# taz.de -- Linke Opposition in Russland: Hoffnung auf ein Ende des Arrests
       
       > Nikolai Platoschkin ist ein hartnäckiger Gegner Putins. Seit Juni steht
       > er deshalb unter Hausarrest. Doch seine Lage könnte sich bald verbessern.
       
 (IMG) Bild: Erbitterter Gegner von Präsident Wladimir Putin: Nikolai Platoschkin
       
       Es kommt selten vor, dass die von Opfern des Stalin’schen Terrors
       gegründete Menschenrechtsorganisation Memorial und Russlands Kommunisten an
       einem Strang ziehen. Doch wenn es um den [1][linken Oppositionspolitiker]
       Nikolai Platoschkin geht, sind sich Menschenrechtler und Kommunisten-Chef
       Gennadi Sjuganow einig: Die Verfolgung von Platoschkin muss enden.
       
       Platoschkin hatte der Regierung Unfähigkeit in der Sozialpolitik und im
       Umgang mit der Coronakrise vorgeworfen und auf soziale Ungerechtigkeit in
       Russland aufmerksam gemacht. Am 2. Juni hatte der 55-Jährige angekündigt,
       bei den Präsidentschaftswahlen zu kandidieren. Zwei Tage später hatte er
       die Polizei in seiner Wohnung und eine Anklage am Hals. Der Vorwurf:
       „Öffentliches Verbreiten von offenkundig falschen Informationen.“ Nach
       einer Gesetzesnovelle im Frühjahr droht ihm dafür Haft.
       
       Weggefährten von Platoschkin vermuten, dass er mundtot gemacht werden soll.
       Der linke Oppositionspolitiker versammelt auf seinem Youtube-Kanal mehr als
       eine halbe Million Abonnenten und hat bei den Nachwahlen zur Staatsduma
       2019 als Parteiloser auf dem Ticket der Kommunisten im sibirischen
       Chabarowsk mit fast 25 Prozent der Stimmen die Kandidatin der russischen
       Regierungspartei geschlagen.
       
       Seit Juni sitzt der Vorsitzende der Bewegung für einen neuen Sozialismus im
       Hausarrest in Moskau und darf nur noch mit engsten Angehörigen in Kontakt
       treten. Auch seine Lebenspartnerin Anschhelika Egorovna darf nicht zu ihm,
       da ihre Ehe nicht im Standesamt eingetragen ist.
       
       ## Die Armut in Russland machte ihn zum Putin-Gegner
       
       Im September musste Platoschkin wegen Präinfarkt-Symptomen klinisch
       behandelt werden. Seine Partnerin fürchtet um sein Leben. Ein
       gerichtsmedizinisches Gutachten schreibt ihm als Infarktprophylaxe
       Spaziergänge vor, die er wegen seines Hausarrests nicht machen darf.
       
       Nichts in Platoschkins Werdegang weist darauf hin, dass er einmal
       Wortführer einer außerparlamentarischen Opposition werden würde. Nach
       seinem Abschluss der Fakultät für Internationale Beziehungen und einem
       weiteren Abschluss für diplomatisches Führungspersonal des russischen
       Außenministeriums war er bis 2006 als Diplomat tätig. Platoschkin, der
       neben Tschechisch auch Deutsch und Englisch spricht, arbeitete in
       russischen Botschaften in Deutschland und den USA, außerdem auch im
       Außenministerium in Moskau. [2][Die Armut], die er außerhalb von Moskau
       gesehen hatte, machte ihn zu einem erbitterten Gegner von Wladimir Putin.
       
       Privat, so berichten Freunde des charismatischen Politikers, sei er
       umgänglich und spiele auf seiner Gitarre Chansons des Barden Bulat
       Okudschawa. Auf der Datscha seiner Eltern sei er für 15 Katzen
       verantwortlich. Wirklich schlecht gelaunt sei er nur, wenn er gegen seinen
       über 80-jährigen Vater im Schach verlöre.
       
       Am 25. November wird ein Moskauer Gericht neu über den Hausarrest
       verhandeln.
       
       18 Nov 2020
       
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