# taz.de -- Korruptionsvideo über Wladimir Putin: Der nächste Schlag
       
       > Kaum lässt die Justiz Russlands Alexei Nawalny einsperren, veröffentlicht
       > sein Team einen Enthüllungsfilm: über Präsident Putins mutmaßlichen
       > Palast.
       
 (IMG) Bild: Nawalny und sein Team wollen ihn gefunden haben: Putins Palast
       
       Moskau taz | „Der Mensch wird hier zum Gegenstand, zum Eigentum der
       Gefängnisleitung. Das Hauptziel ist die Isolation von der Außenwelt.“ So
       beschreiben Menschenrechtler*innen das Moskauer Untersuchungsgefängnis
       Nummer 1 im Nordosten der russischen Hauptstadt. „Matrosenstille“ wird der
       Bau, der dem Strafvollzugsdienst untersteht, von allen genannt. Einfach,
       weil er in der Matrosenstillestraße steht.
       
       Es ist eine berüchtigte Haftanstalt, in der auch bereits der gefallene
       Ölmagnat Michail Chodorkowski einsaß. Eine der härtesten Anstalten in
       Russland überhaupt. Seit Montagabend harrt der Kremlkritiker Alexei Nawalny
       für vorerst 30 Tage in einer Einzelzelle hier aus, nachdem er [1][bei
       seiner Einreise nach Russland an der Passkontrolle festgenommen] und am Tag
       darauf direkt auf der Polizeiwache verurteilt wurde.
       
       Still aber ist er auch in der „Matrosenstille“ nicht. „Mit seiner
       Angstlosigkeit kämpft Alexei für die Freiheit von uns allen. Nun müssen wir
       für die Freiheit von Alexei kämpfen“, sagen seine Mitstreiter*innen,
       und haben nun Nawalnys neuen Enthüllungsfilm veröffentlicht. [2][„Ein
       Palast für Putin. Geschichte der größten Bestechung“], heißt das fast
       zweistündige Werk. Innerhalb von nur einem Tag klickten mehr als 24
       Millionen Youtube-Nutzer*innen das Video an.
       
       Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein 17.691 Quadratmeter großes Anwesen
       bei Gelendschik an der russischen Schwarzmeerküste. Vorwürfe, dass dort an
       einer Art inoffizieller Residenz für Putin aus Korruptionsgeldern gebaut
       werde, sind nicht neu. Bereits im Jahr 2010 hatte ein damals an dem Bau
       beteiligter Geschäftsmann darüber geplaudert. Das Gelände wird von dem
       Geheimdienst FSB überwacht. Nawalny und seinen Mitstreiter*innen ist es
       offenbar gelungen, den Palast samt Spa-Complex und einer Extradatscha am
       Ufer per Drohne von einem Schlauchboot aus zu filmen. Auch an Grundrisse
       und selbst Beschreibungen von Möbeln – allein die Sofas sollen bis zu
       umgerechnet 22.000 Euro kosten – wollen sie gekommen sein. Anhand eines
       Modells machen sie die Räume „begehbar“.
       
       Finanziert werde die Anlage mit einem geschätzten Wert von umgerechnet 1,1
       Milliarden Euro durch ein Geflecht aus Transaktionen von Unternehmen, die
       mit Putins Freunden aus Dresden und Sankt Petersburg zusammenhängen.
       
       ## Alte reiche Freunde
       
       Die Recherchen für den Film unternahm Nawalny noch in Deutschland, als er
       sich nach dem [3][Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok in Berlin] und im
       Schwarzwald erholte. Der Film war als Antwort auf die Vergiftung gedacht,
       hinter der Nawalny Putin sieht. Es ist ein angriffslustiges und anklagendes
       Stück Infotainment, ein „psychologisches Porträt“, wie Nawalny selbst im
       Film sagt, das zeigen soll, wie ein „einfacher Sowjetoffizier zu einem
       Irren wurde, der auf Geld und Luxus fixiert ist“. Der Kreml dementiert:
       „Der Präsident besitzt keine Paläste.“
       
       Nawalny fängt in Dresden an, sitzt da auf einer Bank vor einer
       Plattenbausiedlung, in der Putin während seiner Zeit beim sowjetischen
       Geheimdienst KGB wohl gewohnt hat. Er geht zum damaligen KGB-Sitz, lässt
       sich im Dresdner Stasi-Archiv Putins KGB-Dienstausweis zeigen, schaut sich
       Fotos und Dokumente an und stellt fest: So viele Weggefährten auf den Fotos
       von damals umgeben auch jetzt Putin und gehören zu den reichsten
       Unternehmern Russlands.
       
       Mit schnellen Schnitten und bunten Infografiken legen Nawalny und seine
       Leute Korruptionsschemata vor, anhand derer sich Russlands Präsident von
       den besagten Unternehmern „sponsern“ lasse.
       
       ## Protestaufruf fürs Wochenende
       
       Das Video ist im Stil von Nawalnys früheren Enthüllungsfilmen gehalten. Es
       ist lediglich länger, schneller, frecher. Nawalnys Team versucht mit dem
       Video, die für diesen Samstag angekündigten Proteste quer durch Russland
       anzufeuern. Wegen Corona ist jede Art von Massenansammlung verboten. Viele
       wollen dennoch durch die Straßen der russischen Städte ziehen.
       
       Derweil hat sich das russischsprachige Onlineportal Meduza ein Spiel
       einfallen lassen: „Raten Sie mal, was es in Putins Palast gibt?“
       Klavierzimmer? Hundesalon? Falsch! Aquadisco? Fleisch- und
       Fischverarbeitungshalle? Schlammbad? Richtig!
       
       20 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Nawalny-in-Moskau-festgenommen/!5744611
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=ipAnwilMncI
 (DIR) [3] /Anschlag-auf-Kreml-Kritiker-Nawalny/!5712241
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Inna Hartwich
       
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