# taz.de -- Nach dem Corona-Impfgipfel: Impfen für alle!
       
       > Die Bund-Länder-Runde hat eine Chance verpasst. Bei den Hausärzt:innen
       > sollte die Impfpriorisierung nicht erst im Juni aufgehoben werden –
       > sondern sofort.
       
 (IMG) Bild: Leider noch geschlossen: Impfzentrum in der Sport- und Kongresshalle Schwerin
       
       Für Kanzlerin Angela Merkel war es eine gute Botschaft. [1][Spätestens ab
       Juni könne sich jede:r um eine Impfung bemühen.] Bis dahin solle aber
       ausschließlich die dritte Prioritätengruppe geimpft werden, zu der unter
       anderem die 60- bis 70-Jährigen gehören wie auch die Polizei, die Feuerwehr
       und die Beschäftigen des Lebensmitteleinzelhandels.
       
       Damit sind Vorstöße von Ärzteverbänden vorerst gescheitert, die
       Impfpriorisierung zumindest bei Hausärzt:innen aufzugeben. Auch der
       bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte das – erfolglos –
       unterstützt. Die Chance ist aber nicht dauerhaft vertan. Schließlich ist
       für die Corona-Impfverordnung der Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
       zuständig. Er kann die Verordnung auch ohne einen Bund-Länder-Konsens
       ändern.
       
       [2][Wohl niemand stellt infrage, dass die Impfpriorisierung grundsätzlich
       eine richtige Idee war.] Als die Impfstoffproduktion im Winter erst langsam
       anlief, sollten zunächst die über 80-Jährigen geimpft werden sowie ihre
       Ärzt:innen und ihr Pflegepersonal. Die Konzentration auf die
       Verletztlichsten war nicht nur ethisch korrekt, sondern auch medizinisch
       erfolgreich. Während in der zweiten Corona-Welle zeitweise jede:r zweite
       Tote aus einem Pflegeheim stammte, sind es heute nur noch etwa drei
       Prozent.
       
       Doch inzwischen steht viel mehr Impfstoff zur Verfügung als im Januar. Seit
       drei Wochen impfen auch Hausärzt:innen. Pro Woche gehen derzeit 2,25
       Millionen Impfdosen an Impfzentren und eine weitere Million Dosen an
       Arztpraxen. Man kann nun also durchaus beides machen. In den Impfzentren
       sollte weiter nach Priorität geimpft werden, dagegen könnte bei den
       Hausärzt:innen jede:r zum Zug kommen.
       
       ## Es gibt schon Ausnahmen
       
       Wenn die Ärzt:innen nicht strikt nach staatlich vorgegebener Priorität
       impfen müssten, würde ihnen das viel bürokratischen Aufwand sparen. Den
       Nutzen hätte aber die ganze Gesellschaft, weil dadurch die Impfkampagne
       insgesamt schneller vorankäme. Und auch die Ärzt:innen werden sicherlich
       nach ethischen Kriterien vorgehen (und nicht nur ihre Freund:innen und
       deren Freund:innen impfen).
       
       Die Impfpriorisierung ist ohnehin schon aufgeweicht. Vier Bundesländer –
       Bayern, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen – verimpfen bereits
       jetzt AstraZeneca an alle, die damit geimpft werden wollen. Sie nutzen
       dabei eine Ausnahmeklausel der Impfverordnung, die eine „zeitnahe
       Verwendung vorhandener Impfstoffe“ sicherstellen soll.
       
       Wenn demnächst die Betriebsärzt:innen in die Impfkampagne einbezogen
       werden, müssen sie wohl auch von der Priorisierung ausgenommen werden.
       Schließlich ist es sinnvoll, in einem Betrieb alle Beschäftigen auf einmal
       zu impfen und nicht nach dem Alter zu differenzieren.
       
       ## Stures Beharren auf Regeln schadet
       
       Wenn nun zumindest ein Teil der Impfkampagne für alle geöffnet wird, wäre
       das auch gut für die Akzeptanz der Coronamaßnahmen insgesamt. Immerhin wird
       derzeit auch über Lockerungen für Geimpfte und Genesene diskutiert. Wer
       besonders unter Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen leidet, könnte sich
       dann auch nachdrücklich um eine Impfung bemühen und sich vertrauensvoll an
       sein:e Ärzt:in wenden.
       
       [3][Die Logik des Impfgipfels war leider umgekehrt.] Lockerungen für
       Geimpfte und Genesene werden bis Ende Mai verzögert, obwohl sie heute schon
       möglich und vermutlich auch rechtlich geboten wären. Grund dafür ist wohl,
       dass erst ab Juni alle Bürger:innen Zugang zur Impfung haben.
       
       So erhöht das sture Festhalten an der einmal geplanten Impf-Reihenfolge
       auch die juristischen Risiken. Dagegen ermöglicht die sofortige Öffnung der
       Impfung für alle auch die schnelle Lockerung für Geimpfte und Genesene, was
       wiederum auch Kultur, Sport und Gastronomie zugute käme.
       
       27 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.tagesschau.de/inland/reaktionen-impfgipfel-103.html
 (DIR) [2] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/corona-informationen-impfung/corona-impfverordnung-1829940
 (DIR) [3] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/coronavirus-impfungen-lockerungen-103.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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