# taz.de -- Afrikanische Union spaltet Afrika: Fußtritte und Morddrohungen
       
       > Während einer laufenden Sitzung im Panafrikanischen Parlament kommt es zu
       > Prügelszenen. Grund sind die Differenzen zwischen Afrikas
       > Regionalblöcken.
       
 (IMG) Bild: Emmerson Mnangagwa (li) and Vize-Präsidet Constantino Chiwenga (re) im Dezember 20219
       
       Johannesburg taz | Ein Delegierter drohte einem anderen mit dem Tod. Ein
       Parlamentarier trat eine Kollegin mit Füßen. Eine Parlamentarierin griff
       einen Kollegen mit Desinfektionsmittel an. Die brutalen Szenen im
       Panafrikanischen Parlament, das parlamentarische Organ der
       [1][Afrikanischen Union (AU)], werden in Afrikas Geschichtsbücher eingehen,
       zur Schande des Kontinents.
       
       Dass die Sitzung des AU-Parlaments im südafrikanischen Midrand im Fernsehen
       übertragen wurde, hinderte rivalisierende Gruppen nicht daran, die Kammer
       am Montag in eine Kriegszone zu verwandeln. Sie sorgten für eine Aussetzung
       der Wahl eines neuen Parlamentspräsidenten, aber ihre Wirkung geht tiefer:
       Spannungen und Spaltungen zwischen den regionalen Machtblöcken Afrikas
       wurden offengelegt.
       
       Am schockierendsten war, wie der Senegalese Djibril die Südafrikanerin
       Pemmy Majodina mit Fußtritten malträtierte – im Parlament eines Kontinents,
       wo Gendergewalt ein besonders großes Problem ist. Die Simbabwerin Barbara
       Rwodzi benutzte ihr Handdesinfektionsmittel als Spraywaffe gegen einen
       nicht zu erkennenden weglaufenden Kollegen. Rufe nach einem Eingreifen der
       Polizei erwiesen sich als vergeblich, da keine aufzufinden war.
       
       Das Panafrikanische Parlament hatte sich zuvor massiv darüber zerstritten,
       ob seine Führung direkt gewählt oder zwischen Afrikas Regionen rotieren
       soll. Das südliche Afrika tritt für das Rotationsprinzip ein, das auf Ebene
       der AU insgesamt gilt sowie bei der Regionalorganisation SADC
       ([2][Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika]).
       
       ## Empörung in Südafrika
       
       Aber Westafrika ist dagegen, ebenso das östliche Afrika. Das sorgt für
       Empörung in Südafrika, wo das Parlament tagt: Der südafrikanische
       Oppositionsführer Julius Malema soll damit gedroht haben, einen anderen
       Parlamentarier zu töten. Der Streit wurde der AU-Rechtsabteilung vorgelegt.
       Die entschied zugunsten des Rotationsprinzips, da das Parlament den
       AU-Regeln zu folgen habe.
       
       AU-Kommissionspräsident Moussa Faki Mahamat äußerte sich schockiert. „Die
       schockierenden Gewaltszenen im Panafrikanischen Parlament beschmutzen das
       Bild dieser ehrwürdigen Institution“, sagte der Politiker aus Tschad. „Ich
       rufe alle Parlamentarier dazu auf, zur Besinnung zu kommen und sich an die
       Verfahrensregeln der Institution zu halten.“
       
       Aber der Streit ist nicht ausgestanden. Am Dienstag verurteilte die
       südafrikanische Delegation im Parlament die „frechen“ Versuche Ost- und
       Westafrikas, den AU-Beschluss zum Rotationsprinzip zu missachten und „die
       Einheit des Kontinents zu untergraben“. Das geografische Rotationsprinzip
       sei in der AU „gut eingeführt“, hieß es. Ost- und Westafrika „nutzen ihre
       Mehrheit im Parlament, damit nur ihre eigenen Kandidaten die
       Parlamentspräsidentschaft bekleiden, und um sich dagegen zu schützen, ihre
       Verwendung des Parlamentsetats offenzulegen“.
       
       Das Panafrikanische Parlament wurde im Jahr 2004 als legislatives Organ der
       AU gegründet. Es hat beratende Funktion und ist nicht direkt gewählt. Es
       hält derzeit die vierte Sitzungsperiode seiner fünften Legislaturperiode
       ab, unter dem AU-Jahresmotto für 2021 „Jahr der Kunst, der Kultur und des
       Erbes“.
       
       Die Sitzungsperiode läuft noch bis zum 4. Juni. Am Dienstagnachmittag
       sollten die Sitzungen weitergehen – unklar blieb zunächst, ob es doch noch
       einen Versuch geben würde, den Parlamentspräsidenten per Wahl zu bestimmen.
       Derzeit bekleidet den Posten Chief Fortune Charumbira aus Simbabwe. Er
       übernahm das Amt im März von Bouras Djamel aus Algerien, der es mit der
       Parlamentsauflösung in seinem Heimatland abgeben musste.
       
       1 Jun 2021
       
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