# taz.de -- Zentralafrikanische Republik: Geheimer Haftbefehl aus Den Haag
       
       > Erstmals nimmt der Internationale Strafgerichtshof ein einst leitendes
       > Mitglied der Seleka-Rebellen in Gewahrsam. Seine Freunde protestieren.
       
 (IMG) Bild: Seleka-Rebellen in Lioto, Zentralafrikanische Republik im Juni 2014
       
       Berlin taz | Erstmals hat die Zentralafrikanische Republik ein leitendes
       Mitglied der Rebellenallianz Séléka, die das Land von März 2013 bis Januar
       2014 regierte, an den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) überstellt.
       [1][Wie das Weltgericht in Den Haag mitteilte], befindet sich Mahamat Said
       Abdel Kani seit Sonntag in ICC-Gewahrsam in der zentralafrikanischen
       Hauptstadt Bangui. Er werde verdächtigt, im Jahr 2013 Kriegsverbrechen und
       Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben.
       
       Da Said wohl noch nicht nach Den Haag gebracht worden ist, hat das ICC den
       Haftbefehl gegen ihn noch nicht veröffentlicht, den es am 7. Januar 2019
       ausstellte und unter Verschluss hielt. Das Gericht macht ihn öffentlich als
       Séléka-Kommandeur für ungenannte Séléka-Verbrechen verantwortlich.
       
       Die von muslimischen Rebellen im Nordosten der Zentralafrikanischen
       Republik gegründete Séléka-Allianz hatte im März 2013 Bangui erobert und
       den dortigen Präsidenten François Bozizé gestürzt, schaffte es aber nicht,
       eine funktionierende Regierung zu errichten.
       
       Bozizés versprengte Armee und christliche Milizionäre, kollektiv als
       Anti-Balaka bezeichnet, nahmen gegen Séléka den Kampf auf; im Dezember 2013
       [2][übernahm die französische Armee die Kontrolle über Bangui] und die
       Séléka-Regierung gab im Januar 2014 die Macht an eine Übergangsregierung
       ab, die Wahlen organisierte – vorher aber wurden die meisten Muslime des
       Landes von Milizen verjagt oder getötet.
       
       Der 2016 gewählte Präsident [3][Faustin-Archange Touadéra wurde Ende
       Dezember 2020 wiedergewählt]. Aber die Zentralafrikanische Republik hat
       nicht zum Frieden gefunden. Bewaffnete Gruppen, sowohl aus Séléka als auch
       aus Anti-Balaka hervorgegangen, kontrollieren weite Landesteile und haben
       sich gegen Touadéra verbündet. Der hält sich nur dank einer
       UN-Blauhelmmission sowie Spezialkräften aus Ruanda und privaten
       Elitekämpfern aus Russland.
       
       ## Gewahrsam sorgt für Spannungen
       
       2014 schaltete die damalige Übergangsregierung den ICC ein, um Verbrechen
       seit 2012 aufzuarbeiten. In Den Haag sitzen seit 2018 zwei ehemalige
       Anti-Balaka-Verantwortliche in Haft, Alfred Yekatom und [4][Patrice-Edouard
       Ngaissona], und ihr Prozess soll am 9. Februar beginnen. Aber dies könnte
       den Eindruck von Einseitigkeit erzeugen, wenn das ICC nicht zugleich gegen
       das Séléka-Lager vorgeht.
       
       Mahamat Said stammt aus der Diamantenstadt Bria im Osten der
       Zentralafrikanischen Republik und soll sich 2008 Rebellen angeschlossen
       haben. Er gehört aber nicht zur bekannten obersten Séléka-Führung. Während
       der Séléka-Herrschaft in Bangui leitete er das staatliche Büro zum Kampf
       gegen die organisierte Kriminalität (OCRB).
       
       Die französische Menschenrechtsorganisation FIDH [5][besuchte die OCRB im
       Juli 2013] und bescheinigte ihr korrektes Verhalten. Ein [6][zweiter
       Bericht aus dem Jahr 2014] aber zitiert ein mutmaßliches Folteropfer dieser
       Behörde. Nach dem Séléka-Rückzug aus Bangui war Mahamat Said in der
       „Volksfront für die Wiedergeburt Zentralafrikas“ (FPRC) des einstigen
       Séléka-Innenministers Noureddine Adam aktiv, die bis heute als Teil der
       aktuellen Rebellenkoalition weiterkämpft.
       
       In der Zentralafrikanischen Republik sorgt Saids Verhaftung für Spannungen.
       Die FPRC warf der [7][UN-Mission Minusca] vor, ihn gekidnappt zu haben, und
       verlangt ultimativ seine Freilassung. „Er wurde zu einem Treffen mit einem
       Minusca-Team gebeten; dort nahmen Blauhelme ihn fest, ohne seine Familie zu
       informieren, und erst drei Tage später erfuhren wir, dass er in Haft im
       Camp Roux in Bangui sitzt – das ist unmöglich!“, [8][zitiert die
       Webnachrichtenseite Corbeaunews] einen ungenannten FPRC-General.
       
       25 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.icc-cpi.int/Pages/item.aspx?name=pr1559
 (DIR) [2] /Zentralafrikanische-Republik/!5053156
 (DIR) [3] /Zentralafrikanische-Republik-hat-gewaehlt/!5738129
 (DIR) [4] /Zentralafrikanische-Republik/!5555994
 (DIR) [5] https://www.fidh.org/fr/regions/afrique/republique-centrafricaine/13969-la-communaute-internationale-doit-aider-la-centrafrique-a-sortir-du-chaos
 (DIR) [6] https://www.fidh.org/fr/regions/afrique/republique-centrafricaine/15617-centrafrique-ils-doivent-tous-partir-ou-mourir
 (DIR) [7] /Covid-19-in-Zentralafrika/!5700461
 (DIR) [8] https://corbeaunews-centrafrique.com/rca-transfert-de-mahamat-said-a-la-cpi-le-fprc-lance-un-ultimatum-a-la-minusca/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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