# taz.de -- Kiezclub macht Trikots jetzt selbst: St. Pauli will Weltmeister werden
       
       > Der Kiez-Club will seine Kicker künftig selbst mit Trikots ausstatten,
       > indem er die nachhaltigste Teamsport-Kollektion der Welt auf den Markt
       > bringt.
       
 (IMG) Bild: Kann man auch selber machen: die Trikots für auswärts und zuhause, Stand 2015
       
       Hamburg taz | Die Latte könnte kaum höher gehängt werden: „Wir werden die
       [1][nachhaltigste] Teamsport-Kollektion der Welt auf den Markt bringen“,
       kündigte der Vertriebschef des [2][FC St. Pauli], Bernd von Geldern, auf
       der Vereinswebseite an. Dem bisherigen Ausrüster, also der Firma, die die
       Mannschaft mit Trikots und Trainingsanzügen ausrüstet, wird gekündigt.
       Stattdessen wird der Verein die Sachen in Eigenregie herstellen.
       
       Hintergrund der Entscheidung ist zum einen die Kritik an dem bisherigen
       Ausrüster Under Armour, dem Verbindungen zum US-Militär und eine Nähe zur
       US-Waffenlobby National Rifle Association (NRA) vorgehalten werden. Zum
       andern ist es ein Beschluss der [3][St.-Pauli]-Mitgliederversammlung aus
       dem November 2016. Demnach sollen die Merchandising-Produkte des Vereins –
       vom T-Shirt bis zum Adventskalender – fair und nachhaltig produziert
       werden.
       
       „Diesem Anspruch möchten wir in möglichst vielen Bereichen gerecht werden“,
       sagt von Geldern. Mit der eigenen Marke „DIIY“ (Do it yourself) wolle der
       Verein „zeigen, dass sich Qualität, Nachhaltigkeit und faire
       Arbeitsbedingungen auch für Performance-Kleidung überhaupt nicht
       ausschließen müssen.“
       
       Nachhaltigkeit bedeutet aus Sicht des Vereins, dass von der
       Baumwollerzeugung auf dem Feld über die Produktion bis zur Vermarktung
       ökologische und soziale Standards eingehalten und die Produkte zudem fair
       gehandelt werden. Um das zu gewährleisten, arbeitet der Verein mit
       verschiedenen Zertifizierern zusammen. Der Verein entscheide „für jede
       Produktart individuell, ob und falls ja, welche Siegel wir für sinnvoll
       erachten“, sagt Carina Weh, die Verantwortliche für Nachhaltigkeit im
       Verein.
       
       ## Arbeitsbedingungen vor Ort gecheckt
       
       Mit vielen Herstellern, die meisten von ihnen in der Türkei, verbänden den
       Club überdies langjährige Lieferbeziehungen. „Wir bedienen uns eingeführter
       und seit 15 Jahren bekannter Produktionsstätten, die wir selber besucht
       haben und die von Dritten zertifiziert wurden“, sagt von Geldern. Die
       Arbeitsbedingungen hätten sich Vereinsvertreter vor Ort angesehen. Und
       trotz der politischen Lage wolle der Verein mit türkischen Firmen
       zusammenarbeiten. „Wir müssen auch die liberalen Kräfte in der Türkei
       unterstützen“, findet von Geldern.
       
       Es wundere ihn nicht, „dass man ausgerechnet am Millerntor auf diese Idee
       gekommen ist“, sagt Gerd Nufer, Direktor am Deutschen Institut für
       Sportmarketing im schwäbischen Reutlingen. Der FC St. Pauli sei
       traditionell gut darin, sein „anderes Image“ zu vermarkten – und das auch
       noch unabhängig vom sportlichen Erfolg.
       
       Die Trikots selbst zu produzieren, hält er für clever. Am Beispiel der
       Nationalelf habe er anlässlich der WM 2018 recherchiert, wer wie viel an
       einem verkauften Trikot verdient. Fazit: „Wer es selbst macht, muss weniger
       teilen und behält ein größeres Stück vom Kuchen.“
       
       Allerdings hat der bisherige Ausrüster Under Armour auch Geld dafür
       bezahlt, dass die St.-Pauli-Spieler seine Trikots tragen – eine Million
       Euro, die der Verein erst mal erwirtschaften muss. „Unser Anspruch ist, so
       erfolgreich zu arbeiten, dass wir es uns leisten können, keinen Ausstatter
       zu haben“, sagt Geschäftsführer von Geldern.
       
       Andrea Rechtsteiner von der gleichnamigen [4][Textilberatungsfirma] findet
       das Projekt des FC St. Pauli lobenswert. „Es ist eine Benchmark für die
       anderen“, sagt sie. Der Club kümmere sich nicht nur um nachhaltige
       Textilien, sondern auch um die Arbeitsbedingungen bei den Lieferanten und
       eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. „Wenn Sie selbst produzieren, haben
       Sie natürlich die gewollte Transparenz in der [5][Lieferkette]“, sagt
       Rechtsteiner.
       
       Was eigene Produkte angeht, muss St. Pauli nicht bei Null anfangen. „Wir
       haben schon unsere Totenkopfsachen selbst hergestellt“, sagt von Geldern –
       und auch die schon mit Anspruch. „Beim Totenkopf-T-Shirt sind wir schon auf
       einem Standard, mit dem wir zufrieden sind“, sagt der Vertriebschef. Die
       Shirts sind nach dem Global Organic Textile Standard (GOTS) zertifiziert
       und basieren auf fairem Handel.
       
       Die Trikots, die die Anforderungen von Hochleistungssportlern erfüllen
       müssen, bestehen zum größten Teil aus Recyclingplastik nach den Kriterien
       des Global Recycled Standard (GRS). Dazu kommt bei einigen Materialien der
       bluesign-Standard für die Herstellung.
       
       17 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Gruener-Knopf-Siegel-fuer-faire-Bekleidung/!5624202
 (DIR) [2] /Vor-dem-Start-der-neuen-Bundesligasaison/!5699924
 (DIR) [3] https://www.fcstpauli.com/verein/leitlinien/
 (DIR) [4] https://www.andrea-rechtsteiner.de/unser-profil
 (DIR) [5] /Oekonom-zu-Lieferkettengesetz/!5709868
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) FC St. Pauli
 (DIR) Sportvereine
 (DIR) Fußball
 (DIR) Sponsoring
 (DIR) Nachhaltigkeit
 (DIR) Marketing
 (DIR) FC St. Pauli
 (DIR) Fußball
 (DIR) FC St. Pauli
 (DIR) Lieferketten
 (DIR) Welthandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Nordderby in der Zweiten Bundesliga: Ein unnützes Unentschieden
       
       Im Zweitliga-Derby trennen sich der FC St. Pauli und Holstein Kiel 1:1
       (0:0). Beim Kiez-Club war dem Spiel eine Torwartposse vorausgegangen.
       
 (DIR) Heimniederlage für den FC St. Pauli: Euphorische Talfahrt
       
       Neuanfang einstweilen gescheitert: Nach einer 0:3-Klatsche gegen Fortuna
       Düsseldorf findet sich der FC St. Pauli tief im Zweitliga-Keller wieder.
       
 (DIR) FC St. Pauli gewinnt erste Heimpartie: Fast jeder Schuss ein Treffer
       
       Mit gnadenloser Effizienz besiegt der FC St. Pauli am Millerntor die
       favorisierten Heidenheimer mit 4:2. Ein paar Zuschauer*innen waren auch
       dabei.
       
 (DIR) Vorstoß für Lieferkettengesetz: Freiwillig ist nichts passiert
       
       Initiativen aus der Zivilgesellschaft fordern seit langem Mindeststandards
       für die faire Produktion von Textilien. Jetzt kommt Hilfe von der Politik.
       
 (DIR) Ökonom zu Lieferkettengesetz: „Das ist eine Frage des Anstands“
       
       Das Lieferkettengesetz soll Menschenrechte sichern – und überfordert weder
       Mittelstand noch Exporteure, sagt der Wirtschaftsweise Achim Truger.