# taz.de -- Entführung einer Gouverneurin vereitelt: Komplott in Michigan
       
       > US-Ermittler haben 13 Männer festgenommen, die mutmaßlich die Entführung
       > der Gouverneurin Gretchen Whitmer geplant haben – und einen Bürgerkrieg.
       
 (IMG) Bild: Seit Monaten Ziel rechter Attacken: die demokratische Gouverneurin Gretchen Whitmer
       
       Washington dpa | Im US-Bundesstaat Michigan hat eine Gruppe von Männern
       mutmaßlich ein Komplott gegen die dortige Regierung und die Entführung der
       [1][Gouverneurin Gretchen Whitmer] geplant – und ist von Ermittler*innen
       gestoppt worden. Die Behörden verkündeten am Donnerstag insgesamt 13
       Festnahmen. Sechs Männern drohen wegen verschiedener Vorwürfe Anklagen auf
       Bundesebene. Parallel verfolgt das Justizministerium Michigans die Anklage
       von sieben weiteren Verdächtigen. Das Ministerium wirft ihnen vor, versucht
       zu haben, einen Bürgerkrieg anzuzetteln, um den „gesellschaftlichen
       Zusammenbruch“ herbeizuführen. Die Demokratin Whitmer suggerierte, dass
       sich mutmaßliche Extremisten wie die Beschuldigten von [2][US-Präsident
       Donald Trump] motiviert fühlen könnten.
       
       Mindestens sechs der Festgenommenen sollen nach Angaben der Bundespolizei
       FBI spätestens seit dem Sommer die Entführung Whitmers [3][vor den
       US-Wahlen am 3. November] geplant haben, wie aus einem Gerichtsdokument mit
       Schilderungen der FBI-Ermittler hervorging. Ende Juli habe einer der
       Verdächtigen gesagt, Whitmer könne am besten bei der Ankunft oder beim
       Verlassen ihres privates Ferienhauses oder der Sommerresidenz des
       Gouverneurs entführt werden. Im August und September habe die Gruppe das
       Ferienhaus observiert. Offenbar zog sie in Erwägung, eine Bombe unter einer
       nahe gelegenen Brücke detonieren zu lassen, um ein Eingreifen der Polizei
       bei der Entführung zu verhindern, wie die Ermittler weiter schilderten.
       
       „Ich wusste, dass dieser Job hart werden würde“, sagte Whitmer am
       Donnerstag. „Aber um ehrlich zu sein, ich hätte mir niemals so etwas
       vorstellen können.“ Die Pläne seien mithilfe von Informanten, verdeckten
       Ermittlern und geheimen Aufnahmen von Gesprächen aufgedeckt worden, sagte
       Staatsanwalt Andrew Birge bei einer Pressekonferenz. Er bezeichnete die
       Verdächtigen als „gewalttätige Extremisten“. Im Falle einer Verurteilung
       drohten ihnen lebenslange Haftstrafen. Die Festnahmen seien am
       Mittwochabend erfolgt.
       
       Anfang des Jahres sei das FBI in sozialen Netzwerken darauf aufmerksam
       geworden, dass eine Gruppe von Leuten – zu der auch zwei der nun
       Festgenommenen gehörten – den „gewaltsamen Sturz bestimmter Regierungs- und
       Strafverfolgungskomponenten“ diskutiert habe. Um Unterstützung für ihre
       Anstrengungen zu bekommen, habe einer der Verdächtigen eine Miliz in
       Michigan angesprochen.
       
       ## Die Miliz „Wolverine Watchmen“
       
       In einem Telefonat Mitte Juni soll einer der Verdächtigen gesagt haben, er
       benötige 200 Mann, um das Kapitol in der Hauptstadt Lansing zu stürmen und
       Geiseln zu nehmen, darunter die Gouverneurin, die wegen „Verrats“ vor
       Gericht gestellt werden solle. Derselbe Verdächtige soll bei einer
       Beobachtungsaktion des Ferienhauses der Gouverneurin im September gesagt
       haben: „Sie liebt verdammt noch mal die Macht, die sie gerade hat.“ Whitmer
       habe „unkontrollierte Macht“.
       
       Die sieben Männer, gegen die das Justizministerium eine Anklage erreichen
       will, sollen laut Ministerin Dana Nessel Mitglieder der Miliz namens
       „Wolverine Watchmen“ oder Verbindungen zu ihr gehabt haben. Ihnen wird der
       Versuch vorgeworfen, Adressen von Polizeibeamten herauszufinden, um sie
       anzugreifen, und einen Bürgerkrieg anzuzetteln. Zudem seien sie in
       Planungen und Training für einen Angriff auf das Kapitol in Lansing
       involviert gewesen, erklärte Nessel. Die Pläne hätten das Leben von
       Polizist*innen, Regierungsbeamt*innen und der breiten Öffentlichkeit
       gefährdet.
       
       ## Waffen im Parlament
       
       Whitmer gehört zu den aufstrebenden Figuren in der demokratischen Partei.
       In der Corona-Krise hatte sie strikte Ausgangsbeschränkungen verhängt, die
       ihr viel Lob, aber auch harsche Kritik einbrachten, darunter von
       US-Präsident Trump. Mehrere Wochen hintereinander zogen Demonstranten vor
       das Kapitol und warfen Whitmer „Tyrannei“ vor. Trump sprach den teils
       bewaffneten Demonstranten seine Unterstützung aus und zeigte Verständnis,
       dass sie ihr Leben zurückwollten. „Dies sind sehr gute Leute, aber sie sind
       wütend“, hatte Trump erklärt.
       
       Während einer Protestaktion am 1. Mai drangen bewaffnete Demonstranten in
       das Gebäude ein. Michigan gehört zu den US-Bundesstaaten, in denen es
       Privatpersonen erlaubt ist, offen Schusswaffen zu tragen. Ausgenommen sind
       bestimmte Orte wie etwa Banken, Gotteshäuser, Gerichte, Krankenhäuser oder
       Läden, die Alkohol verkaufen – nicht aber das Parlamentsgebäude. Die
       Ermittler*innen stellten zwischen den Bemühungen der Festgenommenen und den
       Vorfällen in Lansing im Frühjahr keine Verbindung her.
       
       Whitmer warf Trump vor, in der Corona-Krise Wut angefacht zu haben. „Dies
       sollte ein Moment nationaler Einheit sein. Stattdessen hat unser
       Staatsoberhaupt die vergangenen sieben Monate damit verbracht, die
       Wissenschaft zu verleugnen, seine eigenen Gesundheitsexperten zu
       ignorieren, Misstrauen zu schüren, Wut anzufachen und denjenigen Trost zu
       spenden, die Angst und Hass und Spaltung verbreiten“, sagte sie am
       Donnerstag. Aus dem veröffentlichten Dokument geht nicht hervor, dass sich
       die mutmaßlichen Extremisten von Trump inspiriert gefühlt haben könnten.
       
       Whitmer erinnerte daran, dass sich Trump vergangene Woche beim TV-Duell
       gegen seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden weigerte,
       Rechtsextreme und Hass-Gruppen eindeutig zu verurteilen. „Wenn unsere
       Anführer sprechen, haben ihre Worte Bedeutung, sie haben Gewicht“, sagte
       sie. Justizministerin Nessel äußerte sich laut New York Times ähnlich:
       Führende Politiker müssten diese „sehr gefährlichen Botschaften“ an
       Menschen, die solche Gewalttaten begehen würden, abschwächen, sagte sie
       demnach.
       
       Trump beschwerte sich daraufhin in einem Tweet, dass Whitmer Vorwürfe gegen
       ihn erhebe, statt sich dafür zu bedanken, dass Sicherheitskräfte der
       Regierung die Entführung vereitelt hätten. Trumps Berater Jason Miller
       sagte zuvor: „Wenn wir über Hass sprechen wollen, dann schauen Sie,
       Gouverneurin Whitmer, in den Spiegel.“ Sie wache jeden Tag mit „Hass in
       ihrem Herzen“ für Trump auf.
       
       9 Oct 2020
       
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