# taz.de -- Die Wahrheit: Asylbewerber in den Weltraum
       
       > Die britische Innenministerin Priti Patel hat eine Idee, wie das
       > Mutterland der Demokratie sich Flüchtlinge vom Leib halten könnte: Ferne
       > Inseln.
       
       Das britische Weltreich ist zwar geschrumpft, aber über ein paar entlegene
       Winkel verfügt man noch. Was macht man damit? Britanniens Innenministerin
       Priti Patel hatte eine Idee: Man könnte doch einfach Asylbewerber auf
       Ascension Island im Südatlantik parken. Die spröde Vulkaninsel ist mehr als
       6.400 Kilometer vom Mutterland der Demokratie entfernt – also weit genug,
       dass diese Ausländer niemanden stören könnten. Die Royal Air Force hat
       während des Falkland-Kriegs im Jahr 1982 von dort aus die argentinischen
       Stützpunkte auf den Malwinen angegriffen.
       
       St. Helena käme auch in Frage, meinte Patel. Die Engländer hatten Napoleon
       dorthin verbannt, nachdem er die Schlacht bei Waterloo verloren hatte. Er
       soll 1821 auf der Insel an Krebs gestorben sein. Manche Wissenschaftler
       behaupten, dass er auf Befehl der englischen Regierung vergiftet worden
       sei. St. Helena hätte den Vorteil, dass es noch weiter als Ascension Island
       von Großbritannien entfernt ist. Der amerikanische Insektenkundler E. O.
       Wilson hat die Insel einmal als „nur einen Schritt entfernt von einer
       Satelliten-Kolonie im Weltraum“ bezeichnet.
       
       Der britische Premierminister Boris Johnson hat schon viele Knalltüten in
       sein Kabinett berufen, damit er selbst in einem besseren Licht erscheint,
       aber mit Patel hat er den Vogel abgeschossen. Sie ist rassistischer als
       alle Rassisten in der Tory-Partei, auch wenn sie beteuert, in ihrer
       schweren Kindheit wegen ihrer indischen Abstammung selbst Zielscheibe von
       Rassisten gewesen zu sein.
       
       Voriges Jahr machte sie einen Vorschlag, wie man die lästigen Iren zum
       Einlenken bei den Brexit-Verhandlungen zwingen könnte. Da von Experten
       Lebensmittelengpässe im Falle eines harten Brexit prophezeit worden waren,
       meinte die findige Ministerin, man könnte den Iren mit einer Hungersnot
       drohen. Offenbar wusste Patel nicht, dass die englische Regierung Mitte des
       19. Jahrhunderts bereits eine Hungersnot in Irland verursacht hatte, indem
       sie riesige Mengen an Fleisch und Getreide aus der irischen Kolonie
       exportierte, die ausgereicht hätten, die Katastrophe zu vermeiden.
       
       Das Kabinett lehnte es diesmal jedoch ab, die Iren auszuhungern, und bei
       der Verbannung der Asylbewerber auf die Atlantik-Inseln spielte es auch
       nicht mit. Aber Großbritannien gehören mehr als 900 Inseln. Da wird sich
       doch eine finden lassen. Sie sollte nicht sonderlich komfortabel sein, man
       muss die Leute ja nicht verwöhnen, sonst wird man sie nicht mehr los.
       
       Der Bass Rock wäre für Patels Zwecke ideal. Er ist unbewohnt und liegt zwei
       Kilometer vor der schottischen Küste. Schon Jakob I. hatte im 15.
       Jahrhundert Menschen, die ihm nicht genehm waren, auf den Rock verbannt,
       und im 17. Jahrhundert diente er als Gefängnis. Noch besser wäre freilich
       die Isle of Dogs, die Hundeinsel. Die ist zwar nur eine Halbinsel, aber sie
       liegt im Londoner East End, fast in Sichtweite des Regierungsviertels. So
       könnte Priti Patel die ungebetenen Gäste im Auge behalten.
       
       5 Oct 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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