# taz.de -- Ausfuhrkontrollen für Impfstoffe: Die eigenen Fehler kaschieren
       
       > Exportkontrollen für Coronavakzine klingen fair. Doch in Wahrheit
       > offenbaren die Rufe nach ihr die Hilflosigkeit der politisch
       > Verantwortlichen.
       
 (IMG) Bild: Ausfuhrkontrolle ist wahrscheinlich keine gute Idee, um schneller an den Impfstoff zu kommen
       
       Exportkontrollen für Impfstoffe – das klingt zunächst wie eine faire
       Forderung. Der Staat soll schließlich wissen, wo die kostbaren Ampullen
       hingehen. Bei näherer Betrachtung zeigen sich allerdings zahlreiche Tücken,
       die den Vorschlag zu einer richtig schlechten Idee machen. Die
       EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides und Bundesgesundheitsminister
       [1][Jens Spahn] haben die Forderung als direkte Reaktion auf die
       [2][Unzuverlässigkeit der Firma AstraZeneca] in den Raum gestellt.
       
       In Brüssel war der Verdacht aufgekommen, das Unternehmen habe vorbezahlte
       Dosen heimlich nach Großbritannien verkauft. Das wäre in der Tat
       ungeheuerlich. Rückblickend wäre es interessant zu wissen, was mit dem Geld
       und dem Wirkstoff passiert ist. Die Politiker sollten jedoch bedenken, dass
       zusätzliche Ausfuhrbürokratie alle EU-Anbieter treffen würde. Also auch die
       Firmen [3][Biontech] und [4][Curevac], die von europäischem Boden aus
       andere Weltgegenden mitversorgen.
       
       Muss auch Biontech künftig für den Export jeder Charge eine Genehmigung
       einholen? Mithilfe von Formularen, die dann in Brüsseler Geschwindigkeit
       bearbeitet werden? Verzögern sich dadurch Lieferungen, die bei den
       Auftraggebern dringend erwartet werden? Dann würde die EU viel Vertrauen in
       die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit ihrer Wirtschaft verspielen. Es
       könnte sogar zu Rückschlägen kommen.
       
       Wenn die EU versprochene Impfstofflieferungen für sich behält, könnten
       Partnerländer wie [5][China] ihrerseits chemische Vorprodukte oder
       medizinische Schutzausrüstung zurückhalten. Ausfuhrkontrollen sind
       grundsätzlich zwar ein legitimes Mittel der Politik. Sie sollten jedoch
       rechtzeitig angekündigt sein, damit die Exporteure und die Behörden sich
       darauf einstellen können – statt als hastige Sofortmaßnahme verordnet zu
       werden. Jens Spahn betont, es gehe nicht um „EU first“. Wirklich?
       
       Von der Einführung von Ausfuhrkontrollen geht genau diese Botschaft aus:
       Wir wollen den hier produzierten Impfstoff für uns behalten. Das mag in
       national denkenden Kreisen gut ankommen. International betrachtet wird der
       Impfstoff anderswo ebenso dringend gebraucht wie in der EU. Die
       Impfstoff-Verantwortlichen in der Politik wollen jetzt einerseits ihre
       Fehler kaschieren, darunter die späte Bestellung zu Konditionen, die keine
       Vorzugsbehandlung beinhalten.
       
       Und sie suchen andererseits nach Wegen, den Herstellern von AstraZeneca zu
       schaden und sie gefügig zu machen. Das Ausfuhrrecht war hier ein
       naheliegender Ansatzpunkt – doch die Fixierung darauf zeigt letztlich vor
       allem die Hilflosigkeit der Verantwortlichen.
       
       26 Jan 2021
       
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