# taz.de -- Verkaufsoffener Sonntag in Berlin: Vorglühen in der Friedrichstraße
       
       > Der Samstag und der verkaufsoffene Sonntag unterscheiden sich kaum von
       > den Werktagen: Nur an der Friedrichstraße wird es voller.
       
 (IMG) Bild: Die Friedrichstraße als Demobühne
       
       Schon in den Seitenstraßen ist das rhythmische Klatschen zu hören. Schnell
       rüber also in die Friedrichstraße, was ist da los im trostlosen
       Corona-Advent? Es sind Künstlerinnen und Künstler, sie musizieren, eine
       Eisfee geht auf Stelzen, einer mit schwarzer Maske spielt Cello, dahinter
       wird jongliert. „Freie Künstlerszene bedroht“ steht auf einem Transparent.
       Das Publikum geht mit, endlich ist wieder was los.
       
       Die Friedrichstraße ist zurück – als Bühne. Und als Weihnachtsmarkt im
       Zieharmonikaformat. Drei Glühwein-, Bratwurst- und Lammfellhandschuhstände
       auf der einen, die nächsten dann auf der anderen Straßenseite. Schieben
       sich die vom Pankower AfD-Stadtrat für Ordnung genannten „Glühweinpulks“ am
       Abend in der Stargarder oder der Boxhagener Straße durch den Prenzlauer
       Berg und den Friedrichshain, so trifft sich das vorweihnachtliche Berlin in
       der Friedrichstraße zum Glühweinshoppen. Auch am Nikolaussonntag, dem
       ersten von zwei verkaufsoffenen Sonntagen in diesem Jahr.
       
       Voll ist es auch in der Galeries Lafayette. Zufrieden sei sie, sagt eine
       Verkäuferin, zwischenzeitlich drängen sich die Kunden im engen Rund um den
       Lichthof, im „Foodcourt“ im Untergeschoss herrscht dagegen gähnende Leere.
       Es ist, als hätte sich alles, was mit Genuss und Geselligkeit zu tun hat,
       ins Freie verlagert. Der Coronawinter als Härteprobe: In der
       Friedrichstraße lassen sich gleich die passenden Accessoires dazu besorgen.
       
       Unumstritten sind die nicht, die beiden verkaufsoffenen Sonntage, die der
       Senat im Advent möglich gemacht hat. Die Gewerkschaft Verdi war dagegen,
       hat zwei weitere Termine weggeklagt, die beiden am 6. und 20. blieben.
       Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) begründete das mit der nötigen
       Unterstützung des Einzelhandels und der Entzerrung von Kundenströmen in der
       Vorweihnachtszeit.
       
       Richtig positiv fiel die Bilanz des Einzelhandels dennoch nicht aus. Für
       den Adventssamstag berichtete der Geschäftsführer des Handelsverbands
       Berlin-Brandenburg (HBB), Nils Busch-Petersen, von Umsatzeinbußen von bis
       zu 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Der Samstag war zwar etwas besser
       als ein normaler Werktag“, sagte Busch-Petersen der taz. „Da gibt es dann
       zwar keine gefährlichen Ballungen, aber ein normales Weihnachtsgeschäft ist
       das nicht.“ Busch-Petersen beklagte, dass die Gastronomie und andere in den
       Shutdown geschickt und entschädigt würden. „Zu uns sagt man: Macht mal auf!
       Dabei kann es auch bei uns richtig reinhauen.“
       
       Auch ein „Hilfsweihnachtsmarkt“ wie an der Friedrichstraße würde da nicht
       helfen. „Die Veränderungen in den Innenstädten gehen rasant voran“, sagt
       der Vertreter des Handels. „Viele der Kunden, die jetzt online bestellen,
       werden allenfalls zu besonderen Anlässen noch in den stationären Handel
       zurückkehren.“
       
       Tatsächlich sieht es an den Einkaufsstandorten jenseits der Friedrichstraße
       mau aus. Die Mall of Berlin ist leer, vielleicht die Hälfte der Kunden wie
       im Vorjahr, meint eine Verkäuferin bei Peek & Cloppenburg. Einen Ansturm
       aus Brandenburg, wo die Geschäfte am Sonntag geschlossen hatten, hat es
       zumindest den parkenden Autos nach in Mitte nicht gegeben. Einen solchen
       hatten Beobachter aber auch eher in der Steglitzer Schloßstraße oder dem
       East Gate in Marzahn erwartet.
       
       Auch bundesweit war am Wochenende kein Weihnachtsgeschäft zu spüren. Der
       Einzelhandelsverband HDE teilte am Sonntag mit, im Vergleich zur Woche
       zuvor sei es etwas besser gelaufen. Das gelte vor allem für Spielwaren,
       Einrichtungen, Accessoires, Unterhaltungselektronik und Lebensmittel. Hier
       gebe es steigende Besucherzahlen. „Im Vergleich zum Vorjahr bleibt der
       Kundenschwund allerdings deutlich.“ Sorgenkind sei der Bekleidungshandel,
       der auch eine leichte Verbesserung spüre. „Hier liegen die Umsätze aber
       immer noch um ein Drittel unter dem Vorjahresniveau.“
       
       Dennoch blieben die Berlinerinnen und Berliner nicht durchweg zu Hause am
       Sonntag. Richtig voll wird es nicht nur in der Friedrichstraße, sondern
       auch in einer neuen Sehenswürdigkeit gleich nebenan: dem Kreuzungsbahnhof
       der U6 mit der neuen U5 Unter den Linden.
       
       6 Dec 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uwe Rada
       
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