Spiele die Woche]
       hatten, wird da kaum noch trainiert, weil alle erst mal ihre Blessuren
       auskurieren müssen. Es wird taktisch gearbeitet und Feingefühl ist
       gefordert. Ich würde fast behaupten, dass wir über die Länge der Saison mit
       Altenholz härter trainieren als mit dem THW. Dafür gibt es im Training dort
       detaillierte Briefings, wann man sich zu bewegen hat. Für einen Filip Jicha
       reichen drei Vokabeln, dann wird einmal gefragt, ob es alle gecheckt haben
       und erwartet, dass es funktioniert. Wenn man so blöd war und Ja gesagt hat,
       ohne es zu checken, war man der Buhmann. Auf dem Niveau ist Druck da, da
       muss jeder mit umgehen können. Sonst hat man da nichts zu suchen. Sport ist
       da ein Haifischbecken.
       
       Wovon hängt es in Deutschland ab, Handball-Profi zu werden? 
       
       Das ist so ein Dreiergeflecht aus Talent, Fleiß und Lockerheit im Kopf. Es
       gibt viele Jungs, die in ihren letzten Jugendjahren technisch überragend
       sind, aber es kopfmäßig nicht hinbekommen, ihr Können im Spiel unter
       Leistungsdruck und Zuschauern umzusetzen. Was man auch nicht unterschätzen
       darf, ist das Situationsglück, auf eine bestimmte Position zu rutschen, die
       gerade neu besetzt werden muss.
       
       Was hat Ihre eigene sportliche Karriere am meisten beeinflusst? 
       
       Als ich mit 19 meinen ersten Profivertrag in Flensburg hatte, war ich so
       heimatverbunden, dass ich nicht von hier oben weggegangen wäre. Die
       Entscheidung hätte ich vielleicht anders machen sollen. Man weiß aber auch
       nicht, was dann dabei rausgekommen wäre. Deshalb hadere ich nicht.
       Rückblickend hätte ich mir gewünscht, dass ich damals noch ein bisschen
       fleißiger gewesen wäre. Ich habe sehr von meinem Talent gelebt. Und bei mir
       war früher auch der Kopf das Hindernis. Während meiner ersten zwei
       Profijahre war ich mental noch nicht stark genug, um auf Augenhöhe mit
       gestandenen und hierarchischen Persönlichkeiten zu spielen.
       
       Rechnen Sie sich Chancen aus, nochmal in Ihrer Karriere in der Ersten
       Bundesliga zu spielen? 
       
       Ich bin mehrfach von spontanen Angeboten überrascht worden. Eigentlich habe
       ich mit Ende 20 immer gesagt, ich konzentriere mich jetzt auf die Karriere
       danach und will meinen Lebensmittelpunkt nicht mehr verlagern. Aber oft ist
       es irgendwie doch spontan möglich. Dementsprechend würde ich auch jetzt
       nicht „Nie“ sagen. Aber ich würde es mir von Jahr zu Jahr immer genauer
       überlegen.
       
       18 Jul 2021
       
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