# taz.de -- Dumme Fragen an kluge Frauen: Wissenschaftlerin? Quotenfrau!
       
       > Der „Spiegel“ interviewt die Virologin Sandra Ciesek. Was dabei und
       > danach geschah, ist ein Paradebeispiel für Sexismus in der Arbeitswelt.
       
 (IMG) Bild: Auf dumme Fragen klug geantwortet: Prof. Dr. Sandra Ciesek
       
       Der Spiegel [1][hat ein Interview veröffentlicht mit Sandra Ciesek,
       Professorin für Virologie]. Das, was darin und danach geschah, war ein
       Paradebeispiel für Sexismus. Deshalb heute: Die vier Phasen sexistischer
       Herabwürdigung von Frauen in der Arbeitswelt, Eintrag für ein Lehrbuch der
       Wirtschaftssoziologie.
       
       Die erste Phase sexistischer Herabwürdigung von Frauen in der Arbeitswelt
       ist die Herabwürdigung selbst. Voraussetzung dafür ist das Grundprinzip,
       die Leistung einer Frau zu ignorieren. Qualifikationen, Titel, Erfahrung?
       Alles geschenkt. Die Frau wird auf ihr Frausein reduziert und dieses mit
       sexistischen Stereotypen verknüpft. Beispiele: Die Frau wurde befördert?
       Die hat sich hochgeschlafen! Die Frau hat den Job bekommen? Weil sie hübsch
       ist! Oder: Die Frau macht jetzt bei einem Podcast mit. „Ihnen ist klar,
       dass Sie die Quotenfrau sind?“ (Spiegel).
       
       Die vermeintliche Intention: Provozieren, kritisch sein und was wagen,
       indem geäußert wird, was man heute gar nicht mehr sagen darf. Damit, wer
       die Herabwürdigung durchführt, sich das selbst glaubt, gilt als
       Voraussetzung: Negieren, dass das so schon 142.576 Mal gesagt wurde.
       Weiterhin wird die Frau in eine hierarchische Beziehung zu einem Mann
       gesetzt: „Sie hingegen gelten als ‚die Neue an Drostens Seite‘“ (Spiegel).
       Häufig tritt die Herabwürdigung auf, wenn Frauen in Männerdomänen
       vorstoßen. Wenn neben Virologen auch Virologinnen öffentlich werden.
       Tatsächliche (unbewusste) Intentionen: Einschüchterung, Aufmerksamkeit,
       Machterhalt.
       
       Auf die Herabwürdigung folgt: Realisierung und Gegenwehr. Häufig sind die
       Betroffenen während der Herabwürdigung vor den Kopf gestoßen. In dieser
       Phase erkennen sie: Ja, das war sexistische Scheiße. In glücklichen Fällen
       finden sie Verbündete. Die Äußerung der Kritik ist ihre einzige
       Handlungsoption. Wehren sie allein sich direkt zu Anfang, wird auch das in
       sexistische Stereotype sortiert („spaßbefreit“, „empfindlich“, „zickig“).
       
       ## Betroffene immer selbst schuld
       
       Erreicht die Kritik jene, die die Herabwürdigung durchführten, tritt die
       Reaktion ein, in Form von Ablehnung und Rechtfertigung.
       Argumentationsmuster: Das sei nicht so gemeint gewesen, man sei falsch
       verstanden worden. Auch wird auf die vermeintliche Intention verwiesen wie
       [2][„freche Fragen machen Interviews lebendiger“ (Ressortleiter Olaf
       Stampf, Spiegel]). Außerdem sei die Betroffene selbst schuld, sie hätte
       früher was sagen können.
       
       Zuletzt kommt es zur „Jetzt-ist-aber-mal-gut“-Phase. Sie wird ausgelöst vom
       bisher stillem Publikum. Dieses fordert ein Ende von Kritik und Shitstorm.
       Typischerweise kommt auch dabei eine Umkehr von Verantwortung zur
       Anwendung: Adressiert wird nicht, wer angefangen hat. Die Schuld
       zugeschrieben wird der Betroffenen und ihren Unterstützer:innen. Ein
       atypischer Verlauf ist möglich, wenn es in [3][Phase drei statt zu Abwehr
       zu Selbstreflexion und Entschuldigung kommt.] Dafür allerdings liegen kaum
       empirische Belege vor.
       
       19 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.spiegel.de/wissenschaft/sandra-ciesek-ueber-corona-massnahmen-ein-gutes-beispiel-ist-daenemark-a-00000000-0002-0001-0000-000173548967
 (DIR) [2] https://twitter.com/olafstampf/status/1317508880755195904
 (DIR) [3] /Spiegel-Interview-mit-Sandra-Ciesek/!5720040
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susan Djahangard
       
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