# taz.de -- Stuttgart wählt OberbürgermeisterIn: Wer folgt auf Kuhn?
       
       > In Stuttgart wird es am Sonntag spannend: Eine Nachfolge für den
       > amtierenden Oberbürgermeister Fritz Kuhn wird gesucht. Das Rennen offen.
       
 (IMG) Bild: Fritz Kuhn während einer Veranstaltung im Stuttgarter Rathaus
       
       Karlsruhe taz | Es war eine handfeste Überraschung, als der Stuttgarter
       Oberbürgermeister Fritz Kuhn im Januar ankündigte, nicht mehr für eine neue
       Wahlperiode anzutreten. Wenn am Sonntag gewählt wird, können sich die
       Grünen keinesfalls sicher sein, den OB-Sessel zu behalten.
       
       14 KandidatInnen treten an. Die grüne Bezirksbürgermeisterin Veronika
       Kienzle – die erst durch eine Parteikommission gefunden wurde, nachdem
       Prominentere wie die Landtagspräsidentin Muhterem Aras abgesagt hatten –
       liegt nach einer [1][Umfrage des SWR] hauchdünn vorne.
       
       Aber das Rennen, das auch als Stimmungstest für die Landtagswahl vier
       Monate später gesehen wird, ist offen. Eine Umfrage der Universität
       Hohenheim sieht den langjährigen Bürgermeister von Backnang, Frank Nopper
       (CDU), vorn.
       
       Das gibt der CDU im ganzen Land Auftrieb. Denn behalten die DemoskopInnen
       recht, hätte die Union nach längerer Zeit wieder Chancen auf einen OB-Sitz
       in einer Großstadt und zumindest ein wenig Rückenwind für die Landtagswahl
       im kommenden Jahr. Für die Grünen wäre es besonders schmerzlich, wenige
       Monate bevor Kretschmann sein Amt verteidigt, die Führung der
       Landeshauptstadt zu verlieren. Schon 2018 hatte in Freiburg mit Dieter
       Salomon ein Grüner seine Amtskette überraschend an den unabhängigen Martin
       Horn verloren.
       
       ## Stimmungstest für die Landtagswahl
       
       Die SPD machte es sich mit der Kandidatur in Stuttgart besonders schwer.
       Neben dem offiziellen Kandidaten, dem langjährigen Stadtrat Martin Körner,
       ging auch sein Genosse, der junge Tengener Bürgermeister Marian Schreier,
       als Unabhängiger ins Rennen – und riskierte damit einen
       [2][Parteiausschluss]. Auch diese beiden Kandidaten liegen nur wenige
       Prozentpunkte hinten.
       
       Fritz Kuhn hinterlässt eine Stadt im Umbruch. Seine Bilanz gilt als
       durchwachsen. Der Politroutinier und ehemalige Bundessprecher der Grünen
       hat nach seinem Wechsel aus Berlin eher zögerlich taktiert, als
       entschlossen die dicken Bretter in Stuttgart zu bohren. Bei seinem
       Amtsantritt hatte er eine Entspannung des Mietmarkts versprochen, jedoch
       wenig erreicht. Stuttgart wächst und ist weiterhin eine der teuersten
       Städte bundesweit.
       
       Auch ökologische Leuchtturmprojekte sucht man nach sechs Jahren vergeblich.
       Kuhn hat eine Wende in der Verkehrspolitik mal mit einem Häuserkampf
       verglichen: Da werde „um jeden Innenstadtparkplatz gekämpft“.
       
       Immerhin: Die Feinstaubwerte, für die Stuttgart bundesweit bekannt ist,
       sinken. Nicht nur dank Corona, sondern auch wegen eines Nahverkehrskonzepts
       und einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 Kilometer im Stadtbereich. Und
       kurz vor seinem Rückzug verabschiedete der Gemeinderat noch ein
       millionenschweres Klimaschutzprogramm, das die Stadt bis 2050 klimaneutral
       machen soll.
       
       ## Grüne kämpfen um Stuttgart
       
       Das ist zu langsam, findet Gemeinderat Hannes Rockenbauch, der für die
       linke Wählerliste Stuttgart ökologisch sozial (SÖS) antritt. Allerdings sei
       es immerhin der beste Haushalt, den Stuttgart bisher beschlossen habe.
       Rockenbauch, der in der Anti-Stuttgart-21-Bewegung groß geworden ist, gilt
       immer noch als junges Talent und könnte für einen Überraschungserfolg gut
       sein.
       
       Rockenbauch wird von Fridays for Future unterstützt, wie auch sein Freund
       und Fraktionskollege [3][Luigi Pantisano], der vor wenigen Wochen nur knapp
       die Oberbürgermeisterwahl in Konstanz verloren hat. Rockenbauch liegt in
       einer der Umfragen auf Platz drei.
       
       Eine Entscheidung wird wohl erst bei der Stichwahl am 29. November fallen.
       Eine absolute Mehrheit am Sonntag wäre eine noch größere Überraschung als
       Kuhns Rückzug im Januar.
       
       7 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/bw-trend/umfrage-infratest-dimap-ob-wahl-stuttgart-16-10-2020-100.html
 (DIR) [2] /Buergermeister-Wahl-in-Stuttgart/!5670441
 (DIR) [3] /Moeglicher-neuer-OB-von-Konstanz/!5717727
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Stieber
       
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