# taz.de -- Russlands Vorgehen gegen Nawalny: Ein Offenbarungseid
       
       > Für das kommende Wochenende haben Nawalny und sein Team zu weiteren
       > Protesten aufgerufen. Die Frage ist, ob die Bewegung verstetigt werden
       > kann.
       
 (IMG) Bild: Es sieht nicht danach aus, als würde der Kreml seine Repressionen bald beenden
       
       Alexei Nawalny kann fürs Erste zufrieden sein. Dem Tod von der Schippe
       gesprungen, für 30 Tage im Moskauer Gefängnis „Matrosenstille“ weggesperrt,
       und trotzdem schafft es der Kreml nicht, ihn zum Schweigen zu bringen.
       Schlimmer: Dem, laut Präsident Putin, politischen Niemand gelingt es,
       [1][Zehntausende landesweit auf die Straße zu bringen]. Solch eine
       flächendeckende Mobilisierung erlebte Russland zuletzt im März 2017,
       nachdem ein Korruptionsvideo über den damaligen Regierungschef Dmitri
       Medwedjew öffentlich geworden war.
       
       Jetzt ist es eine millionenfach angeklickte Dokumentation Nawalnys über
       eine milliardenschwere Immobile Putins, die bei vielen Russ*innen das
       Fass zum Überlaufen bringt und [2][den Kreml zum Offenbarungseid zwingt].
       Genau das – ein Offenbarungseid – waren die martialischen Drohungen vor den
       Protesten sowie über 3.000 Festnahmen bei den Demonstrationen am Samstag,
       brutales Vorgehen gegen Minderjährige inklusive.
       
       Der schlichte Kommentar von offizieller Seite: Nawalny habe Jugendliche
       einer Gehirnwäsche unterzogen. Was den Schluss nahelegt, dass die
       Demonstrant*innen so hirnlos nicht sein können.
       
       Genau da liegt für [3][Russlands Machthaber das Problem]. Denn es geht
       nicht nur um die Person Nawalnys, dem ein Großteil der Menschen eher
       reserviert gegenübersteht. Vielmehr ist der Kremlkritiker zu einem
       Katalysator für den wachsenden Unmut in der Bevölkerung geworden. Der
       entzündet sich nicht nur an der Korruption, die schon lange bis in die
       höchsten Etagen der Macht vorgedrungen ist. Nicht minder schwer wiegt für
       viele Menschen ihre zusehends prekäre Wirtschaftslage.
       
       Hinzu kommen Gängeleien und die Alltagserfahrung, dass der Staat selbst
       seine eigenen Gesetze nicht ernst nimmt. Kurzum: Die Aussicht, dass Putin
       mithilfe des sogenannten Referendums vom vergangenen Jahr noch bis 2036 die
       Geschicke des Landes bestimmen könnte, ist für viele Russ*innen einfach
       keine Perspektive mehr.
       
       Schon für das kommende Wochenende haben Nawalny und sein Team zu weiteren
       Protesten aufgerufen. Die spannende Frage ist, ob die Bewegung verstetigt
       werden kann. Im Moment spricht nichts dafür, dass der Kreml seine harte
       Gangart gegenüber den Protestierenden ändern wird. Das dürfte die
       Unzufriedenen nur weiter befeuern.
       
       Schon jetzt machen in sozialen Netzwerken Kommentare die Runde, die
       Russ*innen sollten sich ein Beispiel an Belarus nehmen. Wie hieß es einst
       so schön: „Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen.“ Gesiegt haben
       die Belaruss*innen noch nicht. Aber als Vorbild für Standhaftigkeit und
       Unerschrockenheit taugen sie allemal.
       
       24 Jan 2021
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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