# taz.de -- Protest gegen deutsches Unternehmen: Zement von jenseits der Grünen Linie
       
       > Aktivist*innen blockieren einen Steinbruch des Konzerns HeidelbergCement
       > in Palästina. Besatzung und Umweltzerstörung hängen für sie zusammen.
       
 (IMG) Bild: Streit um Ressourcen im Westjordanland – hier ein Bild der Siedlung Ariel nahe Nablus
       
       Tel Aviv taz | „Wir sind hier, um mit unseren Körpern die zerstörerische
       Aktivität von HeidelbergCement zu stoppen und gegen die Ausweitung ihres
       Steinbruchs zu protestieren“, erklärt eine israelische Aktivistin in einem
       [1][Video] mit dem Rücken zum Nahal-Raba-Steinbruch. Der Tagebau hat
       riesige braune Löcher und tiefe Furchen in die grüne Landschaft gerissen.
       
       Rund 30 Aktivist*innen, einige von ihnen aneinandergekettet, haben am
       Sonntag den Zugang zum Steinbruch von HeidelbergCement, einem deutschen
       Unternehmen, in den palästinensischen Gebieten blockiert. „Stoppt die
       Zerstörung“, steht in weißen Lettern auf Arabisch, Englisch und Hebräisch
       auf einem schwarzen Transparent, das zwei Aktivist*innen an Holzstöcken in
       die Höhe halten.
       
       Die Aktivist*innen sehen in den Aktivitäten von HeidelbergCement und ihrer
       Tochterfirma Hanson gleich zwei Probleme: ein völkerrechtliches und ein
       ökologisches. „Der Steinbruch befindet sich in unmittelbarer Nähe zur
       israelischen Stadt Rosh HaAin“, sagt die 26-jährige Maya Rosen, die an der
       Aktion beteiligt war, „allerdings jenseits der sogenannten Grünen Linie und
       damit in den besetzten Gebieten.“
       
       Das Baumaterial des Zementriesen, des zweitgrößten weltweit, geht laut
       Human Rights Watch in israelische Siedlungen und in israelisches Kernland.
       Die Ausbeutung von Ressourcen aus besetztem Land verstößt gegen
       internationales Recht. Auch zahle Hanson jedes Jahr Millionen US-Dollar
       Steuern an den [2][Regionalrat von Samaria] und die israelische
       Zivilverwaltung und trage so zur Nachhaltigkeit der israelischen Siedlungen
       bei.
       
       ## Sorgen um die Zugvögel
       
       Nun plant das Unternehmen einen Ausbau des Steinbruchs, als Teil eines
       größeren israelischen Bebauungsplans. Ein großes Industriegebiet sowie ein
       israelischer Friedhof sollen in unmittelbarer Nähe zum bereits bestehenden
       Steinbruch und ebenfalls jenseits der Grünen Linie gebaut werden.
       
       Wohl nicht zufällig heißt der Plan „Samaria's Gate“ (Samaria-Tor), benannt
       nach der biblischen Stadt Samaria, die im heutigen Westjordanland liegt.
       Der Bau würde einen durchgehenden Weg von der israelischen Stadt Rosh HaAin
       hin zur Siedlung Elkana im Westjordanland schaffen, und so den Zuzug von
       jüdischen Israelis in die besetzten Gebieten erleichtern.
       
       „Wir fordern die sofortige Schließung des Hanson-Steinbruchs in Nahal Raba
       und die vollständige ökologische Wiederherstellung des Gebiets“, sagt Rosen
       und verweist damit auf das zweite Problem: Der Bau würde den ökologischen
       Korridor von Nord nach Süd zerschneiden, ein Desaster für Zugvögel, die
       entlang dieser Route reisen. Auch Tieren wie Hirschen, Kojoten,
       Stachelschweinen und Raubvögeln würde ihr Lebensraum genommen.
       
       ## Aktiv auch in der Westsahara
       
       Für die Aktivistin hängen der Kampf für die Umwelt und gegen die Besatzung
       zusammen: „Einige von uns kommen aus der Antibesatzungsbewegung, andere aus
       Zusammenhängen für Klimagerechtigkeit“, erklärt Rosen. „Wir haben uns
       zusammengeschlossen, weil wir der Überzeugung sind, dass Umweltzerstörung
       und Klimawandel einige Menschen härter trifft als andere. Die israelische
       Regierung mit ihrer explizit rassistischen Politik trägt dazu bei.“
       
       Der deutsche Betonriese HeidelbergCement ist schon öfter in die
       Schlagzeilen geraten, nicht nur in Bezug auf den Nahen Osten. Verschiedenen
       Medienberichten zufolge, die sich auf eine Studie des Frankfurter
       Klimaberatungsunternehmens Right Based on Science beziehen, ist der
       Zementproduzent gleich nach RWE das klimaschädlichste DAX-Unternehmen. In
       die Berechnungen wurde einbezogen, dass die Herstellung von Zement
       besonders energieintensiv ist.
       
       Das Business & Human Rights Resource Center berichtet zudem von Beschwerden
       wegen Verstößen gegen die Menschenrechte in Indonesien. Und auch in der von
       Marokko in weiten Teile besetzten Westsahara soll das Unternehmen laut
       jüngsten [3][Medienberichten] über eine Tochterfirma in umstrittene
       Geschäfte verwickelt sein.
       
       23 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.facebook.com/watch/live/?v=1088872618214701&ref=watch_permalink
 (DIR) [2] /Pressetrip-in-Israel-und-Palaestina/!5620199
 (DIR) [3] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/oekostrom-westsahara-101.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Judith Poppe
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Israel
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Westjordanland
 (DIR) Israel
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) US-Außenminister Pompeo in Israel: Tatsachen schaffen vor Biden
       
       Weichen stellen, solange Trump noch im Amt ist: Als erster US-Minister hat
       Mike Pompeo eine Siedlung im Westjordanland und die Golanhöhen besucht.
       
 (DIR) Evangelikale Christen werben für Israel: Armageddon für Trump
       
       Evangelikale lieben Israels Regierung – und sie gelten zugleich als
       wichtige Unterstützer der Wiederwahl des US-Präsidenten.