# taz.de -- Wegen hetzerischen Coronalieds angezeigt: Mediziner zündelt
       
       > Auf einer Bremer „Querdenken“-Demonstration gegen die Coronamaßnahmen
       > singt ein Arzt von „Virologen in die Flammen“. Der Staatsschutz
       > ermittelt.
       
 (IMG) Bild: Plakate während einer Demonstration gegen Coronamaßnahmen in Berlin
       
       Der Staatsschutz der Bremer Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung gegen
       einen Bremer Arzt. Dieser hatte auf einer [1][„Querdenker“-Demonstration
       gegen die Coronamaßnahmen] am 14. November am Hauptbahnhof in einem selbst
       geschriebenen Lied gesungen: „Wir werfen den Covid in die Flammen, mit
       Virologen zusammen.“ Auch „Krisengewinnler“ sollten noch mit ins Feuer, das
       werde „ein Zaubertrank“, „für uns wird das ein neues Land sein, mit
       Herzblut und Verstand“. Ein Videomitschnitt seines Auftritts, der
       inzwischen gelöscht wurde, war auf der Homepage der Bremer Gruppe
       „Querdenken“ zu sehen.
       
       Eine Bremerin, die mit Mann und Tochter gegen die „Querdenker“ protestiert
       hatte – „damit es nicht immer nur die Antifa und die Omas gegen rechts
       sind“ –, erstattete am Tag darauf Anzeige und informierte unter anderem die
       taz. Sie stieß sich vor allem an der möglichen Analogie zur Ermorderung
       jüdischer Bürger*innen unter dem NS-Regime.
       
       Möglich wäre auch, wegen des [2][Aufrufs zu einer Straftat] zu ermitteln,
       weil der Arzt davon singt, dass Virologen verbrannt werden sollen. Die
       beiden bekanntesten deutschen Virologen Christian Drosten und Hendrik
       Streeck haben nach eigenen Angaben bereits mehrfach Morddrohungen bekommen.
       Die Bremer Polizei hielt den [3][Anfangsverdacht von Volksverhetzung] für
       gegeben, wie ein Sprecher der Polizei der taz bestätigte, und übergab die
       Ermittlungen der Staatsschutz-Abteilung. Ergebnisse seien frühestens
       nächste Woche zu erwarten, so der Sprecher.
       
       Als „Jürgen, Gitarrist und Arzt“ hatte eine der Demo-Organisator*innen auf
       der Bühne den Sänger vorgestellt. Er selbst sagte zu Beginn seines
       Liedvortrags, er komme „von der Gruppe Lied-Attacke“ und solle „ein
       bisschen Stimmung machen“, weil man sich „in dieser Zeit nicht die
       Lebensfreude verderben lassen“ dürfe. Das Lied mit der wiederkehrenden
       Zeile „Wir haben den Covid verbrannt“, bezeichnete er als „Vision“, die „im
       übertragenen Sinne zu sehen“ sei.
       
       Dabei ist der Arzt in Bremen kein Unbekannter, sondern prominenter
       Vertreter einer Gruppe von naturheilkundlich orientierten Ärzt*innen, die
       sich mit der Bremer Ärztekammer streiten, weil diese seit diesem Jahr
       Homöopathie nicht mehr in ihrem Weiterbildungskatalog führt. Die
       Begründung: Für die zu definierenden Lernziele fehle eine wissenschaftliche
       Basis, dies sei aber Voraussetzung für die Zertifizierung durch eine
       Ärztekammer. Die Bremer waren diesen Schritt als Erste gegangen, mehrere
       Kammern sind gefolgt. In Bremen haben die homöopathischen Ärzt*innen
       [4][Klage eingereicht].
       
       ## Komponist versteht sein Lied als Parabel
       
       Jürgen Fuchs – so heißt der Gitarrist und Arzt mit vollem Namen – war nach
       diesem Beschluss im September 2019 zur darauffolgenden [5][Wahl zur
       Delegiertenversammlung] zur Ärztekammer mit neun Kolleg*innen als Liste
       „Integrative Medizin Bremen“ angetreten. Er konnte als Einziger einen Sitz
       in dem 30-köpfigen Gremium erringen und verlor dann die Wahl zum
       Kammerpräsidenten gegen die amtierende Präsidentin Heidrun Gitter.
       
       Gitter sagte am Mittwoch der taz, seine Aussage über die brennenden
       Virologen sei inakzeptabel. Die Kammer werde den Vorgang auch
       berufsrechtlich prüfen. Sie kündigte zudem eine persönliche Erklärung mit
       entsprechender Missbilligung auf der nächsten Delegiertenversammlung am
       Montag an.
       
       Fuchs sagte auf Nachfrage, er distanziere sich von einem Verstehen seines
       Liedes, dass Menschen verbrannt werden sollen. „Ich bin Arzt, nichts liegt
       mir ferner, als dass jemand wegen seiner Meinung getötet werden soll.“ Das
       Lied sei als Metapher gemeint und habe einen schamanistischen Hintergrund.
       Danach werde etwas „in die Flammen gegeben“, um Neues entstehen zu lassen.
       Es gehe ihm um die Angst vor dem Coronavirus – die werde verbrannt.
       
       Auf der Bremer Demonstration sprach Fuchs auch über [6][die Leipziger
       „Querdenken“-Demonstration eine Woche zuvor]. Er sei dort gewesen, „es war
       friedlich, es wurde gesungen und getanzt“. Journalist*innen berichteten
       hingegen über gezielte Angriffe auf Medienvertreter*innen von Neonazis.
       Geschätzte 45.000 Menschen hatten in der Innenstadt demonstriert,
       größtenteils unter Missachtung von Maskenpflicht und Abstandsgeboten, die
       Polizei hatte mehrfach die Kontrolle verloren.
       
       Er gehe auf diese Demonstrationen, weil ihm der Umgang mit und die
       Sichtweise auf die Coronakrise zu einseitig seien, sagte Fuchs. Für ihn sei
       noch nicht erwiesen, dass das Virus die derzeitigen Maßnahmen rechtfertige.
       Im Lied singt er, die Gefährlichkeit „flüstert uns ein Virologe tief ins
       Ohr“, „wir haben die Freiheit verbannt, Gleichschaltung im ganzen Land“.
       
       Zudem teile er die Sorge vieler Menschen, darunter auch Ärzt*innen und
       Staatsrechtler*innen, um die Einschränkung von Grundrechten. „[7][Es fehlen
       regelmäßige Diskussionen] darüber und über die Maßnahmen im Bundestag.“
       Und: „Es stimmt einfach nicht, dass das alles Nazis sind oder diese Demos
       von Nazis dominiert sind.“
       
       Leute, die den Arzt lange kennen, sagen, sie hielten ihn nicht für einen
       Nazi. Es sei aber schwer, mit ihm über unterschiedliche Ansichten zum
       Beispiel über Naturheilkunde zu diskutieren. Fuchs engagiert sich in Bremen
       bei Attac und ist Mitglied der Gemeinwohlinitiative, die ein alternatives
       Wirtschaftsmodell fördern will.
       
       Er weist darauf hin, dass er in seiner Hausarztpraxis alle Hygieneauflagen
       einhalte.
       
       Nachtrag: Jürgen Fuchs hat sich am 20. November in einem Schreiben an die
       Medien [8][für seine Wortwahl entschuldigt].
       
       19 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [2] https://dejure.org/gesetze/StGB/111.html
 (DIR) [3] https://dejure.org/gesetze/StGB/130.html
 (DIR) [4] /Archiv-Suche/!5694443
 (DIR) [5] https://www.aekhb.de/data/mediapool/sonderveroeffentlichung_listen_kammerwahl_2019.pdf
 (DIR) [6] /Querdenker-Protest-in-Leipzig/!5726829
 (DIR) [7] /Die-steile-These/!5723510
 (DIR) [8] /Entschuldigung-fuer-Virologen-Schmaehlied/!5730255
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eiken Bruhn
       
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