# taz.de -- Die Wahrheit: Appchen für alle
       
       > Billo-Apps wie Sprengmeister, Dorfdisko oder Gartenparty machen dem neuen
       > Clubhouse-Trend gnadenlos Konkurrenz.
       
 (IMG) Bild: Sprengmeister – die neue App für alles, was explosiv ist
       
       Männliches Machtgehabe heraushängen lassen, ohne es zu merkelchen: Das kann
       nicht nur Bodo Ramelow passieren. Der sympathische thüringische
       Ministerpräsident, der kürzlich im Clubhouse die verbalen Hosen runter
       ließ, steht nicht allein auf weiter Flur. Doch sozialer Umgang sollte stets
       von guter Kinderstube künden! Gilt für das Parlamentchen ebenso wie für
       Clubhouse. Momentchen, für was? Richtig, für Clubhouse.
       
       Clubhouse, das ist das neue Ding in der digitalen Welt. Eine App, zu der
       man eingeladen wird, sonst kommt man nicht rein, also ähnlich wie einst
       beim Geburtstag vom Schwärmchen aus der 3a. Ist man einmal drin, kann man
       sich und andere schlau reden hören, fast wie Radio mit Hörerquiz, man
       schwafelt „interaktiv“ wie ein echter Prominenter. Soziologen nennen das
       Echokammer. Aber, Vorsicht, macht nicht den Ramelow!
       
       Damit jedoch der digitale Pöbel nicht in dieselbe Falle tritt, führt das
       Clubhouse eine harte, digitale Tür. So was wie eine Bezahlschranke, die in
       diesem Fall eine Gerätschranke ist, man muss nämlich dieses Ding mit i
       haben, das eine Gerät von der einen Firma, die etwas anders ist als die
       anderen Firmen. Und man muss eingeladen werden.
       
       Aber es geht auch anders. Astrid Seneca, BASF und AOL Time Warner haben an
       eigenen Produkten gearbeitet, die bald die nötige Zulassung erhalten und
       den Markt fluten werden. Weil sie einen ähnlichen Spaß für alle bieten.
       Frei labern im Digital! Diese neuen Apps heißen Gartenparty, Dorfdisko,
       Sprengmeister und Scheunenfest.
       
       ## Niedrige Türschwellen
       
       Im Vergleich zum Clubhouse haben Dorfdisko und Scheunenfest verdammt
       niedrige Türschwellen – Telefonnummer reicht! Nächster Vorteil:
       Scheunenfest hat nicht nur Ton, sondern sogar Bild. Dafür lässt die
       Content-Qualität schnell nach – das Blech, das geredet wird, gehört dazu.
       Letztlich bietet das Ding aber nicht mehr als eine Zoomparty: Zum Reden zu
       laut, Musik schlecht und beim digitalen Tanzen wackelt im Hintergrund kein
       Bücherregal, sondern das mit Geräten in der Garage. Auf der Pro-Seite
       steht, dass es im Begleitchat anzüglicher, wenn nicht auszüglicher zugeht.
       
       Sprengmeister wiederum sprengt jede Vorstellungskraft. So sehr, dass wir
       hier unseren digitalen Mantel des Schweigens darüber ausbreiten.
       
       Irre ist auch Gartenparty: Als Real-Life-Format konzipiert, ist es ein
       3D-Erlebnis mit ausgelegter Rasendeko in sattem Grün, einer knisternden
       Feuerstelle und einer local Einladungspolitik, die an
       Bioladen-Whatsapp-Gruppen erinnert. Man lädt die ein, die als „Nachbarn“
       zufällig im selben Index (Einwohnermeldeamt) stehen und deren Echtzeitwege
       peer-to-peer sind. Musik läuft in einem Endlosstream aus einem
       Bluetooth-Lautsprecher, und die Wii-Maske kann abgesetzt werden.
       
       Dass hier Bild und Ton nahezu synchron erscheinen, was mit toxischen
       Mitteln (Bier, Wein, Gin Tonic) verzerrt werden kann, mag dem User
       ungewöhnlich, ja unzeitgemäß erscheinen. Dementsprechend ist ein Shitstorm
       seitens der Behörden programmiert. Kann also gut sein, dass aus dem
       App-Launch erst mal nix wird. Jedenfalls nicht vor Mai oder Juni.
       
       29 Jan 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Hamann
       
       ## TAGS
       
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