# taz.de -- Siegesrede von Joe Biden nach US-Wahl: Sie wollen Amerika heilen
       
       > In seiner Siegesrede verkündet Joe Biden, er wolle „ein Präsident für
       > alle Amerikaner sein“. Amtsinhaber Trump erkennt seine Niederlage nicht
       > an.
       
 (IMG) Bild: Haben eine Menge Arbeit vor sich: Kamala Harris und Joe Biden
       
       Washington taz | Der von den Medien [1][zum Sieger der
       US-Präsidentschaftswahl erklärte Joe Biden] will eine zutiefst gespaltene
       Nation heilen und sich für eine fast schon vergessene Ära der
       Kompromissbereitschaft zwischen Demokraten und Republikanern starkmachen.
       Dies erklärte der frühere Vizepräsident und langjährige Senator am
       Samstagabend während einer Ansprache in seiner Heimatstadt Wilmington im
       US-Bundesstaat Delaware.
       
       „Ich werde ein Präsident für alle Amerikaner sein. Ganz egal, ob sie mich
       gewählt haben oder nicht“, sagte Biden vor hunderten von Anhängern. Der
       demokratische Spitzenkandidat konnte offiziellen Hochrechnungen zufolge die
       zum Wahlsieg erforderliche Marke von 270 Wahlleuten am Samstag übertreffen.
       Ausgerechnet Pennsylvania, der Bundesstaat, in dem er geboren wurde, sorgte
       für die Entscheidung im Rennen um das Weiße Haus.
       
       „Ich verspreche ein Präsident zu sein, der uns nicht spaltet, sondern
       vereint. Der keine blauen oder roten Staaten sieht, sondern nur die
       Vereinigten Staaten“, sagte Biden. Er kündigte zudem an, bereits am
       kommenden Montag eine Coronavirus Task Force auf die Beine zu stellen.
       
       In vielen Städten der USA kam es nach der Veröffentlichung des vorläufigen
       Wahlergebnisses [2][zu spontanen Straßenpartys]. Die Black Lives Matter
       Plaza unweit des Weißen Hauses in Washington, D.C., war bereits am frühen
       Nachmittag mit hunderten, vielleicht sogar tausenden von Menschen gefüllt,
       die sich diesen historischen Tag nicht entgehen lassen wollten.
       
       ## Rekordzahl an Stimmen für Biden und Harris
       
       „Es ist ein toller Tag für die Demokratie“, sagte Brian Natysyn. „Nach vier
       Jahren Trump sind wir alle ein wenig erschöpft.“ Mit diesem Gefühl war der
       35-Jährige aus Virginia nicht allein. Auf Washingtons Straßen herrschte
       eine ausgelassene Feierstimmung. Es wurde getanzt, gesungen und getrunken.
       Plakate mit Schriftzügen wie „You’re fired“ (Du bist gefeuert) und „Trump
       is Over“ (Trump ist Geschichte) waren allgegenwärtig.
       
       Biden und seine Mitstreiterin Kamala Harris haben mit 75 Millionen Stimmen
       zudem einen neuen US-Wahlrekord aufgestellt. Noch nie zuvor konnte ein
       Präsidentschaftsticket so viele Stimmen auf sich vereinen. Und diese Zahl
       wird sich erwartungsgemäß noch vergrößern, da die Stimmenauszählung in
       vielen Staaten noch nicht abgeschlossen ist.
       
       Als erste weibliche Vizepräsidentin hat die kalifornische Senatorin
       nebenbei auch Geschichte geschrieben. Sie ist nicht nur die erste Frau im
       Vizepräsidentenamt, sondern auch die erste Schwarze und die erste
       Amerikanerin indischer Abstammung.
       
       ## Harris: „Ich werde nicht die letzte Frau in diesem Amt sein“
       
       „Ich bin vielleicht die erste Frau, die dieses Amt bekleiden darf. Doch ich
       werde nicht die letzte sein“, sagte Harris in ihrer Rede. Der neu gewählte
       Präsident und die Vizepräsidentin bedankten sich bei allen
       Wahlkampfhelfern, ihren Familien und bei allen Wählern, die ihnen das
       Vertrauen geschenkt haben.
       
       Gratulationen für ihren Wahlerfolg erhielt das Duo von allen Seiten,
       darunter auch republikanische Politiker wie Utahs Senator Mitt Romney oder
       Alaskas Senatorin Lisa Murkowski. Insgesamt haben bereits mehr als ein
       Dutzend Politiker der Republikaner Bidens Wahlsiegs anerkannt.
       
       Ein Name, der unter den Gratulanten allerdings fehlte, war der von
       Präsident Donald Trump. Dieser spielte lieber eine Runde Golf in Virginia
       und verbreitete erneute seine Verschwörungstheorie der gestohlenen Wahl.
       Einen Beleg für diese Anschuldigung bleiben er und sein Team weiterhin
       schuldig.
       
       ## Trump: „Ich habe mit großem Abstand gewonnen“
       
       „Ich habe diese Wahl mit großem Abstand gewonnen“, schrieb Trump auf
       Twitter am späteren Samstagnachmittag. Der 74-Jährige und seine Anwälte
       leiteten bereits rechtliche Schritte ein, um die Wahlniederlage doch noch
       abzuwenden. Viele dieser Klagen wurden jedoch aufgrund mangelnder Beweise
       bereits wieder eingestellt.
       
       In einer an Kuriosität kaum zu überbietenden Pressekonferenz erklärte
       Trumps persönlicher Anwalt Rudy Giuliani, dass sein Klient einer
       Wahlniederlage sicher nicht zustimmen würde. „Man verliert so einen
       Vorsprung nicht ohne Korruption“, sagt der frühere Bürgermeister von New
       York City. Beweise blieb auch Giuliani schuldig. Die Pressekonferenz wurde
       in einem Industriegelände in Philadelphia abgehalten, zwischen einem
       Krematorium und einen Erotikshop. Eine Erklärung für die mehr als
       fragwürdige Örtlichkeit gab es keine.
       
       Laut CNN-Reporterin Kaitlan Collins soll Jared Kushner seinen
       Schwiegervater Trump bereits darauf angesprochen haben, die Wahlniederlage
       zu akzeptieren. Davon ist allerdings aktuell nicht auszugehen. Trump hatte
       mehrfach erklärt, eine Wahlniederlage nicht einzuräumen, sollte es
       Anzeichen für Wahlbetrug geben. Im Moment gibt es nichts weiter als
       haltlose Anschuldigungen. Die von Trump eingeleiteten rechtlichen Schritte
       werden hoffentlich bald für Aufklärung sorgen.
       
       8 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Joe-Biden-wird-naechster-US-Praesident/!5726810/
 (DIR) [2] /Jubel-in-New-York-City-ueber-Wahlergebnis/!5726828/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hansjürgen Mai
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Pennsylvania
 (DIR) US-Wahl 2024
 (DIR) Donald Trump
 (DIR) Joe Biden
 (DIR) Kolumne Der rote Faden
 (DIR) US-Wahl 2024
 (DIR) US-Wahl 2024
 (DIR) US-Wahl 2024
 (DIR) US-Wahl 2024
 (DIR) Donald Trump
 (DIR) US-Wahl 2024
 (DIR) US-Wahl 2024
 (DIR) USA
 (DIR) US-Wahl 2024
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) USA nach den Wahlen: Zum Weinen
       
       Wann hat sich die Welt wohl zuletzt so angefühlt wie an diesem Tag? Bei der
       Mondlandung? Beim Mauerfall? Eindrücke aus Philadelphia.
       
 (DIR) Übergang in den USA: Biden setzt auf Bewährtes
       
       Der langjährige Berater des gewählten Präsidenten Ron Klain soll Stabschef
       im Weißen Haus werden. Die Republikaner erobern weiteren Senatssitz.
       
 (DIR) USA nach den Wahlen: Trump geht, die Wut bleibt
       
       Die Linke braucht ein Konzept gegen den leicht entflammbaren Hass auf
       liberale Eliten: eine ausgleichende, moderate und entschieden soziale
       Politik.
       
 (DIR) Mehrheit im US-Senat für Demokrat:innen: In Georgia geht die Wahl weiter
       
       Mit einem Sieg in Georgia können die Demokrat:innen den US-Senat für sich
       gewinnen. Die Stichwahlen finden erst Anfang Januar 2021 statt.
       
 (DIR) Künftige Vizepräsidentin Kamala Harris: Vorbild mit Haken
       
       Zum ersten Mal wird eine Frau Vizepräsidentin in den USA. Doch Kamala
       Harris steht auch für eine Leistungsideologie, die viele Menschen
       ausschließt.
       
 (DIR) Amerika, Neuseeland und Ikea: Bei den Teutonenmaori
       
       Trump klagt im Weißen Haus auf Eigenbedarf und Biden wird es schwer haben,
       das Land wieder zu vereinen. Aber Spalten können wir hierzulande auch.
       
 (DIR) Internationale Reaktionen auf Wahlsieg Bidens: Hoffnung auf mehr Frieden
       
       Die EU gratuliert Biden zum Wahlsieg, Russland und China zögern noch. Und
       der Iran ruft den Demokraten zur Rückkehr zum Atomabkommen auf.
       
 (DIR) Joe Biden wird nächster US-Präsident: Eine Chance, mehr nicht
       
       Es ist erleichternd, dass Donald Trump nach nur einer Amtszeit abgewählt
       ist. Aber für eine erfolgreiche Präsidentschaft Biden reicht das nicht.
       
 (DIR) Nach der Wahl in den USA: Wie sich das System Trump zersetzt
       
       Noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt, da wenden sich schon viele
       RepublikanerInnen vom Präsidenten ab. Wer jetzt wie reagiert, ist
       zukunftsweisend.
       
 (DIR) Joe Biden als US-Präsident: Kriegen wir hin
       
       Bei Amtsantritt wird Joe Biden vor einem Scherbenhaufen stehen. Ohne klare
       Mehrheiten im Kongress und mit einem Supreme Court, der gegen ihn ist.