# taz.de -- Anwälte in Belarus: Druck und Einschüchterung
       
       > Rechtsbeiständen politischer Gefangener wird die Lizenz entzogen. Janka
       > Belarus erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 64.
       
 (IMG) Bild: Alexander Kolesnikowa, Vater der Oppositionellen Maria Kolesnikowa, mit Anwältin Ljudmilla Kasak. Ihr wurde die Lizenz entzogen
       
       Der beispiellose Druck auf Anwälte, die [1][politische Gefangene]
       verteidigen, dauert an. Ljudmilla Kasak, der Rechtanwältin von Maria
       Kolesnikowa (führende Oppositionelle, die am 7. Septmber 2020 fest genommen
       wurde und seitdem in Haft ist, Anm. d. Red.), wurde am 19. Februar die
       Lizenz entzogen. Das Gleiche passierte drei weiteren Anwälten – Konstantin
       Michel, Michail Kiriljuk und Maksim Konon. Die Geltungsdauer der Lizenz von
       Konon wurde unterbrochen, da er im vergangenen Oktober zu zwölf Monaten
       Arrest wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Kundgebung in der Nähe
       des Stadtstrandes von Braslaw verurteilt worden war. Konon behauptet, dass
       er in Braslaw an keiner Protestaktion teilgenommen habe, sondern im Auftrag
       eines Mandanten dorthin gefahren sei.
       
       Kiriljuk ging seiner Lizenz wegen „unkorrekter Äußerungen gegenüber
       Vertretern der Staatsorgane verlustig, was eine Handlung darstellt, die mit
       dem Titel eine Anwalts unvereinbar ist“. Warum Michel seine Lizenz verlor,
       wurde nicht begründet. Offensichtlich geht es um 14 Tage Arrest im
       vergangenen November wegen Teilnahme an einer nicht genehmignten
       Massernveranstaltung.
       
       Mir scheint, dass das alles nach einem Eingriff in die Meinungsfreiheit von
       Anwälten aussieht und wohl kaum mit dem Prinzip der Unabhängigkeit des
       Anwaltsberufs im Allgemeinen vereinbar ist. Ein Staatsbediensteter kann
       nicht über das Schicksal bestimmen, ob jemand Anwalt sein darf oder, um es
       mit Elena Radobolskaja, Beamtin im Justizministerium, zu sagen, Ballast
       ist. Auch ist es seltsam, dass der Staat Lizenzen für Anwälte vergibt. Das
       gibt es nicht einmal in Russland.
       
       Michail Kiriljuk, der seine Familie vor einigen Monaten gezwungenermaßen
       nach Polen geschickt hat, sagt zu den Gründen für Repressionen gegen
       Anwälte: „Mir wurde die Anwaltslizenz entzogen, weil ich mich auf meiner
       persönlichen Facebookseite zu politischen Themen geäußert habe. Ich denke,
       dass das politische Verfolgung ist, da ich das Mandat für Fälle übernommen
       habe, in denen es um Politik geht. Linguisten haben mir bescheinigt, dass
       meine Posts keine beleidigenden Äußerungen enthalten. Der Leiter des
       republikanischen Anwaltskollegiums Wiktor Tschajtschiz und Vertreter des
       Justizministeriums haben klar gesagt, dass ein Anwalt nicht das Recht habe,
       sich zu politischen Themen zu äußern. Wer das trotzdem weiter tun wolle,
       solle seine Lizenz selbst zurück geben. Meiner Meinung nach sollen mit dem
       Entzug einer Anwaltslizenz die Gewährung juristischer Hilfe verhindert
       sowie die anderen Anwälte eingeschüchtert werden.
       
       Das Justizministerium will Anwälte, die politische Gefangene vertreten, so
       dazu zwingen, sich nicht im öffentlichen Raum zu äußern.
       
       Da es keine Mittel juristischer Verteidigung mehr innerhalb von Belarus
       gibt, kann Öffentlichkeit nur noch auf internationale Reaktionen setzen.
       Das ist das Einzige, was belarussischen politischen Gefangenen noch
       geblieben ist.
       
       Die Folter in Belarus hat im August nicht geendet. Just in diesem Moment,
       in dem Sie diese Zeilen lesen, werden Menschen in Belarus gefoltert. Wenn
       es europäischen Politikern nicht egal ist, was in Belarus passiert, braucht
       es keine Worte, sondern Taten. Sie müssen aufhören, ihrer tiefen Besorgnis
       Ausdruck zu verleihen und anfangen, konkrete Schritte zu tun, die [2][den
       ehemaligen Präsidenten] dazu zwingen mit dem Foltern aufzuhören. Ich denke,
       für alle ist es bereits offensichtlich, dass er außer einer Sprache der
       Stärke keine andere Art der Kommunikation mehr versteht.
       
       Aus dem Russischen Barbara Oertel
       
       25 Feb 2021
       
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