# taz.de -- Hochschul-Lehre in Hamburg: Hybrid-Semester fällt aus
       
       > Uni-Chef Lenzen sagt kurzfristig alle Präsenz-Lehrveranstaltungen ab, die
       > nicht „zwingend“ sind. Lehrende protestieren. Die Senatorin hält sich
       > raus.
       
 (IMG) Bild: Was denn, kein Abstand an der Hamburger Uni? Sind die irre? Ah, ne, das Foto ist von 2015
       
       Hamburg taz | Als der Hamburger Senat vorigen Freitag [1][neuste
       Verschärfungen im Coronakampf] ankündigte, schien es, als ändere sich für
       die Hochschulen nichts. Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne)
       sagte, das am Montag beginnende Wintersemester finde „hybrid“ statt. „Das
       heißt nach wie vor: so viel Präsenzlehre wie möglich, so viel digital wie
       möglich.“
       
       Nur wenigen mag eine kleine Abweichung zur bisherigen Sprachregelung
       aufgefallen sein. Die hieß: „So viel digital wie nötig.“ Überrascht waren
       jedenfalls Lehrende der Universität Hamburg, als sie noch Freitagabend eine
       neue Dienstanweisung des Uni-Präsidiums erhielten. Darin heißt es,
       Veranstaltungen, die weder zwingend erforderlich noch Prüfung oder
       Laborpraktika seien, „finden bis auf Weiteres nicht statt“.
       
       Dabei bereitete sich die Universität seit Wochen auf eine sogenanntes
       Hybrid-Semester vor, das nach dem kompletten Onlinesemester im Sommer
       wieder echte Kontakte bieten sollte. So wurden Seminare mit 20 bis 30
       Teilnehmern in Hörsälen mit 500 Sitzplätzen geplant, damit Abstand gehalten
       wird. Auch sollten akribisch Kontaktdaten erfasst werden. Sogar [2][für die
       Geistes- und Sozialwissenschaften sollte es zehn Prozent Präsenzlehre]
       geben.
       
       Bei Lehrenden kommt die Dienstanweisung deshalb nicht nur gut an. „Man hat
       uns erst viel Arbeit in Präsenzlehre investieren lassen und dann ganz
       kurzfristig abgesagt“, sagt Marc-Olivier Hinzelin, Dozent am Institut für
       Romanistik.
       
       ## Wissenschaftler in Sorge vor Vereinsamung
       
       Gemeinsam mit 30 Lehrenden schrieb er einen [3][offenen Brief an das
       Uni-Präsidium] mit der Forderung, die geplanten Präsenzveranstaltungen zu
       ermöglichen, „selbstverständlich auf Grundlage der Schutzkonzepte“. Denn
       Wissenschaft brauche Diskussion und Begegnung. Die seien „das beste Mittel
       gegen Vereinsamung, Frustration und Stress“.
       
       Uni-Präsident [4][Dieter Lenzen und seine Vizes konterten scharf]. Mit der
       Aufforderung, Präsenzlehre in unbeschränkter Form zuzulassen, werde die
       Öffentlichkeit über die Rechtsgrundlage getäuscht. Stehe doch in der
       neusten Verordnung des Senats, Lehre in Präsenz erfolge nur, wenn dort
       Lehrende und Studierende „zwingend“ anwesend sein müssten. Und das sei nur
       bei wenigen der Fall: etwa in Laboren oder der Lehrerbildung.
       
       Nachfragen der taz ergaben: Der rot-grüne Senat hat in der Tat am Freitag
       den Paragrafen 20, Absatz 2 der Eindämmungsverordnung verschärft. Bis zum
       30. Oktober hieß es dort noch, das Wintersemester erfolge „vorrangig in
       hybrider Form“, also teils präsent, teils digital. Nun ist dort ein Zusatz
       zu lesen: „Während des Wintersemesters 2020/2021 erfolgt die Lehre an
       staatlichen Hochschulen in hybrider Form und in Präsenz, soweit die
       jeweilige Lehrveranstaltung eine gemeinsame Anwesenheit von Studierenden
       und Lehrenden zwingend erfordert“. Darauf stützt sich nun das
       Uni-Präsidium.
       
       In Unikreisen hört man, dass zwei Hochschulen schon bei einer
       Telefonkonferenz am 26. Oktober ankündigten, die Präsenzlehre nach zwei,
       drei Wochen einzustellen. Auch soll Uni-Präsident Lenzen selbst den Senat
       zu dieser neuen Formulierung gedrängt haben. Danach gefragt sagt seine
       Sprecherin jedoch: „Das trifft nicht zu.“
       
       An der Hochschule für Angewandte Wissenschaft (HAW) indes findet wie
       geplant das hybride Semester statt. Vor allem für Anfänger gibt es auch
       Präsenzveranstaltungen. Auch die Technische Universität Hamburg bietet
       Lehrveranstaltungen in kleinen Gruppen mit bis zu 25 Teilnehmern.
       
       ## Opposition fordert Ersatz für Erstsemester-Partys
       
       Wissenschaftssenatorin Fegebank erklärt gegenüber der taz, es gelte, sofern
       die Infektionen es zuließen, nach wie vor der Satz: „So viel Präsenz wie
       möglich, so digital wie nötig.“ Sie verstehe den Wunsch der Dozierenden,
       dass Lehrveranstaltungen vis à vis stattfinden, fände es aber auch
       nachvollziehbar, dass die Universität nun „überwiegend auf digitale Lehre
       setzt“. Jede Hochschule finde für sich „kluge und praktikable Lösungen“.
       
       Die CDU-Politikerin Anke Frieling indes [5][spricht von einem
       „Uni-Lockdown“]. Fegebank lasse die Hochschulen allein und mache „es sich
       viel zu einfach“. Sie verstehe den Frust von Dozierenden und Studierenden,
       die noch ein Semester ohne soziale Kontakte auskommen müssen, sagt
       Frieling. Wenn Unternehmen hybrid arbeiteten, könnten Unis das auch. Ginge
       es nach Frieling, hätte der Senat längst ein Konzept ausfeilen müssen. Die
       CDU beantragt nun ein solches. Dabei möge der Senat neben
       Blockveranstaltungen mit festen Gruppen auch Ersatz für
       „Erstsemester-Anfangspartys“ entwickeln.
       
       Anmerkung der Redaktion: der Artikel wurde im 8. Absatz korrigiert. In
       einer früheren Version schrieben wir, in der neuen Verordnung sei zu lesen,
       die hybride Form müsse „zwingend“ erforderlich sein. Das war nicht richtig,
       da sich das Wort „zwingend“ auf die Präsenzlehre bezieht. In der neuen
       Fassung haben wir den ganzen Passus der Verordnung zitiert: „,Während des
       Wintersemesters 2020/2021 erfolgt die Lehre an staatlichen Hochschulen in
       hybrider Form und in Präsenz, soweit die jeweilige Lehrveranstaltung eine
       gemeinsame Anwesenheit von Studierenden und Lehrenden zwingend erfordert'.
       Darauf stützt sich nun das Uni-Präsidium.“
       
       6 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.hamburg.de/verordnung/
 (DIR) [2] /Wintersemester-in-Hamburg/!5713028/
 (DIR) [3] https://www.openpetition.de/petition/online/die-geplante-praesenzlehre-im-wintersemester-ermoeglichen
 (DIR) [4] https://www.uni-hamburg.de/newsroom/presse/2020/pm50.html
 (DIR) [5] https://cduhh.de/category/pressemitteilung/wissenschaft/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
       ## TAGS
       
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