# taz.de -- Diplomatische Beziehungen: Neuer Ton in US-Botschaft
       
       > Amy Gutmann soll die nächste US-Botschafterin in Deutschland werden.
       > Dabei könnte sie auch einfach in den Ruhestand gehen.
       
 (IMG) Bild: Mit Joe Biden hält Amy Gutmann eine lange Verbindung (Foto vom 15. Januar 2016 in Philadelphia, USA)
       
       Wenn der US-Senat sie bestätigt, wird die 71-jährige Amy Gutmann die
       nächste US-Botschafterin in Deutschland werden. Die Nominierung der
       langjährigen Präsidentin der University of Pennsylvania durch US-Präsident
       [1][Joe Biden] meldete zuerst der Spiegel. Gutmann ist die erste weibliche
       US-Botschafterin in Deutschland.
       
       Zu Deutschland hat Gutmann eine familiäre Verbindung: Ihr Vater Kurt
       Gutmann stammte aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie im fränkischen
       Feuchtwangen. Angesichts der Bedrohung durch die Nazis emigrierte er 1934.
       Er hatte in die USA auswandern wollen, wurde dort aber nicht aufgenommen.
       Stattdessen ging er nach Indien und lebte bis 1948 in Bombay. Erst als er
       eine New Yorkerin kennenlernte und heiratete, siedelte er in die USA über,
       wo Amy Gutmann 1949 als erstes Kind des Ehepaars zur Welt kam.
       
       Amy Gutmann hat sich in der akademischen Welt einen Namen gemacht. Seit
       2004 steht die Philosophin und Politikwissenschaftlerin an der Spitze der
       renommierten University of Pennsylvania, ihr Vertrag wurde immer wieder
       verlängert und läuft bis 2022. So lange hat noch niemand vor ihr die Uni
       geleitet. Laut deren Website nutze sie ihre Amtszeit für jede Menge
       Innovationen – allen voran die Senkung der Studiengebühren für
       Student*innen aus weniger begüterten Familien.
       
       Das passt zu Gutmanns wichtigsten Themen: Ethik- und Gerechtigkeitsfragen.
       Über Ungerechtigkeiten im Bildungs- und Gesundheitssystem der USA hat sie
       immer wieder geschrieben und sich auch mit Beiträgen in den US-Medien in
       die Debatten eingemischt.
       
       ## Kurzerhand bei Die-in mitgemacht
       
       Als 2014 eine Party bei ihr zu Hause von einer Demonstration gegen den Tod
       des Schwarzen Michael Brown in Ferguson unterbrochen wurde, schloss sie
       sich dem Protest kurzerhand an und legte sich mit den Demonstrierenden in
       einem Die-in auf den Boden – was ihr Kritik aus Teilen der Polizei
       einbrachte.
       
       Der Wechsel in eine diplomatische Karriere ist ungewöhnlich für eine
       Akademikerin, die sich genauso gut in den Ruhestand begeben, ihren ohnehin
       schon vielen Buchveröffentlichungen weitere hinzufügen und hochbezahlte
       Vorträge halten könnte. Aber mit Joe Biden hält sie eine lange Verbindung
       und die Idee des Multilateralismus ist ihr wichtig.
       
       Wenn sie tatsächlich nach Berlin kommt, wird der Botschafterposten nach
       langer Interimsbesetzung wieder richtig ausgefüllt sein. Der letzte
       offizielle Amtsinhaber war Richard Grenell. Der rüpelige Kettenhund
       [2][Donald Trumps] hatte schon vor seinem Amtsantritt verkündet, seinen
       Posten vor allem nutzen zu wollen, um die europäische extreme Rechte zu
       stärken. In wenigen Monaten brach er mit allen diplomatischen
       Gepflogenheiten und hinterließ die deutsch-US-amerikanischen Beziehungen in
       Scherben.
       
       Mit Gutmann wird ein vollkommen anderer Ton einziehen. Aber spielen kann
       mit der Politologin niemand: Gutmann ist eine starke, von sich selbst
       überzeugte Führungsfigur.
       
       1 Jul 2021
       
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