# taz.de -- Streit um Priorisierungen beim Impfen: Die vergessene Gruppe
       
       > Es bleibt das dumpfe Gefühl, dass die Lebenswirklichkeit von Menschen mit
       > Behinderungen von Spahns Ministerium nicht mitgedacht wurde.
       
 (IMG) Bild: Nicht alle pflegebedüftigen Menschen werden in Heimen betreut – doch das hat Spahn vergessen
       
       Man kann darüber streiten, ob Ärzt*innen nicht früher geimpft werden
       sollten als vorgesehen. Oder ob Erzieher*innen aus Priosierungssgruppe
       3 in Gruppe 2 rutschen. Aber ganz ehrlich: Angesichts [1][eines aktuell
       allzu knappen Impfstoffs] sind das Fragen für die Zukunft. Die
       Entscheidung, vor allem die Menschen zuerst zu impfen, die ein viel höheres
       Risiko haben, an Covid-19 zu sterben und sich zugleich nur schwer schützen
       können – sie ist nachvollziehbar und solidarisch.
       
       Aber dass in diesen Überlegungen eine Gruppe Menschen komplett vergessen
       wurde, lässt hadern. Es wirft die Frage auf, wie wenig man im
       Bundesgesundheitsministerium mit der Lebenswirklichkeit verbunden ist.
       Menschen, die zu Hause gepflegt werden, kommen in der Impfverordnung
       nämlich nicht vor. „Als würden wir alle in Heimen wohnen“, sagen
       Aktivist*innen.
       
       Nun gut, war ein Versäumnis, könnte man sagen. Und tatsächlich hat die
       Ständige Impfkommission nachträglich eine Regelung für bisher nicht
       genannte Härtefälle in ihre Empfehlung eingefügt. Das
       Gesundheitsministerium aber ließ sich bislang zu keiner Äußerung bewegen,
       ob auch die Impfverordnung entsprechend geändert werden soll.
       
       Man kann nur vermuten, dass man dort Angst vor einer Flut von
       Einzelfallentscheidungen hat. Problematisch an Einzelfallentscheidungen ist
       ohnehin, dass sie vom Engagement der Betroffenen oder deren Familien
       abhängt. Und damit die, die nicht über solche Ressourcen verfügen, außen
       vor lässt.
       
       Doch gerade für Pflegebedürftige, die sich nicht isolieren können, hätte es
       eine einfache Regelung gegeben: Indem man alle Menschen mit hohen
       Pflegegraden priorisiert – unabhängig von Alter und Wohnsituation. Das wäre
       nachvollziehbar, gerecht und unbürokratisch.
       
       Selbst wenn Jens Spahn nun verkündet, dass zumindest eine Härtefallregelung
       in der Verordnung Platz findet – das dumpfe Gefühl, dass die
       Lebenswirklichkeit von Menschen mit Behinderung in seinem Ministerium nicht
       mitgedacht wird – es bleibt.
       
       1 Feb 2021
       
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