# taz.de -- Mindestens 100 Tote in Niger: Massenmord zum Wahlergebnis
       
       > Angriffe auf zwei Dörfer erschüttern Niger am Tag der Verkündung des
       > Ergebnisses der Präsidentschaftswahl. Der Staat erscheint hilflos.
       
 (IMG) Bild: Traditionelle Getreidespeicher aus Lehm in einem nigrischen Dorf
       
       Cotonou taz | Sie kamen wieder einmal auf Mopeds und richteten in der
       Region Tillabéri eins der größten Massaker an, das [1][Niger bisher erlebt]
       hat. Am Samstag haben mutmaßliche Terroristen die Dörfer Tchombangou und
       Zaroumdareye in der Nähe der malischen Grenze angegriffen, mindestens 100
       Personen ermordet und laut Innenminister Alkache Alhada weitere 20
       verletzt.
       
       Welcher Miliz sie angehören, war am Sonntagnachmittag noch nicht bekannt.
       In der Region operieren sowohl Gruppen, die al-Qaida nahestehen, sowie der
       [2][„Islamische Staat der Größeren Sahara“ (ISGS)]. Allerdings sind die
       Kämpfer oft weniger überzeugte Islamisten, sondern vielmehr Söldner, die
       ihre Auftraggeber wechseln.
       
       Es heißt, dass es sich bei dem Angriff um einen Racheakt gehandelt hat.
       Jugendliche aus Tchombangou hatten sich zuvor zu einem
       Selbstverteidigungsbündnis – staatlicher Schutz fehlt in den ländlichen
       Gebieten Nigers oft – zusammengeschlossen und zwei mutmaßliche Terroristen
       mit Macheten getötet. Wenig später wurde das Dorf umstellt und der Angriff
       begann.
       
       Die Region Tillabéri ist in der Vergangenheit immer mehr destabilisiert
       worden. Erst vor knapp zwei Wochen gerieten dort sieben nigrische Soldaten
       in einen Hinterhalt und wurden ermordet. Im Mai 2020 töteten Terroristen in
       Anzourou 20 Zivilist*innen. Sechs Wochen später wurden zehn
       Mitarbeiter*innen der nichtstaatlichen Organisation „Aktion und
       Programm im Sahel“ (APIS) entführt.
       
       Längst gilt in Teilen der Region der Ausnahmezustand, der alle drei Monate
       verlängert wird. Vor einem Jahr wurden zudem mancherorts Mopeds verboten,
       wovon sich Angreifer jedoch in keinster Weise abschrecken lassen.
       Beobachter kritisieren, dass sie weiterhin viel mobiler als die
       Sicherheitskräfte sind.
       
       ## Zwischen Mali, Burkina Faso und Niger
       
       Dass Tillabéri besonders betroffen ist, liegt auch an der geografischen
       Lage. Die Region grenzt an Mali und Burkina Faso. Die langen Grenzen sind
       kaum gesichert. Dschihadisten sind in weiten Gebieten im ländlichen Mali
       und Burkina Faso präsent, kontrollieren einige Gegenden sogar und dringen
       so in den Westen Nigers ein. Weder gelingt es durch die Präsenz
       ausländischer Sicherheitskräfte noch durch das eigene Militär, Gebiete
       zurückzuerobern.
       
       Das liegt, [3][so die Denkfabrik International Crisis Group (ICG)], auch
       daran, dass Strukturen zusammen gebrochen seien: Weder funktioniere
       traditionelles Konfliktmanagement, noch ist es dem Staat gelungen,
       Vertrauen zu den Einwohner*innen aufzubauen.
       
       In der Region Diffa im Südosten – Grenzgebiet zu Nigeria und Tschad – ist
       wiederum [4][Boko Haram] weiter aktiv. Erst vor drei Wochen griffen
       Anhänger dieser Miliz den Ort Toumour an und ermordeten 34 Menschen.
       
       ## Stichwahl am 20. Februar
       
       Nigers Sicherheitslage ist in den vergangen Wochen viel diskutiert worden.
       Grund dafür sind die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 27. Dezember
       gewesen, bei denen mit Anschläge gerechnet wurde. Tatsächlich ist es am
       Wahltag ruhig geblieben. Da keiner der 30 Präsidentschaftskandidaten die
       absolute Mehrheit erreicht hat, kommt es am 20. Februar zu einer Stichwahl.
       
       Aussichtsreichster Kandidat ist wie bereits vor dem ersten Wahlgang Mohamed
       Bazoum, 61, der unter dem scheidenden Präsidenten [5][Mahamadou Issoufou]
       zuerst Außen- und dann Innenminister war.
       
       Bazoum, der 39,33 Prozent der Stimmen erhielt, gilt als Hardliner, der die
       Bürger*innenrechte weiter beschränken könnte. Mit 17 Prozent hat
       Expräsident [6][Mahamane Ousmane], 70, ebenfalls den Einzug in die
       Stichwahl geschafft. Die Wahlkommission verkündete das Ergebnis am Samstag,
       kurz vor dem blutigen Angriff.
       
       3 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Islamistischer-Angriff-in-Niger/!5646005
 (DIR) [2] https://cisac.fsi.stanford.edu/mappingmilitants/profiles/islamic-state-greater-sahara
 (DIR) [3] https://www.crisisgroup.org/africa/sahel/niger/289-sidelining-islamic-state-nigers-tillabery
 (DIR) [4] /Humanitaere-Krisen-2021/!5731281
 (DIR) [5] /Nigers-Praesident-ueber-Entwicklung/!5053551
 (DIR) [6] /!1621995/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Gänsler
       
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