# taz.de -- Angst um den Verein beim FC Schalke 04: Angegriffene Schalker Seele
       
       > Der Fußball-Bundesligist Schalke 04 versucht in der Misere die Gemüter
       > mit einem offenen Brief zu beruhigen. Die Reaktionen zeigen, wie
       > gespalten der Klub ist.
       
 (IMG) Bild: Ursachenforschung? Schalkes Benjamin Stambouli scheint noch keine Erklärungen für die Krise zu haben
       
       Gelsenkirchen taz | Die sozialen Medien werden – teilweise zu recht – auch
       als asoziale Medien bezeichnet, weil in ihnen offen oder auch anonym
       gepöbelt, beschimpft und beleidigt wird. Das Fanzine [1][schwatzgelb.de],
       Borussia Dortmund zugewandt, erlaubte sich am Donnerstag eine „Nachricht“
       des Vorstands von Schalke 04 mit spitzer Feder zu bearbeiten. Unter der
       entsprechenden Bewerbung bei Twitter durfte ein herzhaftes „Was mischt ihr
       … (hier beliebiges grobes Schimpfwort einfügen) euch eigentlich bei unserem
       Klub ein?“ erwartet werden. Aber das kam nicht. Stattdessen wurde die
       Satire von königsblauen Fans noch verbreitet, etwa mit dem verzweifelten
       Zusatz: „Wenn selbst die Schwatzgelben mehr kapieren als deine eigene
       Vereinsführung, dann ist wohl die Zeit gekommen, durchzukärchern.“
       
       Der vom FC Schalke 04 hölzern als „Nachricht“ verkaufte offene Brief ist
       ein Werben des Vorstands [2][um Zusammenhalt in äußerst schwierigen
       Zeiten.] Schalke belegt mit nur drei Punkten den letzten Tabellenplatz in
       der Bundesliga, hat nun in den Spielen beim FC Augsburg sowie gegen den SC
       Freiburg und Arminia Bielefeld die Pflicht, vor der kurzen Weihnachtspause
       die Ausgangslage im Kampf um den Klassenerhalt zu verbessern.
       
       Ein willkommener Nebeneffekt wäre, diese fürchterliche Serie von 26
       Bundesligaspielen ohne Sieg zu beenden. „Gerade mit Blick auf die
       Auswirkungen der Coronapandemie ist ein Verbleib im Fußball-Oberhaus ein
       ganz entscheidender Schritt für unsere wirtschaftliche Stabilität“,
       schreibt der Verein zur finanziellen Lage, die schon seit Langem schwierig
       ist.
       
       „Nur gemeinsam schaffen wir es, in der 1. Bundesliga zu bleiben – dorthin
       gehört unser Verein“, schreibt der Vorstand weiter, dem Jochen Schneider
       (verantwortlich für Sport und Kommunikation), Alexander Jobst (Marketing,
       Vertrieb) und nach dem Rückzug von Peter Peters im Sommer Christina
       Rühl-Hamers für Finanzen angehören.
       
       In dem Brief werden Fehler eingestanden, ohne dass Verantwortliche genannt
       werden. Es wird ein Dialog mit den Fans beschrieben, von dem diese nichts
       mitbekommen haben. Vermutlich hätte der Brief trotzdem den gewünschten
       Effekt gehabt, wenn da nicht dieses „Aber“ wäre, mit dem der sechste Absatz
       beginnt: „Es ist eine Grenze überschritten, wenn Einzelne namentlich zum
       Buhmann ausgerufen oder zum Alleinschuldigen erklärt werden sollen.“
       
       Gemeint war damit eines von mehreren Plakaten, die vergangenen Sonntag vor
       dem Spiel gegen Bayer Leverkusen (0:3) an einem Parkhaus hingen und
       Alexander Jobst zum Rücktritt aufforderten. „Neun Jahre Teil des Vorstands
       bedeutet neun Jahre Teil des Problems. Wann ziehst Du endlich persönliche
       Konsequenzen?“, war etwa zu lesen.
       
       Beängstigendes Versprechen 
       
       Jobst arbeitete für den Weltverband Fifa und Real Madrid, ehe er zu Schalke
       kam und dort einen denkbar schlechten Start hatte. Er schloss gleich mit
       der äußerst umstrittenen Ticketbörse viagogo ein Geschäft ab. Die Fans
       gingen auf die Barrikaden, der Fehler wurde eingestanden und behoben.
       
       [3][Im Schatten des mächtigen Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies],
       der jahrelang nahezu alle Funktionsträger abdunkelte, tauchte Jobst ab.
       Tönnies aber verschwand im Sommer, Jobst steckte seinen Kopf heraus,
       versprach Transparenz und ein neues Schalke. Es sickerte aber immer mehr
       durch, dass er auch an den Wesenskern des Vereins Hand anlegen wollte.
       
       Das Betriebsklima auf der Geschäftsstelle soll den derzeitigen
       Außentemperaturen entsprechen, berichten Mitarbeiter*innen, die dem
       Lager der Traditionalisten zuzuordnen sind, die sich aber mehr als
       Schalke-Versteher denn als Fortschrittsverhinderer verstehen. Auf der
       anderen Seite steht das Lager, dass Jobst und dessen
       Vorstandskolleg*innen bedingungslos folgt. „Es reicht inzwischen,
       sachliche Zweifel anzumelden, um auf die Liste der Unliebsamen zu kommen“,
       zitierte der Spiegel einen Mitarbeiter in Bezug auf die brisante Lage.
       
       Der eingetragene Verein FC Gelsenkirchen-Schalke 04 ist auf vielen Ebenen
       gefährdet. Noch meldet sich öffentlich nur die aktiven Fanszene mit
       kritischen Stimmen. Bemerkenswert ist, wer sich nicht meldet. Ein Video mit
       Mike Büskens oder Gerald Asamoah, die dazu aufrufen, trotz aller
       Einschränkungen gemeinsam in den Kampf gegen den Abstieg zu ziehen, wäre
       die bessere Idee gewesen als ein Brief, der vor allem auch eines sagt:
       Lasst uns erst mal gucken, dass wir die Klasse halten. Über eine mögliche
       Ausgliederung und so etwas können wir dann später immer noch sprechen.
       
       13 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.schwatzgelb.de/artikel/2020/fehlfarben/sgleaks-exklusiv-ursprungsfassung-des-offenen-blauen-briefs
 (DIR) [2] /Trainerentlassung-bei-Schalke-04/!5712861
 (DIR) [3] /Rassistische-Rede-von-Clemens-Toennies/!5610942
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marcus Bark
       
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